Kleiner Fehler - großer Schaden

Zementäre Ausgleichsmasse zerreißt Gussasphaltestrich

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine zementäre Ausgleichsmasse, die einen Gussasphaltestrich zerrissen hat.

In verschiedenen Räumen und im Eingangsbereich einer Behörde lag 22 mm-Massivparkett auf einem schwimmenden Gussasphaltestrich. Im Eingangsbereich war den Holzboden nur durch eine Sauberlaufzone geschützt. Man entschloss sich, dass Parkett im Eingangsbereich durch Feinsteinzeugfliesen (Dicke 10 mm) zu ersetzen. Nach der Entfernung des Parketts im Eingangsbereich musste die Konstruktionshöhe angeglichen werden. Da kein Architekt beauftragt war, übernahm der Verleger die Planung des Aufbaus: Er empfahl, mit einem zementären Ausgleichmörtelsystem einen Höhenausgleich zu schaffen und eine Entkopplungsmatte aufzubringen.

Unmittelbar auf dem Gussasphaltestrich wurde etwa 6 mm dick eine Mittelbettmörtelschicht als Ausgleichsschicht eingebracht. Nach dem Erhärten wurde eine zweite Schicht Mörtel dünn mit einer Spachtelzahnung aufgetragen, in die die Entkopplungsmatte mit einem unterseitigen Vlies eingelegt wurde. Etwa 24 Stunden später erfolgte mit dem gleichen Mittelbettmörtel die Verlegung der Feinsteinzeugfliesen auf der Oberfläche der Entkopplungsmatte.

Nach dem Verfugen der Feinsteinzeugfliesen und anschließender Nutzungsaufnahme stellten die Nutzer etwa ein Jahr später teilweise deutliche Fugenausbrüche und im Bereich der Fugen auch Risse sowie vereinzelt bereits hohl klingende Fliesen fest. Da sich die beteiligten Parteien nicht über die Schadensursache einigen konnten, wurde ein selbstständiges Beweisverfahren eingeleitet, das eine gutachterliche Überprüfung erforderte.

Schaden: Deutliche Fugenausbrüche und Abrissfugen

Die Überprüfung der Fliesenfläche zeigte in Teilflächen deutliche Fugenausbrüche und Abrissfugen des Verfugungsmaterials zu den Fliesenkanten hin. Bei Fugenausbrüchen in Kreuzungsbereichen lagen einzelne Fliesen sogar hohl. Die Überprüfung mit einem Richtscheit ergab, dass die Fliesenfläche insgesamt eben lag. Das Ausgleichen der Höhendifferenz zu den angrenzenden Räumen war gelungen.

Um die Schadensursache herauszufinden, durfte der Sachverständige zwei Fliesen herausnehmen. Der Mittelbettmörtel lag an der Entkopplungsmatte vollflächig vor - jeweils 4 mm oberhalb der Noppen der Entkopplungsmatte und 6 mm zwischen den Noppen. Das Herauslösen der Entkopplungsmatte ergab: Dort, wo Hohlstellen vorlagen, war keine Haftung zwischen der Unterseite der Entkopplungsmatte (Vlies) und dem Ausgleichsmörtel vorhanden. Wo keine Hohlstellen vorlagen, war eine Spaltung des rückseitigen Vlieses der Entkopplungsmatte über einen Gewaltbruch entstanden. Das heißt: Die Entkopplungsmatte war an den Hohlstellen ungenügend arretiert zur Ausgleichsschicht. In anderen Bereichen hingegen war sie ausreichend fest zur Ausgleichsmasse hin befestigt.

In beiden Prüfbereichen wies die Ausgleichsschicht unter der Entkopplungsmatte deutliche Risse mit Breiten bis zu 0,5 mm auf. Das Freistemmen des Mittelbettmörtels ergab, dass diese Risse über den gesamten Querschnitt der zementären Ausgleichsschicht reichten. Sie waren deckungsgleich zu Rissen in dem Gussasphaltestrich darunter. Allerdings waren die Risse dort teilweise nur mit der Lupe erkennbar. Mehrfach durchgeführte Schichtdickenbestimmungen der vom Gussasphaltestrich abgelösten Teilstücke der Ausgleichsschicht ergaben Schichtdicken zwischen 4,5 und 7 mm.

Auch der Gussaphaltestrich wurde genau untersucht. Das quadratische Einschneiden des Gussasphaltes ergab: Die Risse waren nur oberflächennah, d.h. maximal bis 15 mm tief in dem 30 mm dicken Gussasphaltestrich. Eine weitere Überprüfung der Randfugen zeigte, dass diese ordnungsgemäß sowohl innerhalb der Fliesenebene als auch im Estrich hergestellt waren.

Da der Verleger vehement behauptete, der Schaden wäre in einer ungenügenden Festigkeit des Gussasphaltestrichs begründet, führte der Sachverständige auch eine Bestätigungsprüfung des Gussasphaltestrichs nach DIN18560 "Estriche im Bauwesen" durch. Das Ergebnis widerlegte die Behauptung: Der Estrich wies die Härteklasse "IC 10" und war damit als Gussasphaltestrichkonstruktion für die schwimmende Verlegung den Normen entsprechend korrekt hergestellt worden.

Ursache: Schwindspannungen unter der Entkopplungslage

Die durchgeführten Prüfmaßnahmen ergaben, dass die entstandenen Schäden wie unter anderem die Risse im Gussasphaltestrich in erster Linie auf Schwindspannungen des Ausgleichsmörtels unter der Entkopplungsmatte zurückzuführen sind. In Verbindung mit diesen Schwindspannungen entstanden Ablösungen und Formveränderungen der Entkopplungsmatte, so dass deren Arretierung zur Ausgleichsschicht aufgehoben war. Infolge der Frequentierung der Fliesenebene kam es dann zu den Hohllagen einzelner Fliesen und insbesondere auch zu Ausbrüchen und Rissen in den Fugen.

Bei der Überprüfung der technischen Datenblätter des als Ausgleichsschicht eingebauten zementären Mittelbettmörtels stellte sich heraus, dass dieses Produkt nur für Wände und mineralische Estriche freigegeben ist. Das technische Datenblatt enthielt keine Freigabe für die Verarbeitung auf einem Gussasphaltestrich.

Stattdessen bietet der Verlegewerkstoffhersteller auch ein spezielles gussasphaltgeeignetes Mörtelsystem an, welches bis zu einer Schichtdicke von 5 mm auf Gussasphaltestrichen verarbeitet werden kann. Bei größeren Schichtdicken sollte man Auskünfte beim Hersteller einholen.

Neben diesen Hinweisen aus den technischen Datenblättern gibt es einschlägige Merkblätter, in denen bei der Verlegung von Fliesen und Platten auf Gussasphaltestrichen ausschließlich nur Dünnbettmörtelsysteme empfohlen werden, die explizit gussasphaltestrichgeeignet bzw. speziell schwindarm eingestellt sind. Gleiches gilt auch für Ausgleichsmaßnahmen mit zementären Spachtel- oder Ausgleichsmassen auf Gussasphaltestrichen vor der Verlegung von Bodenbelägen gleich welcher Art.

Verantwortlichkeit: Verleger haftet für Schaden

Da bei der Neuverlegung der Feinsteinzeugfliesen kein Planer oder Architekt eingeschaltet war, sondern der Verleger diese Konstruktion angeboten und auch ausgeführt hat, ist er für die entstandenen Schäden alleinverantwortlich. Der Verlegefehler erforderte die vollständige Erneuerung des Fußbodens.

Bei der nicht als "alltäglich" zu bezeichnenden Verlegung von Feinsteinzeugfliesen auf Gussasphaltestrichen, insbesondere mit einem relativ dicken Ausgleich, hätte der Verleger bei dem Verlegewerkstoffhersteller zunächst entsprechende Auskünfte einholen müssen. Erst dann hätte er mit einem freigegebenen, schwindfreien Material die Egalisierung durchführen dürfen.


Der Autor: Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter
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aus FussbodenTechnik 06/08 (Handwerk)