Greenpeace-Protest in Brüssel
Größter Handlungsbedarf besteht offensichtlich in Brasilien
Am 2. Juli haben Aktivisten von Greenpeace ein gewaltiges Monument vor dem EU-Gebäude in Brüssel angeliefert, um eindrucksvoll auf das Sterben der tropischen Regenwälder hinzuweisen. Mit der Aktion wollen die Umweltschützer die Europäische Kommission bewegen, ein Gesetz gegen die Nutzung und den Handel mit Hölzern aus illegalem Einschlag zu verabschieden.
Bei dem Mahnmal handelt es sich um einen 12 m langen Baumstamm, der aus einer konfiszierten Partie aus illegalem Einschlag im Amazonasgebiet stammt. Der angesehene brasilianische Künstler Siron Franco hat in den gigantischen Stamm 9 Monitore eingebaut, auf denen Bilder und Filme von der schönen Landschaft, in der dieser Baum vorher stand, abgespielt werden. Neben dem Mahnmal übergaben Greenpeace Vertreter persönlich dem EU Kommissar Stavros Dimas eine Petition.
Zur Zeit gibt es interne Auseinandersetzungen zwischen den EU-Direktoraten Wirtschaft und Umweltschutz. Im Kern wollen wohl beide Direktorate das gleiche Ziel erreichen, nämlich eine weitere Vernichtung des Regenwaldes verhindern. Über die Wege zur Erreichung dieses Zieles ergeben sich allerdings unterschiedliche Auffassungen. Vereinfacht ausgedrückt kann es den Umweltschützern nicht schnell genug gehen, und die Wirtschaft will verhindern, dass überstürzte und möglicherweise ineffiziente Maßnahmen der europäischen Industrie schaden.
Ganz offensichtlich kommt die Forderung nach sofortiger Gesetzgebung, vorgetragen von Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und dem EU Direktorat für Umweltschutz, nicht grundlos. Die South Dakota State University in Brookings/USA hat in diesen Tagen eine Forschungsarbeit publiziert, die auf der Auswertung von Satellitenaufnahmen basiert. In den Jahren von 2000 bis 2005 wurden die Zonen der tropischen Regenwälder ständig aus dem All überwacht. In diesem Zeitraum sind weitere 2,4% des Regenwaldes vernichtet worden. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass die Abholzungsrate zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch genauso hoch gewesen sei wie in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Besonders dramatisch ist die Situation in Brasilien. Allein 48% des Waldsterbens entfällt auf dieses Land. Indonesien ist hingegen "nur" mit 12% an der vernichteten Waldfläche beteiligt.
Obwohl die brasilianische Regierung und die IBAMA, die lokale Behörde für die Überwachung der Einhaltung von Umweltschutz, große Anstrengungen unternehmen, dem Waldsterben Einhalt zu gebieten, ist die Lösung nicht einfach. Erst vor wenigen Wochen wurden im Amazonasgebiet Siedlungen von Eingeborenen überflogen. Diese Menschen waren offensichtlich noch nie zuvor mit der Zivilisation in Berührung gekommen. Die sensationellen Bilder von Ureinwohnern, die mit Pfeil und Bogen auf das Flugzeug der Störenfriede angelegt hatten, sind um die Welt gegangen. Wenn so etwas noch heute passieren kann, braucht man sich nicht zu wundern, wenn in derartig unwegsamen Gegenden ganze Wälder über Nacht verschwinden, ohne dass dies jemand bemerkt.
Die Umweltschutzorganisationen beklagen insbesondere, dass Anbieter von Tropenholz aus illegalem Einschlag preislich den Wettbewerb aus nachhaltiger und zertifizierter Forstwirtschaft systematisch und signifikant unterbieten. Es verbleibt mit Interesse abzuwarten, welche Maßnahmen die EU als Gesetzgeber im September treffen wird. Folgt man den Verboten unter Strafandrohung, wie von den USA und Großbritannien geplant, oder wird man vorerst das Problem noch weniger restriktiv bekämpfen? ParkettMagazin bleibt für Sie am Ball.
aus
Parkett Magazin 05/08
(Holz)