Isfahan - Klassiker unter Persern

Der Isfahan ist der edle Klassiker unter den persischen Teppichen. Laien, die von einem Perserteppich sprechen, sehen - ohne es zu wissen - nicht selten einen Isfahan vor ihrem inneren Auge. Der Name verrät zugleich die Herkunft. Er gehört zu den sogenannten Stadtteppichen, ist also kein Nomadenteppich, sondern verdankt seine Perfektion, Farbgebung und Musterung eher der Kunst, denn familiärer Überlieferung.

Isfahan- nesf-e jahan - Isfahan ist die Hälfte der Welt, lautet ein altes persisches Sprichwort und tatsächlich gehört die Stadt Isfahan zu den Perlen der islamischen Welt. Ihre künstlerische Tradition, das historische Stadtbild und die wohl einzigartige Architektur verdankt Isfahan der Safawiden-Dynastie und insbesondere Schah Abbas. Sein markantes Portrait mit dem weit nach außen ragenden Schnauzbart ziert einige Isfahan-Teppiche, auch wenn Bilddarstellungen nicht gerade zu den typischen Merkmalen dieses hochwertigen Klassikers gehören.

Hintergrund

Isfahan zählt zu den interessantesten Städten des Iran und verfügt über eine Reihe sehr bedeutsamer Bauwerke, die als Weltkulturerbe unter dem Schutz der Unesco stehen. Mit 1,6 Millionen Einwohnern, Flughafen, einer großen Universität und dem Zentrum der iranischen Atomindustrie zeigt die Stadt heute neben geschichtsträchtigen Zentrum auch ein sehr modernes Gesicht.

Wer den Isfahan-Teppich verstehen will, kommt um einen historischen Abriss nicht herum. Nach ihrem Sieg über die Turkmenen regierten die Safawiden das Land von 1502 bis 1722. Schah Abbas kam im Jahr 1588 an die Macht. Teilweise als Abbas der Große vereehrt, war er es, der Usbeken und Osmanen bei Herat besiegte und die Hauptstadt von Kaswin im Nordosten in die Mitte des Iran nach Isfahan verlegte.

Die Safawiden gelten insgesamt als kunstsinnige Dynastie, aber Abbas kunst- und kulturhistorischen Verdienste sind selbst nach diesem hohen Maßstab außerordentlich. So holte er 30.000 Miniaturenmaler, Bildhauer, Architekten und Teppichknüpfer aus dem ganzen Land nach Isfahan. Noch heute eindrucksvolle Prachtbauten und Moscheen gehen auf seine Regentschaft zurück und beeinflussten neben der Architektur die Künste.

Für den Isfahan-Teppich hatte dies Konsequenzen: Künstler unterschiedlichster Herkunft und multikultureller Einflüsse entwickelten unter dem Eindruck der sie umgebenden Architektur neben Verzierungen und Mosaiken auch Muster für Teppiche. So tauchen Symbole und Motive aus der Architektur auch immer wieder in Teppichmustern auf. Die Herstellung, wenn auch nach wie vor überwiegend in Heimarbeit, gehorcht eher merkantilen Regeln. Deshalb auch die Klassifizierung als Stadtteppich. Vergleichbar den holländischen Meister-Schulen, entstanden dabei erste Markennamen.

Farben und Muster

Noch heute tragen viele Isfahan-Teppiche am unteren Rand einen meist dezent eingeknüpften arabischen Schriftzug. Darauf zu lesen sind der Herstellername, (z.B. Seyrafian, Haghighi, Dardatschi, Davari, Maahdi, Toghiani), die Herkunftsbezeichnung Isfahan und oftmals auch die Landeskennung, entweder als Wort "Iran", nicht selten aber auch durch die Landesfarben der Flagge (längsgestreift: grün, weiß, rot).

Das Design variiert stark. Dennoch gibt es ein paar typische, wenn auch nicht unverwechselbare Merkmale. Insgesamt ist der Isfahan ein sehr floraler Teppich. Weit verbreitet sind vierer- oder längssymmetrische Designs mit einem Medaillon in der Mitte, umgeben von Arabesken, Blüten oder Vögeln. Variationen des zentralen Medaillons wiederholen sich meist in den Ecken des Innenfeldes. Nicht ganz so häufig sind Allover-Muster. Bildliche Darstellungen höfischer Szenen oder nach lyrischen Vorlagen sind eher die Ausnahme, aber nicht unbedingt rar.

Die Grundfarbe ist gern klassisch Rot, typisch für den Isfahan sind auch ein leuchtendes Blau oder ein helles Beige. Mit meist mehr als 15 Farbtönen ist der Isfahan ausgesprochen farbenfroh.

Herstellung

Der Isfahan wird als Stadtteppich vorwiegend in Hausfleiß und nach strengen Designvorgaben geknüpft. Manufakturen als Produktionsbetriebe sind eher die Ausnahme. Bekannte Teppichhäuser adaptieren aber auch Entwürfe freier Knüpfer und lassen sie nachträglich mit ihrer Signatur versehen. Das Knüpfen ist eine heimische Nebentätigkeit der Frauen. Nicht selten dauert es ein Jahr und länger, bis selbst eine Brücke fertig ist. Professionelle Knüpfer in Ateliers schaffen je nach Komplexität der Muster pro 8-Stunden-Tag bis zu 12.000 Knoten. Dabei bedürfen die filigranen Muster und die Knüpfdichte neben Kraft und Ausdauer auch hoher Konzentration.

Isfahan werden in unterschiedlichen Größen als Sartscharak (ca. 80 x 130 cm), Saronim (ca. 110 x 160 cm), Dosar (ca. 130 x 200 cm), Pardeh (ca. 150 x 250 cm) oder Größen bis zu 15 qm produziert.

Grundgewebe

Das Grundgewebe des Isfahan besteht heute fast ausschließlich aus seidenen Kettfäden. Sie erlauben eine hohe Knüpfdichte in der Querrichtung. In Längsrichtung werden Baumwoll-Schüsse eingetragen, die sich stark verdichten lassen und so für Stabilität bei gleichzeitig hoher Knüpfdichte sorgen. Nicht zwingend, aber dennoch typisch sind geknotete Fransen.

Flormaterial

Der Flor besteht in der Regel aus sogenannter Korkwolle. Um den Namen Korkwolle ranken sich zahlreiche Mythen. Tatsache ist, dass es keinen objektiven Qualitätsmaßstab dafür gibt und jeder Erklärungsversuch nur zur weiteren Legendenbildung beitragen würde. Eine weitere Tatsache ist, dass der Anspruch an das fein gesponnene Kammgarn sehr hoch ist. In der Regel wird heute eine Mischung aus heimischer Hochlandwolle und neuseeländischer Schurwolle verwendet.

Um die Muster-Konturen noch besser herauszuarbeiten, sind die Motivränder häufig mit Seide abgesetzt. Deren Glanz verleiht dem Teppich zusätzlich auch mehr Tiefe.

Cheft

Cheft heißt das typische Maß für die Knüpfdichte eines Isfahan. Die einzelnen Chefts sind fast immer durch farbige feine Striche am Anfangskelim (Querwebkante) gekennzeichnet und bilden damit zugleich ein optisches Merkmal. Ein Abzählen nach Chefts pro Längeneinheit gibt schnell Aufschluss über die Feinheit des Teppichs. Da sie als Maß nur in Querrichtung definiert ist, eignet sie sich allerdings nur bedingt als objektives Maß für die Knüpfdichte.

Die Maßeinheit Cheft ist nur in Isfahan selbst bekannt. Schon außerhalb der Stadt verliert sie schnell an Bedeutung und es gilt die auch sonst übliche Klassifizierung nach Knoten per Quadratmeter. Die Isfahan-Teppiche mit einer Knüpfdichte von 800.000 bis über zu 1,4 Mio. pro Quadratmeter gelten als fein bis extrem fein. Bei einem Saronim entspricht dies in etwa 10 bis 15 Cheft.

Handel

Isfahan-Teppiche sind weltweit begehrt. Haupthandelsplätze sind die Stadt Isfahan selbst, Teheran sowie Hamburg. Wie auch für andere persische Teppiche sind die Preise beim Isfahan in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Hauptgrund: Die galoppierende Inflation in Iran bei nahezu gleich bleibenden Wechselkursen treibt einerseits die Herstellungskosten in die Höhe und führt andererseits zu einer erhöhten Inlandsnachfrage als stabiler Geldanlage.


Isfahan

Andere Schreibweisen: Ispahan, Isphahan, Esfahan, Esphahan, Sapahan
Aussprache: Betonung auf der ersten Silbe.
Ursprungsland, Region: Zentral-Iran, Stadt und Großraum Isfahan
Formate: alle Größen bis Übermaßen
Flor: Wolle, Wolle mit Seidenapplikationen, sehr selten reine Seide
Grundgewebe:
- Kette: fast immer Seide, selten Baumwolle
- Schuss: Baumwolle
Knüpfung: Persischer Knoten, geschichtet
Muster: überwiegend floral, häufig Gebetsteppiche, selten Allovermuster, Bildteppiche.
Knüpfdichten: ab 250.000 (bei Baumwollketten), sonst 800.000 bis über 1 Mio. Knoten / m2
aus Carpet Magazin 03/08 (Teppiche)