Sind Sie ein Orientteppich-Kenner?

Eine kleine Orient-Warenkunde

Es ist zwar schön, wenn man auf die Frage "Sind Sie ein Orientteppich-Kenner ?" mit "Ja" antworten kann. Doch alles kann niemand wissen. Vieles muss auch der versierte Fachmann nachschlagen. Mit unserer Orient-Warenkunde in diesem Heft möchten wir Ihnen Fachwissen auf eine unterhaltsame Weise vermitteln.

Weinglas-Bordüre - In kaukasischen Teppichen vorkommendes Bordürenmuster

Die Weinglas-Bordüre kommt hauptsächlich in kaukasischen Teppichen vor. Ihren Namen erhält sie von einem Musterdetail, das einem Weinglas ähnelt. Es setzt sich zusammen aus einer Art Kelch, der auf einem Stil mit Fuß sitzt. Trotz der großen Ähnlichkeit zu dem namensgebenden Weinglas, kann fest davon ausgegangen werden, dass dem Muster nicht das Weinglas der westlichen Welt zu Grunde liegt. Am wahrscheinlichsten ist, dass es sich um eine stark stilisierte Blume handelt.

Neben dem Weinglas fällt ein weiteres Detail dieses Bordürenmusters ins Auge: Ein gezacktes Symbol, dessen Form an ein Eichenblatt erinnert. Es wechselt sich mit dem Weinglas ab und ist Namensgeber für die zweite westliche Bezeichnung dieser Bordüre: Eichenlaub-Bordüre. Bekannt ist das Muster außerdem unter der Bezeichnung Schamdan- oder Maschahl-Bordüre.

Dozar - Persisches Teppichformat

Dozar ist die in Persien übliche Bezeichnung für ein Brückenformat von 130 cm x 210 cm, zum Teil sind die Teppiche auch etwas größer. Der Name leitet sich von den persischen Bezeichnungen "do", was zwei bedeutet und "Sar" ab. Sar ist das ein altpersisches Längenmaß, das noch heute bei Teppichen angewandt wird. Je nach Provinz ist ein Sar zwischen 1,04 m und 1,12 m lang. Ein Dozar-Teppich hat also eine Länge von gut 2 Metern. Das Wort Sar kommt außerdem noch in anderen Größenbezeichnungen vor. Ein Saronim, zu deutsch etwa ein Sar und ein halbes (nim = halb) hat ein Format von etwa 110 cm x 160 cm und ein Teppich im Sartschrak-Format misst etwa 80 cm x 130 cm.

Maslaghan - Zu Hamedan zählende Teppichprovenienz

Der Maslaghan gehört du den am einfachsten zu identifizierenden Teppichen des Hamedan-Gebietes. Das Muster ist gekennzeichnet von einem gezackten Innenfeld, das von einer Fläche mit Blumenbändern umgeben ist.

Das Hamedan-Gebiet ist eine sehr produktive Knüpfregion im Nordwesten des Iran. Die Teppiche werden in den Gemeinden mit gut 600 Dörfern um die Stadt Hamedan produziert. Das Gebiet liegt auf einem Hochplateau dessen Bewohner vor allem von der Landwirtschaft leben. Die Teppiche entstehen meist in der arbeitsfreien Zeit im Hausfleiß.

Bekannte Unterprovenienzen neben Maslaghan sind zum Beispiel: Mehraban, Khamseh, Tafresh, Bordjalou, Hussainabad oder Nahavan. Die Dessinierungen der Hamedan-Unterprovenienzen unterscheiden sich zum Teil sehr stark. Dafür sind sich die Teppiche in der Konstruktion sehr ähnlich. Praktisch alle Hamedan-Dorfteppiche werden einschüssig hergestellt. Das bedeutet, dass nach einer jeden Knotenreihe ein Schussfaden eingetragen wird. Typisch sind in persischen Teppichen meist zwei oder drei Schussfäden nach jeder Knotenreihe.

Mihrab - Gebetsnische in einer Moschee

Als Mihrab wird die Gebetsnische einer Moschee bezeichnet. Beim Gebet nehmen die Gläubigen Reihe für Reihe nebeneinander Aufstellung und wenden sich, so wie es der Koran fordert, bei ihrer Andacht immer gen Mekka, der heiligen Stadt der Moslems im heutigen Saudi-Arabien. Die Gebetsnische, Mirhab, weißt immer in Richtung Mekka und gibt so die Gebetsrichtung vor.

Wird das Gebet nicht in einer Moschee durchgeführt, benutzen die Gläubigen einen eigenen, kleinen Gebetsteppich als Unterlage. Ein solcher Gebetsteppich hat immer auch ein Mihrab-Muster. Es ist praktisch eine Abbildung der Gebetsnische in der Moschee. Vor dem Gebet wird der geknüpfte Mihrab nach Mekka ausgerichtet. In vielen Hotelzimmern in islamisch geprägten Ländern sind deshalb Markierungen angebracht, die die richtige Richtung angeben.

Oft werden im Gebetsteppich rechts und links neben dem Mihrab Hände abgebildet und als Auflageflächen interpretiert. Die fünf Finger sind jedoch mehr symbolisch zu verstehen und sollen an Mitglieder die Heiligen Familie Mohammed und die fünf islamischen Pflichten gemahnen: Glaubensmanifest, Gebet, Fasten, Almosen, Pilgerfahrt nach Mekka.
aus Carpet Magazin 04/08 (Teppiche)