Präqualifikation im Baugewerbe

Vereinfachte Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen

Handwerksbetriebe müssen in Deutschland bei der Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren ihre Eignung gemäß § 8 VOB/A - insbesondere bezüglich Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit - nachweisen. Dies erfolgt bislang in der Regel durch die Vorlage entsprechender Unterlagen für jede einzelne Ausschreibung. Die öffentliche Vergabestelle prüft die eingereichten Dokumente für jeden Bieter und jede Baumaßnahme. Dieses Verfahren ist sowohl für den Auftraggeber als auch für den potentiellen Auftragnehmer zeit- und kostenaufwendig.

Seit dem 1. November 2006 bietet die VOB/A 2006 eine Alternative: die Präqualifikation (PQ). Auftragsunabhängig können Betriebe die notwendigen Nachweise erbringen und sich in die Liste (PQ-Liste) des eigens für diesen Zweck gegründeten Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. eintragen lassen. Der Eintrag wird von öffentlichen Auftraggebern als verbindlicher Eignungsnachweis anerkannt. Vorteil für den Handwerker: Er muss nur einmal pro Jahr die erforderlichen Unterlagen zusammenstellen und kann sicher sein, dass sein Angebot nicht schon aufgrund unvollständiger oder fehlerhafter Nachweise ausgeschlossen wird. Bei öffentlichen Vergabeverfahren reicht anschließend die Einreichung des Präqualifizierungsnachweises. Vorteil für den Auftraggeber: Er kann über das Internet jederzeit auf die standardisierten, aktuellen und zertifizierten Informationen zugreifen.

Die Präqualifikation erfolgt nach einem einheitlichen Verfahren durch eine der sechs autorisierten PQ-Stellen, die die Kosten des Verfahrens selbst bestimmen können. Dabei qualifiziert sich ein Unternehmen quasi gewerkebezogen für mindestens einen Leistungsbereich. Unterschieden werden insgesamt 109 Einzel- und Komplettleistungen in den Bereichen Hochbau, allgemeiner Tiefbau, Ingenieurbau und Tunnelbau, Verkeherswegebau sowie Sonstiger Bau. Die Nachweisunterlagen enthalten unternehmensbezogene und leistungsspezifische Angaben. Umfang, Gestaltung und Aktualität werden von den Leitlinien des Vereins für Präqualifikation vorgeschrieben und von den PQ-Stellen überprüft und bestätigt. Anschließend werden der Firmenname und die Anschrift des Handwerksbetriebes in der PQ-Liste veröffentlicht. Die konkreten Nachweise, die von den Unternehmen eingereicht wurden, sind in einem Passwort geschützten Bereich hinterlegt und stehen nur öffentlichen Auftraggebern zur Verfügung.

Aktuell ist die Liste der präqualifzierten Unternehmen noch überschaubar: im Bereich Bodenbelagsarbeiten sind es 25, bei Parkettarbeiten 8 und bei Estricharbeiten 23 - insgesamt knapp 900. Allerdings gilt seit Oktober 2008 für den Bundeshochbau, dass nur noch präqualifizierte Unternehmen bei beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben berücksichtigt werden. Damit dürfte ein erster Schritt in die Richtung getan sein, zukünftig generell ausschließlich Firmen von der PQ-Liste bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand zuzulassen. Zumal sich das Bundesbauministerium von dieser Maßnahme nicht nur eine Steigerung der Qualität verspricht, sondern sie auch als Mittel zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung nutzen will.


Präqualifizierung in 6 Schritten - wie wird mein Betrieb präqualifiziert?

Schritt 1: Die Antragsformulare und Vertragsunterlagen können bei den 6 Präqualifizierungsstellen heruntergeladen werden.
Schritt 2: Der unterschriebene Vertrag (2-fach) und das Antragsformular (1-fach) wird an die PQ-Stelle verschickt. (Der Antragsteller erhält ein unterzeichnetes Exemplar zurück.)
Schritt 3: Die vollständig ausgefüllten Nachweisunterlagen, die zugehörigen Belege und Referenzen sendet der Verleger in einfacher Ausfertigung entweder per Brief, Fax oder E-Mail an die PQ-Stelle.
Schritt 4: Die PQ-Stelle prüft die Antragsunterlagen. Fehlende oder ungültige Unterlagen werden nachgefordert, bevor über den Antrag entschieden wird.
Schritt 5: Im Fall der erfolgreichen Präqualifikation veranlasst die PQ-Stelle die Eintragung in die vom Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmen e. V. geführte Liste der präqualifizierten Unternehmen.
Schritt 6: Nachdem die Eintragung erfolgt ist, erhält man eine Bescheinigung über die Präqualifikation beim Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmen e. V. sowie die zugehörige Registrierungsnummer.


Nationale Präqualifizierungsstellen - diese 6 Zertifizierer gibt es

Die nationalen Präqualifizierungsstellen, die mit der Durchführung der Präqualifizierungsverfahren beauftragt wurden, sind:

Bureau Veritas Certification Germany GmbH
Geschäftsführer Wolfgang Gäbler
Veritaskai 1
21079 Hamburg
Tel.: 040/236 25-701
Fax: 040/236 25-700
E-Mail: cert-germany@de.bureauveritas.com
Internet: www.pqstelle.de

DQB - Deutsche Gesellschaft für Qualifizierung und Bewertung mbH
Geschäftsführer Bernd Kaiser
Kurfürstenstraße 129
10785 Berlin
Tel.: 030/30104565
Fax.: 030/21016103
E-Mail: berlin@dqb.info
Internet: www.dqb.info

DVGW-Cert GmbH
Geschäftsführer Theo B. Jannemann
Josef-Wirmer-Straße 1-3
53123 Bonn
Tel.: 0228/91 88-888
Fax: 0228/91 88-993
E-Mail: info@dvgw-cert.com
Internet: www.dvgw-cert.com

QCM-Consult GmbH
Geschäftsführer Hermann Gitzelmann
Binger Str. 14-16
55122 Mainz
Tel.: 06131/58 4958-0
Fax: 06131/58 4958-9
E-Mail: pq-info@qcm-consult.de
Internet: www.qcm-consult.de

VMC Präqualifikation GmbH
Geschäftsführer Werner Palnsteiner
Krottenbachstrasse 82-86 /1/4
1190 Wien
Friedrichstraße 200/7.Stock
10117 Berlin Mitte
Tel.: 030/2233 5529
Fax: 030/223 5555
E-Mail:office@praequalifikationbau.de
Internet: www.praequalifikationbau.de

Zertifizierung Bau e.V.
Vorstandsmitglieder: Bernd Westernmann, Dipl.-Ing. Robert Fahrner
Kronenstraße 55 - 58
10117 Berlin
Tel.: 030/203 14 -120
Fax: 030/203 14 -160
E-Mail: info@zert-bau.de
Internet: www.zert-bau.de

----

BSW ist präqualifiziert:

Zertifizierung bringt Vorteile bei öffentlichen Ausschreibungen

BSW hat sich als Bodenbelagshersteller einen Namen gemacht. Dass die Berleburger auch eigene Verleger haben, ist weniger bekannt. Da gerade BSW häufig öffentliche Aufträge übernimmt, hat man sich für die Präqualifizierung entschieden. FussbodenTechnik befragte dazu Albrecht Rieger, Marketingleiter bei BSW.

FussbodenTechnik: Seit wann ist BSW präqualifiziert?

Albrecht Rieger: Die BSW GmbH ist am 31.08.2006 in die Liste präqualifizierter Bauunternehmen beim Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmen e. V. mit der Registernummer 110.000005 unter www.pq-verein.de eingetragen worden. Die Präqualifikation gilt für die Leistungsbereiche Bodenbelagsarbeiten und Landschaftsbauarbeiten. BSW ist sowohl Industrie- als auch Bauunternehmen. Viele unserer Bodensysteme - Leichtathletik- und Spielfeldböden, Fallschutzböden, Hallensportböden, Sicherheitsböden für Schießanlagen und sonstige Spezialsysteme - werden von uns hergestellt und selbst installiert.

FT: Wie beziffern Sie die Einsparungen durch die Präqualifikation?

Rieger: Anstelle der notwendigen Eignungsnachweise gemäß §8Nr.3 Abs.1 VOB/A muss das Unternehmen z. T. nur noch die Bestätigung über die Eintragung als präqualifiziertes Unternehmen bei dem potentiellen Auftraggeber vorgelegen. Gesonderte Einzelnachweise zur Qualifizierung für die Annahme öffentlicher Aufträge müssen demnach nicht mehr erbracht werden. Die Ersparnisse liegen hier vor allem in der dafür sonst notwendigen Arbeitszeit. Die Angebotserstellung wird beschleunigt und dadurch unsere Wettbewerbsfähigkeit gesteigert.

FT: Haben Sie das Gefühl, dass Sie durch die Präqualifikation verstärkt bei öffentlichen Ausschreibungen berücksichtigt werden?

Rieger: BSW erfüllt zahlreiche öffentliche Aufträge. BSW bietet öffentlichen Auftraggebern durch die Präqualifizierung eine Orientierungshilfe bei der Wahl der möglichen Lieferanten. Wir signalisieren damit, dass wir alle notwendigen Voraussetzungen zur Erfüllung öffentlicher Aufträge besitzen und dass unsere Produkte und Dienstleistungen auf öffentliche Auftraggeber spezialisiert sind. Unsere Umsatzzuwächse bei Produkten, die hauptsächlich von öffentlichen Auftraggebern gekauft werden, lassen darauf schließen, dass die Präqualifikation zu diesem Erfolg beiträgt.

FT: Wie sind Sie auf das Thema Präqualifikation aufmerksam geworden?

Rieger: Da viele Produkte und Dienstleistungen von BSW auf öffentliche Auftraggeber spezialisiert sind, waren wir von Anfang an dabei. Ab Januar 2006 hat der Verein für die Präqualifizierung von Bauunternehmen sein Dienstleistungspaket angeboten. Ein halbes Jahr später haben wir das Zertifikat zur Präqualifizierung erhalten.

----

Blickrichtung der Zertifizierer:

"Wir stellen derzeit eine starke Nachfrage fest" - viele Unternehmen befinden sich in der Präqualifikationsphase

QCM-Consult ist eine von sechs möglichen Präqualifizierungsstellen, bei dem sich Handwerksbetriebe zertifizieren lassen können. FussbodenTechnik wollte von Dr.-Ing. Wolfgang Berwanger, Leiter PQ-Stelle von QCM-Consult, wissen, welche Erfahrungen die Zertifizierungsstelle bislang gemacht hat.

FussbodenTechnik: Welche Einsparungen kann ein Handwerksunternehmen erzielen, wenn es sich für die Präqualifikation entschließt?

Dr.-Ing. Wolfgang Berwanger, Leiter PQ-Stelle von QCM-Consult: Jede Zusammenstellung der nach VOB/A geforderten Nachweisunterlagen belastet die Unternehmen nach einer Studie von Bearing-Point mit 150 bis 250 EUR.

FT: Wie viele Handwerksbetriebe hat Ihr Unternehmen bereits präqualifiziert? Und: Mit welchen Zuwachsraten rechnen Sie?

Dr. Berwanger: Derzeit sind ca. 900 Betriebe in der PQ-Datenbank gelistet (gesamt alle 6 PQ-Stellen). Nachdem das Verfahren ab 2006 erst sehr mühsam angelaufen ist, ist seit Anfang des Jahres wegen der verpflichtenden Einführung auf Bundes-, z.T. auch Landesebene sowie bei großen Kommunen (Hamburg ab 01.07.2009) ein starker Zuwachs festzustellen, der sich in der aktuellen Zahl der präqualifizierten Unternehmen derzeit noch nicht widerspiegelt, da sich eine Vielzahl von Unternehmen derzeit in der PQ-Phase befinden und ihre Unterlagen zusammenstellen. Das braucht erfahrungsgemäß etwas Zeit, da nicht in alle Unterlagen in den Betrieben vorliegen (1-3 Monate).

FT: Lohnt sich die Präqualifizierung nur für große Handwerksbetriebe oder auch für kleine? Und: Wonach richten sich die Kosten?

Dr. Berwanger: Wir haben eine Vielzahl kleinerer Handwerksbetriebe präqualifiziert. Inwieweit sich die Teilnahme am Verfahren "lohnt", muss jeder Betrieb für sich entscheiden. Rein finanziell gesehen schon ab ca. 2 Teilnahmen am öffentlichen Wettbewerbung je Jahr. Es kann sich aber auch dann lohnen, wenn ein Betrieb z.B. trotz eines guten Angebotspreises aus formalen Gründen aus dem Verfahren ausgeschlossen werden muss, weil seine eingereichten Unterlagen nicht korrekt ausgefertigt waren; das ist im Falle einer Präqualifikation ausgeschlossen.

Die Kosten richten sich prinzipiell nach unseren Prüfaufwand - je mehr Leistungsbereiche/Referenzen in die PQ einfließen, umso höher die Kosten (Auf unserer Homepage finden Sie einen Preisrechner). In der Preisgestaltung sind alle PQ-Stellen frei. Speziell für unsere Kooperationspartnerschaften bieten wir vereinfachte Preismodelle an, die eine erhebliche Kostenersparnis ermöglichen

FT: Haben Sie schon Handwerksbetriebe gehabt, die die Voraussetzungen nicht erfüllt haben? Woran sind diese Betriebe gescheitert?

Dr. Berwanger: Wir haben noch keinen Antrag ablehnen müssen, allerdings haben 2 Betriebe von sich aus das Verfahren nicht fortgesetzt, weil es ihnen zu mühevoll erschien. Bei mehreren Betrieben konnten wir nicht die volle Anzahl der gewünschten Leistungsbereiche präqualifizieren oder mussten wieder reduzieren, weil die Referenzen nicht ausreichend waren. Mehrfach sind auch Unternehmen temporär aus der PQ-Liste rausgenommen worden, weil Unterlagen abgelaufen waren. Wir bemühen uns natürlich schon im Vorfeld einer PQ wie auch im Laufe der Aufrechterhaltung um entsprechende Beratung - dies ist eine unserer Dienstleistungen als PQ-Stelle.

FT: Unsere Branche ist die Bodenleger-, Parkettleger- und Estrichlegerbranche - Warum kommen bislang nicht sehr viele präqualifizierte Unternehmen aus diesem Bereich?

Dr. Berwanger: Keine Ahnung. Ich selbst hatte vor wenigen Wochen einen Vortrag auf dem FHR-Parkettsymposium in Bad Dürkheim zu dem Thema. Offenbar ist das PQ-Verfahren noch nicht so bekannt. Dadurch, dass das PQ-Verfahren nun auch zunehmend verpflichtend eingeführt wird und auch in den Vergabeunterlagen die Registriernummer abgefragt wird, wird der Bekanntheitsgrad aber steigen.

FT: Erhält man als Handwerksbetrieb unter bestimmten Voraussetzungen Sonderkonditionen?

Dr. Berwanger: Als QCM-Consult sind wir Kooperationspartnerschaften mit diversen Handwerksorganisationen eingegangen (Elektro ZVEH, Hauptverband Farbe etc.). Ihre Branche betreffend haben wir eine Zusammenarbeit mit der FHR-Kooperation vereinbart. In allen Fällen erhalten Mitglieder der Organisationen auf Nachweis attraktive Sonderkonditionen.
aus FussbodenTechnik 01/09 (Handwerk)