Kleiner Fehler - großer Schaden

Reinigung von PVC-Belägen: Wasser allein genügt nicht

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um die fehlerhafte Reinigung und Pflege eines PVC-Belages.

In einem etwa 100 qm großen Büro eines Security-Dienstes verlegte ein Bodenleger Anfang 2008 2-mm dicke PVC-Bodenbelagbahnen. Auf einem neuen gespachtelten Zementestrich kam dafür ein Kunstharzdispersionskleber zum Einsatz. Im Nahtkantenbereich wurde der PVC-Belag thermisch verschweißt. Da die Oberfläche des Belags eine Polyurethanvergütung aufwies, war keine Einpflege erforderlich. Nach Beendigung der Verlegemaßnahmen übergab der Bodenleger dem Auftraggeber eine Reinigungs- und Pflegeanleitung des Belagherstellers. Damit kam der Verleger seiner Verpflicht gemäß DIN18365 "Bodenbelagarbeiten" nach, in der es unter 3.1.4 heißt: "Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber die schriftliche Pflegeanleitung für den Bodenbelag zu übergeben."

Nach einer halbjährigen Nutzung der Büroräume rügte der Bauherr Materialveränderungen an beiden Nahtseiten. Der Bodenleger führte daraufhin nach einer Vor-Ort-Besichtigung in einem Büroraum eine Intensivreinigung durch. Er benutzte dafür eine Einscheibenmaschine mit einem weißen Pad unter Zugabe eines schwach dosierten PU-Reinigers. Die Reinigung war erfolgreich: Die PVC-Belag erhielt nahezu seinen Urzustand mit einer seidenglänzenden Oberfläche.

Da aber die Intensität der Verfleckungen in den anderen Räumen zunahmen und auch der gereinigte Raum erneut anschmutzte, beschritt der Bauherr drei Monate später den Rechtsweg. Er vermutete einen Materialfehler. Im Zuge eines Beweissicherungsverfahren wurde eine gutachterliche Überprüfung erforderlich.

Schaden: Bräunliche Verfleckungen des PVC

Schon auf den ersten Blick konnte der Sachverständige bestätigen, dass in den sechs Büroräumen und in einem Flur der hellgraue PVC-Belag deutlich verschmutzt war. Nur in dem vom Bodenleger gereinigten Büroraum wies der PVC großflächig einen ordnungsgemäßen Pflegezustand auf. Allerdings gab es im Bereich der Stuhlrollen eines Bürostuhls kreisrunde bräunliche Verfärbungen und Schmutzanhaftungen.

In den anderen Räumen gab es an den verschweißten Belagsnähten teilweise wolkenartige, 5 bis 40 cm breite bräunliche Verfleckungen. Das galt ebenso für die Schweißnähte in den jeweiligen Türdurchgängen. Zusätzlich waren im Bereich der Stuhlrollen der Bürostühle solche bräunlichen Verschmutzungen festzustellen.
Es wurden zwar der Norm entsprechende "weiche' Stuhlrollen verwendet, aber sie waren total verschmutzt.

Eine Überprüfung der Schweißschnüre ergab, dass sie im Vergleich zum Belag geringfügig höher lagen. Der Sachverständige stellte Höhenversätze mit einer maximalen Höhe von 0,05 mm fest. Die näher gehende Betrachtung der Verschweißung zeigte keine Verbrennungen und Undichtigkeiten und auch keine herausgelösten Schweißschnüre. Stattdessen grenzte an den Schweißschnüren eine krustenartige Schmutzschicht an, die per Leuchtmikroskop und mit fotografischer Makroaufnahme deutlich zu erkennen war. Diese Schmutzschicht ließ sich mit dem Fingernagel oder mit einer glatten Klinge entfernen.

Auf Nachfrage des Sachverständigen gab der Chef des Sicherheitsdienstes Auskunft über die Reinigung und Pflege des Belages: Die Mitarbeiter selbst würden ein- bis zweimal wöchentlich ein Feuchtwischen vornehmen. Ein Reinigungs- und Pflegemittel konnte nicht vorgezeigt werden.

Da in einem Büroraum Umbaumaßnahmen an einer Tür notwendig waren, durfte der Sachverständige ein Teilstück des Belages entnehmen. Dieses Teilstück wies auch die wolkenartige bräunliche Verfärbung auf. An der Belagsprobe wurden Laborprüfungen durchgeführt, so dass auf Reinigungsversuche im Objekt verzichtet werden konnte.

Ursache: Falsche Unterhaltsreinigung

Im Prüflabor ließ sich der PVC-Belag durch kräftiges Wischen mit einem weißen Pad und einem PVC-Reinigungs- und Pflegemittel und auch mit einem PU-Reiniger in einen einwandfreien Urzustand versetzen. Unter der Schmutzschicht war sogar noch die seidenmatt glänzende PU-Vergütung erkennbar. Da der PVC-Belag nach diesen Reinigungsmaßnahmen im Originalzustand vorlag, brauchten keine weiteren Prüfmaßnahmen im Hinblick auf die vermuteten Materialveränderungen durchgeführt werden.

Die Ursache für die Verschmutzungen des PVC-Belages sind in einer nicht sach- und fachgerecht durchgeführten Unterhaltsreinigung zu sehen, die nicht der Reinigungs- und Pflegeanleitung des Bodenbelagsherstellers entsprach. In dieser Reinigungs- und Pflegeanleitung wird ausführlich beschrieben, dass die laufende Unterhaltsreinigung im Feuchtwischverfahren mit einem Neutralreiniger oder einem PU-Reiniger durchzuführen ist. Je nach Verschmutzungsgrad sind Zwischenreinigungen mit einem Aktivreiniger erforderlich. Falls dies nicht reicht, wird eine sach- und fachgerechte Grundreinigung empfohlen, die in der Regel eine nachfolgende PU-Versiegelung erfordert.

Verantwortlichkeit: Mieter reinigte unsachgemäß

Die Verantwortlichkeit für die fest anhaftenden Verschmutzungen liegt eindeutig bei den Nutzern. Nach Überzeugung des Sachverständigen wurde die Fläche nur mit klarem Wasser, eventuell mit Zugabe irgendeines "Reinigungsmittels" gewischt. Dabei wurden die verbliebenen Schmutzanhaftungen nicht entfernt.

Es war deutlich erkennbar, dass der Schmutz beim Wischen an den gering höher liegenden Schweißschnüren abgestreift wurde, ohne die Schmutzflotte (Mischung aus Schmutz und Reinigungslösung) vollständig aufzunehmen. Die Erhöhungen der Schweißschnüre stellen keinen Mangel dar und sind materialspezifisch unvermeidbar. Da die Verschmutzung nicht vollständig durch eine geeignete Feuchtewischpflege entfernt wurde, ist diese durch die Stuhlrollen und auch beim Begehen regelrecht "festgewalzt" worden.

Wie der Sachverständige nach Abschluss dies Falles erfahren konnte, hat der Bauherr in Abstimmung mit den Mietern später von dem Bodenleger eine Grundreinigung einschließlich Beschichtung durchführen lassen. Die Folge war eine dem Stand der Technik entsprechende Bodenbelagoberfläche. Ob und inwieweit die nachfolgende Unterhaltsreinigung und Pflege der Mieter wieder in diesem "unsachgemäßen Ausmaße" erfolgt, ist dem Sachverständigen nicht bekannt.


Der Autor: Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter
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aus FussbodenTechnik 01/09 (Handwerk)