Zur aktuellen Situation
Impulse setzen
Zu Beginn des Jahres stellt sich von Neuem die Frage, ob der oft prognostizierte und erhoffte Aufschwung diesmal Realität werden könnte? Die Aussichten sind leider alles andere als rosig, wenn man sich die aktuellen und nicht gerade optimistischen Gegebenheiten vor Augen führt. Börsencrash und Bankenkrise haben ihre negativen Auswirkungen nicht verfehlt, die Konsumenten sind komplett verunsichert, legen ihr hart verdientes Geld vorsichtshalber auf die hohe Kante und verschieben nicht unbedingt dringliche Anschaffungen auf (hoffentlich bald) "bessere Zeiten". Die Suche nach Lösungen gestaltet sich jedoch ausgesprochen diffizil.
Was den Konsum in Deutschland angeht, kann kaum jemand zufrieden sein, da sich die Tendenz weiter negativ zeigt und die haustextilen Produkte in der Kundengunst nicht an vorderster Stelle stehen. An dieser Situation wird sich auch in diesem Jahr nicht viel ändern. Für Industrie und Handel dürfte das Motto in 2009 daher einmal mehr Konzentration und Kontinuität heißen - denn Däumchen drehen und auf den ersehnten Aufschwung warten kann verhängnisvolle Folgen nach sich ziehen. Durch sich weiter verändernde Vertriebskanäle ergeben sich zudem eine Reduzierung der Qualität sowie eine Minderung des Produktnutzens zugunsten der Preise. Dies könnte sich vor allem für die deutschen Markenhersteller enttäuschend auswirken. Die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt - und dies soll ein vereintes Europa ja auch mit sich bringen -, dass deutsche Produkte im Ausland gute Chancen haben. Exporte werden auch künftig ein wichtiger Bestandteil des Handels sein.
Kostendruck durch steigende Importe aus Niedrigpreisländern, deutliche Zunahme von neuen Wettbewerbern sowohl auf Hersteller- wie auf Handelsseite sowie eine weitere Polarisierung zwischen Luxus und Billig sind Kennzeichen dieser engen Märkte. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer war eine fragwürdige Entscheidung, die keinem der Beteiligten (Handel, Industrie, Endverbraucher) wirklich etwas gebracht hat. Natürlich würde eine Stärkung der privaten Kaufkraft in Form von Abgaben-Reduzierungen das Konsumklima verbessern, aber jede Erwartung seitens der Politik wäre hier fehl am Platze. Ein weiterer Impuls für den Konsum könnte zudem eine Absenkung der Steuerlast sein, das heißt die Verringerung der Differenz zwischen Brutto- und Netto-Einkommen der Bürger. Solange dem Endverbraucher nicht mehr Geld zur Verfügung steht, kann von Aufschwung keine Rede sein.
Durch Rückbesinnung auf Qualität und Kreativität dürfte die deutsche Textilindustrie nur profitieren. Weg vom Preisdenken und hin zu Produktphilosophien sollte daher die Devise lauten. Wünschenswert beim Handel wären zudem weniger Wühltische, dafür aber bessere Lifestyle-Präsentationen, die zum Kauf anregen. Nicht Massenproduktion, sondern die Herstellung von Qualitätsware könnten positive Akzente für einen neuen Aufwärtstrend setzen. Nur im Kultivieren und Ausbauen von Vorteilen wie flexible, zeitnahe Fertigung, Individualisierung und gute Zusammenarbeit mit Kunden und Zulieferern lassen sich Nachteile einer teueren Produktion in Deutschland wettmachen. Werden Voraussetzungen geschaffen, die dem Verbraucher unmissverständlich klarmachen, was er einkauft, dann würden Produkte "Made in Germany" sicher wieder mehr Bedeutung und Beachtung finden. Viele Konsumenten wissen doch bei diversen Importen gar nicht, was sie tatsächlich erhalten!
Auf die Politik allein sollte man sich nicht verlassen - da könnte man verlassen sein. Jeder Einzelne kann seine Chance ergreifen und das Heft selbst in die Hand nehmen. Bis jetzt musste man entweder besser oder billiger sein als andere; wer morgen erfolgreich sein will, muss beides können! Selbst wenn sich der Kunde immer kritischer und sparsamer gibt - er ist und bleibt der Mittelpunkt. Seine Gunst entscheidet über Bestehen oder Gehen. Wenn Industrie und Handel die Zeichen der Zeit erkennen und sich nicht lähmen lassen von der allgemeinen Befangenheit, werden sie den Mut finden, neue Wege zu beschreiten und auch in den nächsten Jahren eine sicherlich gute Entwicklung erfahren.
Dietram Neuper, Chefredakteur
aus
Haustex 01/09
(Handel)