Kanadische Parkettindustrie mit Schwerpunkt in Québec
Eines der größten Waldgebiete der Welt
Kanada verfügt über eine Fläche von 10 Mio. km
2 (= 1 Mrd. ha). Bei nur 33 Mio. Einwohnern ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von nur 3,3 Einwohnern pro km
2. In Deutschland beträgt die Bevölkerungsdichte 230 Einwohner pro km
2 und selbst im dünn besiedelten Finnland sind es noch 15,6 Menschen. Der Vergleich zwischen Finnland und Kanada ist in vielerlei Hinsicht interessant, sind doch die klimatischen Verhältnisse und Konsumeigenschaften in vielen Bereichen vergleichbar. In Kanada betrug der jährliche Parkettverbrauch im Jahre 2006 stolze 36 Mio. qm. Die Inlandsproduktion liegt vermutlich sogar noch höher. Jeder Kanadier verbraucht somit mehr als einen Quadratmeter pro Jahr. Das sieht in Finnland ganz ähnlich aus. In Deutschland liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei einem Fünftel dieser Mengen. Keine Frage, bei diesen Ausgangsdaten lohnt ein Blick über den Atlantik.
Natürlich gibt es im äußersten Norden Kanadas große arktische Gebiete jenseits der Baumgrenze mit nahezu überhaupt keiner Besiedelung. Die Baumgrenze verläuft in etwa von der Ostküste Labradors bis zu den Ufern der Hudson Bay und weiter in nordwestlicher Richtung bis Alaska. Südlich der Baumgrenze, über den gesamten Norden Kanadas von Neufundland bis Alaska, schließt sich eines der größten Nadelwaldgebiete der Welt an. Der gesamte Südosten, d.h. von den großen Seen bis zur Atlantikküste, ist mit Mischwäldern bewachsen. Hier wachsen Birken, der berühmte kanadische Ahorn, Buchen, Kiefern und Tannen. Im äußersten Süden finden sich reine Laubwälder mit Eiche, Ahorn, Hickory und Walnuss, im bergigen Westen der Rocky Mountains unter anderem Douglasien und Zedern.
Die verfügbare Menge von Rot- und Weiß-Eiche ist in Kanada eher klein. Hier bedient sich die kanadische Industrie auf dem US-amerikanischen Markt. Wichtigste Bezugsadressen sind die südlich gelegenen Appalachen mit den Bundesstaaten Neu-England, New York und Pennsylvania. Die in der Parkettbrache begehrten Holzarten Kirsche und Walnuss wachsen eher im mittleren Westen, südlich der großen Seen, in den Bundesstaaten Ohio, Indiana und Illinois.
Nachhaltige Forstwirtschaft
Im Gebiet der Mischwälder liegt die französisch sprachige Provinz Québec. Hier befindet sich das Zentrum der kanadischen Parkettproduktion.
Allein in der Provinz Québec beträgt die jährliche Einschlagmenge um die 48 Mio. cbm. 80% der Waldflächen sind im Staatseigentum. Genehmigungen zum Einschlag von Rundholz werden nur sehr restriktiv vergeben. Regionalverwaltungen sorgen für eine umfassende Kontrolle. Die forstwirtschaftliche Politik gilt automatisch auch für Wälder im Privatbesitz.
Da Kanadas Forstwirtschaft ohnehin auf Nachhaltigkeit ausgerichtet war, haben kanadische Behörden anfangs überhaupt nicht verstanden, weshalb sie sich dem Diktat einer überregionalen Zertifizierungsorganisation, wie dem FSC, unterwerfen sollten.
Bei Nadelholz entspricht der jährliche Einschlag nahezu dem Wachstum. Wichtigster Konsument ist die Papierindustrie. Im Laubholz sieht dies ganz anders aus. Jährlich werden weniger als 40% der natürlichen Wachstumsmenge geerntet. Kanadas Laub- und Mischwälder wachsen also Jahr für Jahr ganz erheblich.
Da private Waldbesitzer und sonstige forstwirtschaftliche Unternehmen Nutzungsrechte für den Staatswald zugeteilt bekommen und die Bereitschaft in der Privatwirtschaft, bedingt durch den Druck des Marktes, wächst, die Wälder zu zertifizieren, ist auch in Kanada eine zunehmende Waldzertifizierung zu erwarten. Bisher sind ca. beachtliche 130 Mio. ha der kanadischen Wälder vom CSA (Canadian Standards Associations Sustainable Forestry Management) bzw. vom SFI (Sustainable Forestry Initiative) zertifiziert. FSC kommt nur auf 26 Mio. ha. Da weltweit nur gut 100 Mio. ha Wald vom FSC zertifiziert worden sind, kann man an diesen Zahlen einerseits die Bedeutung der kanadischen Wälder insgesamt und andererseits den geringen Durchdringungsgrad des FSC deutlich ablesen.
Kanadas Holz ist außergewöhnlich
Trotz globaler Erderwärmung gibt es in Kanada nach wie vor einen langen und kalten Winter. Québec berichtet zum Beispiel von einem Rekordschneefall mit einer Gesamthöhe von 5-6 m im vergangenen Winter. Wintertemperaturen von minus 10-20 Grad sind normal. Die berühmte rötliche Färbung des Herbstlaubes liegt an den frühen Nachtfrösten schon im September und Oktober.
Bedingt durch die relativ kurze Wachstumsperiode wächst das Holz langsam. Dies wirkt sich positiv auf die Härte aus. Bekannt ist dies auch aus Europa. Sibirische Birke oder Lärche weisen eine höhere Härte als ihre deutschen Verwandten auf.
In Kanada liebt man den Ahornsirup, der in großen Mengen als Zuckerersatz eingesetzt wird. Ein Schinken-Pfannkuchen mit Ahornsirup klingt aus europäischem Blickwinkel gewöhnungsbedürftig. Die botanische Bezeichnung des kanadischen Ahorn heißt Acer saccharum, zu Deutsch Zuckerahorn. Der Ahornsirup wird den Stämmen im Wald abgezapft. Dies verursacht braune Farbveränderungen im Holz an der Zapfstelle.
Fakten und Zahlen
Im Jahre 2005 hat Kanada in der Spitze ca. 1,8 Mio. cbm Hartholz produziert. Seitdem ist die Produktionsmenge bedingt durch die aktuelle Schwäche des nordamerikanischen Marktes auf 1,4 Mio. cbm zurückgegangen. Die gleiche Entwicklung lässt sich auch an den Exportmengen ablesen. Die Parkettbranche ist von dieser Entwicklung nicht verschont geblieben. Der Inlandsverbrauch betrug im Jahr 2006 um die 36 Mio. qm. Nach einem heftigen Rückgang in 2007 wird für das laufende Jahr wieder mit einem leicht ansteigenden Verbrauch gerechnet. Die Perspektiven ab 2010 sind hingegen sehr positiv.
Es gibt in Kanada ungefähr 80 Parketthersteller, wobei eine Konzentration auf weniger und größere Marktteilnehmer nicht zu übersehen ist. In Nordamerika wird zwischen Herstellern und Importeuren nicht unterschieden. Der Importeur gilt somit als Hersteller. Marktführer mit einem geschätzten Marktanteil von 14% ist die Firma Goodfellow, die allerdings große Mengen importiert. Größter Hersteller dürfte mit ungefähr 3 Mio. qm die Firma Boa-Franc sein, gefolgt von Lauzon mit ungefähr 2,7 Mio. qm.
Bei den Importen von Parkett dominiert als Lieferant China. In der Spitze lieferten die Chinesen in 2005 ungefähr 3,5 Mio. qm nur in die Provinz Québec. Inzwischen ist die Menge auf 2,7 Mio. qm gesunken. Der zweitwichtigste Lieferant ist Brasilien. Bedingt durch die Abwertung der kanadischen Währung, Tropenholzdiskussion und Kostensteigerungen in Brasilien und China ist von einem weiteren Rückgang der Importmengen auszugehen.
Mit riesigem Abstand sind die USA der wichtigste Handelspartner im Parkettexport. Alle sonstigen Länder sind bisher bedeutungslos. Diesbezüglich sollten die aktuellen Rahmenbedingungen zu einer Veränderung führen. Die momentane Konsumschwäche auf dem nordamerikanischen Markt hat zu erheblichen Überkapazitäten der kanadischen Industrie geführt. Durch die Abwertung des kanadischen Dollars, der inzwischen mehr oder weniger pari zum US Dollar steht, sind die Exportchancen nach Übersee deutlich verbessert.
Außenhandelsförderung in Québec
Es ist wohl eine Besonderheit des kanadischen Wirtschaftssystems, dass im föderalen System die Außenhandelsförderung auf Provinzebene und nicht auf Bundesebene stattfindet. Besonders aktiv ist diesbezüglich das Québec Wood Export Bureau in Québec-City, in Kurzform Q-Web genannt. Mit Außenstellen in England, Deutschland, China und Japan versucht die Provinz-Regierung der heimischen Industrie bei ihren Exportbemühungen zu helfen.
Es werden u.a. Statistiken geführt, technische Daten aufbereitet, Sortierungsmaßstäbe für die einzelnen Holzarten dokumentiert und Kontakte zu Kaufinteressenten aus dem Ausland vermittelt.
Q-Web organisiert regelmäßig und weltweit Gemeinschaftsstände auf den großen Messen, um seinen Mitgliedern die Teilnahme Auslandsmessen als Aussteller zu erleichtern.
Kanadisches Produktionsprogramm
Nach wie vor liegt der Schwerpunkt der kanadischen Industrie in der Herstellung von massiven Dielen in 19 mm Dicke, in Breiten zwischen 57 mm minimal und 127 mm maximal und in fallenden Längen. Die Dielen sind grundsätzlich mit Nut und Feder sowie gefasten Kanten ausgestattet.
Mehrschichtparkett besteht in Kanada in der Regel aus einer Laubholzlaufschicht von 3,2 bis 4 mm Dicke auf einem Sperrholzträger. Hier liegen die verfügbaren Breiten deutlich höher, erreichen aber nicht die in Europa üblichen ca. 190 mm. Die Ursache liegt insbesondere an dem relativ geringen Stammdurchmesser von kanadischem Laubholz.
Das in Europa stark verbreitete Mehrschichtparkett als Dreischichtaufbau, mit einem Kern aus querverleimten Nadelholzstäben, gibt es bisher in der kanadischen Produktion nicht. Die Ursachen dafür sind unverständlich. Geeignetes Rohmaterial in großer Menge und notwendiges technisches Wissen stehen zur Verfügung. Einige wenige Hersteller bieten allerdings den Dreischichtaufbau mit HDF-Kern an.
Die in Europa noch populären Schiffsböden als Mehrschichtparkett sind in Kanada nicht im Angebot.
aus
Parkett Magazin 01/09
(Bodenbeläge)