Kleiner Fehler - großer Schaden

Kaputt gereinigter Linoleumbelag war nicht mehr zu retten

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Linoleumbelag in einer Kantine, der durch eine falsche Reinigung und Pflege zerstört wurde.

In der rund 600 qm großen Kantine eines Industriebetriebe sind Anfang 2008 umfangreiche Innenausbaumaßnahmen an Wand- und Deckenverkleidungen durchgeführt worden. Weder die beteiligten Handwerker noch der Planer sorgten für einen Schutz des etwa fünf Jahre alten Linoleumbelages durch eine Abdeckung. Der Planer ließ den Belag stattdessen nach den Umbaumaßnahmen grundreinigen und neu beschichten.

Ein in dem Industriebetrieb beschäftigter Geäudereiniger setze einen handelsüblichen Grundreiniger sowie eine Kunststoffdispersion im zweimaligen Auftrag ein. Eine Reinigungs- und Pflegeempfehlung für den Linoleumbelag holte er nicht ein. Nach Beendigung der Reinigungsmaßnahmen wurde die Fläche aufgrund erheblicher Hell-Dunkel-Schattierungen, Glanzgrade, teilweise auch Farbtonänderungen reklamiert, so dass eine gutachterliche Überprüfung notwendig wurde.

Schadensbild: Extreme Schattierungen, wellige Oberfläche

Zum Zeitpunkt der gutachterlichen Überprüfung wurde die Kantine bereits 8 Tage genutzt. Am Abend vor der Begehung wurde der Belag einer Wischpflege unterzogen. Da drei Seiten des Raumes Fenster aufwiesen, kam es zu Lichtreflexionen durch Schlaglichteinwirkung. Über fast die gesamte Fläche waren extreme Schattierungen mit wolkenartigen Umrissen, unterschiedliche Glanzgrade und Farbveränderungen festzustellen.

Zusätzlich war die Oberfläche des Belages wellig mit deutlich erkennbaren matten und aufgerauten Hochpunkten. Die eindeutig erkennbaren Unebenheiten überschritten jedoch nicht die Grenzwerte für die Ebenheitsabweichungen nach DIN 18202 Tabelle 3, Zeile 4 für erhöhte Anforderungen. Mit bloßem Auge war erkennbar, dass in den matten Teilbereichen die Linoleumoberfläche aufgeraut und dunkler als in den anderen Flächen war. Von einer geschlossene Oberfläche und einer gleichmäßigen Beschichtung konnte keine Rede mehr sein.

Eine noch genauere Betrachtung der matten Flächen mit einer Leuchtlupe und mit einem Stereomikroskop machte Folgendes deutlich: Die Beschädigung reichte bis zum bräunlichen Korkkorn und der Belag wies keine geschlossene oberste Randzone (Walzhaut) mehr auf. Im Gegensatz dazu war eine geschlossene Oberfläche inklusive der aufgebrachten Beschichtung an den glänzenden Stellen erkennbar. Mit Hilfe eines Richtscheits war festzustellen, dass es über die gesamte Fläche betrachtet im Linoleum "Berge" (Hochpunkte) und "Täler" gab.

Bei einem zweiten Gutachtertermin konnte von den Reinigungskräften in Erfahrung gebracht werden, dass die Grundreinigung mit einem extra starken alkalischen Grundreiniger (pH-Wert 10) durchgeführt worden war. In den extrem verschmutzten Bereichen war das Grundreinigungsmittel teilweise pur auf die Linoleumoberfläche aufgetragen worden. Der Haustechniker bestätigte, dass bei der Reinigung dunkle, nahezu schwarze Pads zum Einsatz kamen.

Zwei hinzugezogene Anwendungstechniker des Reinigungsmittelieferanten führten vor Ort Reinigungsversuche mit regelrechtem abrasivem Reinigen (Abtragen der obersten Schicht) durch. Zusätzlich wurde ein so genanntes Linoleumrettungsverfahren durchgeführt und die Teilflächen zum Teil vierfach beschichtet. Trotz dieser Maßnahmen ließ sich das Erscheinungsbild der Oberfläche nicht verbessern. Die beschädigte Linoleumoberfläche konnte nicht mehr repariert werden. Eine vollständige Neuverlegung wurde erforderlich.

Ursache: Zu harte Pads und falscher Grundreiniger

Die unterschiedlichen Prüfmaßnahmen ergaben, dass die Beschädigung des Belages durch den Einsatz zu harter Pads und wegen der zu hohen Alkalität des Grundreinigers entstanden ist. Es ist Stand der Technik und auch den Reinigungsempfehlungen des Linoleumherstellers zu entnehmen, dass verwendete Grundreinigungsmittel keinen höheren pH-Wert als 9 aufweisen dürfen. Außerdem muss die in den technischen Merkblättern vorgegebene Dosierung, also die Verdünnung mit Wasser, eingehalten werden.

Aufgrund der extremen Verschmutzung des Bodenbelages nach den Sanierungsmaßnahmen ist die mechanische Bearbeitung des Linoleumbelages mit den beschriebenen schwarzen oder braunen Pads eindeutig übertrieben worden.

Qualifizierte Reinigungsfachleute hätten erkennen müssen, dass der Einsatz einer Reinigungsmaschine mit weichen Bürsten eher angebracht gewesen wäre.

Verantwortlichkeit: Reinigungsunternehmen haftet

Die irreparablen Beschädigungen der Linoleumoberfläche sind einzig und allein vom Auftragnehmer für die gewerblich durchgeführte Grundreinigung zu vertreten. Die einfachsten Regeln der "Reinigungskunst" sowie die Reinigungs- und Pflegeempfehlung für den Linoleumbelag wurden nicht berücksichtigt.

Bei einer gewerblichen Reinigungsfachkraft muss man voraussetzen, dass diese auch ohne Reinigungs- und Pflegeempfehlungen weiß, dass ein Linoleumbelag im Rahmen einer Grundreinigung nicht mit stark alkalischen und auch nicht mit sauren Grundreinigungsmitteln bearbeitet werden darf und auch grundsätzlich nur weiche Pads oder Bürsten einzusetzen sind.

In den Randbereichen des Linoleums konnte nachvollzogen werden, dass der Belag vor den Innenausbaumaßnahmen nach fünfjähriger Liegezeit noch im ordnungsgemäßen Zustand war. Die erforderliche vollflächige Neuverlegung des Belages geht voll zu Lasten des Reinigungsunternehmens.

Trotz allem hat der Sachverständige in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass dieser Schadensfalls durch planerische Defizite ausgelöst wurde. Der Planer hätte während der umfangreichen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen in dem Bauvorhaben für einen ordnungsgemäßen Schutz des Linoleums sorgen müssen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre dann das Linoleum mit einer einfachen Zwischenreinigung zu reinigen gewesen.


Der Autor

Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter
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aus FussbodenTechnik 04/08 (Handwerk)