Kleiner Fehler - großer Schaden

Alter schützt vor Feuchte nicht

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine aufgewölbte Fußbodenkonstruktion mit Fertigteilestrichelementen.


Bei Umbaumaßnahmen im Jahre 2007 empfahl der beauftragte Verleger dem Bauherrn, nach dem Entfernen der alten Beläge auf dem dort vorhandenen Estrich Fertigteilestrichelemente zu verlegen. Die betroffene Erdgeschosswohnung in einem Haus aus den 50er Jahren war zuvor mit folgenden Belägen ausgestattet: im Flur auf Estrich geklebte keramische Fliesen, in der Küche ein Linoleumbelag und im Wohn- und Esszimmer und in den Schlafräumen ein geklebter Teppichboden. Um die Wohnung behindertengerecht ohne Schwellen zu vermieten, war es erforderlich die Türschwellen auszugleichen. Je nach Höhe der Türschwellen wurden teilweise Gipsfaserplatten mit aufkaschierter Polystyrolwärmedämmschicht und teilweise Holzspanplatten verlegt. Beide Materialien wurden mit einem Montagekleber auf der Estrichoberfläche aufgeklebt. Bei den neuen Bodenbelägen entschied man sich in Flur und Küche für einen PVC-Belag und im Wohnzimmer und den Schlafräumen wieder für einen verklebten Teppichboden.

Etwa ein 3/4 Jahr nach Beendigung der Bodenbelagarbeiten stellte der Bauherr deutliche Formveränderungen und Aufwölbungen in der Belagsoberfläche fest. Im Flur und in etwas geringerer Intensität in der Küche zeichneten sich Aufwölbungen der Holzspanplatten ab. Hoch stehende, in der Belagoberfläche erkennbare Stöße wurden auch im Bereich der Gipsfaserplatten festgestellt. Da die Formveränderungen an Intensität zunahmen und die Fläche im Flur aufgrund der Aufwölbungen fast nicht mehr zu begehen war, wurde ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren eingeleitet. Der Verleger nannte einen Wasserschaden als mögliche Ursache.

Schaden: Deutliche Aufwölbungen in Flur und Küche

Der Autor dieses Fachbeitrags wurde als Sachverständiger eingeschaltet. Er bestätigte zunächst einmal deutliche Aufwölbungen im Flur und in der Küche. Besonders unter dem PVC zeichneten sich deutlich hoch stehende Längs- und Kopfstöße der Fertigteilestriche ab. Sie schränkten die Nutzungs- und Gebrauchstüchtigkeit des Bodens erheblich ein.

In den Räumen mit Teppichboden waren nur bei genauester Betrachtung mit Gegenlicht geringfügig hoch stehende Stöße der Fertigteilestrichplatten erkennbar.
Im Auftrag des Sachverständigen nahm der Verleger an drei Stellen Öffnungen der Fußbodenkonstruktion vor: im Bereich der Gipsfaserfertigteilestriche der Küche und des Wohnzimmers sowie im Bereich der Holzspanplatten im Flur. In beiden Flächen gab es Abrisse der Klebung des Fertigteilestrichs vom Untergrund. Die Platten standen teilweise bis zu 20 mm hoch.

Unverzüglich durchgeführte Messungen der relativen Feuchte in den Prüfstellen, aber auch elektrische orientierende Messungen des Feuchtegehalts der Holzspanplatten und der Gipsfaserplatten zeigten, dass in der Fußbodenkonstruktion ein erhöhtes Feuchtigkeitspotential vorlag. Aus diesem Grund wurde die Estrichkonstruktion unter den Fertigteilestrichelementen aufgestemmt. Zum Vorschein kam eine etwa 25 bis 30 mm dicke Estrichkonstruktion im Verbund zu der darunter liegenden Betondecke. Rückfragen und auch Überprüfungen des Gebäudes ergaben, dass sich unterhalb der Betondecke kein Keller befand. Damit handelte es sich um eine nicht nach DIN 18195 "Bauwerksabdichtungen" abgedichtete erdreichangrenzende Betonsohle.

Für eine gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmung (Darr-Prüfung) wurden Proben der Fertigteilestrichplatten, des darunter liegenden Estrichs und aus der oberen Beton-Zone (etwa 20 bis 30 mm tief) entnommen. In den Holzspanplatten betrug die deutlich erhöhte Holzfeuchte bis zu 24 Gew.-%, im Gipsfaserfertigteilestrich bis 3,5 Gew.-%, im Zementverbundestrich bis zu 6 Gew.-% und in der oberen Zone der Betonkonstruktion bis zu 5 Gew.-%.

Ursache: Aufsteigende Bodenfeuchtigkeit

Normalerweise beträgt die Einbau- und Ausgleichfeuchte von Holzspanplatten im Mittel 9 Gew.%. Gipsfaserplatten liegen bei 1 Gew.-%. Estrich sowie langjähriger Beton weisen etwa 3,5 Gew.-% auf. Die gemessenen Werte bestätigen das durch Bodenfeuchte verursachte erhöhte Feuchtigkeitspotential. Die Feuchtigkeit hat zu Volumenvergrößerungen der Holzspan- und Gipsfaserplatten geführt. Dies ist eindeutig als Schadensursache zu bezeichnen.

Besonders dort, wo die Fertigteilestrichkonstruktion mit nahezu dampfdichten PVC-Belägen abgedeckt war, hat sich die aus dem Erdreich aufsteigende Bodenfeuchtigkeit in der Unterkonstruktion gesammelt. Unter den relativ dampfdiffusionsoffenen Teppichböden kam es nur zu einer geringen Feuchtigkeitsanreicherung, die nicht zu auffälligen Formveränderungen führte. Der vom Verleger vermutete Wasserschaden bestätigte sich nicht.

Stattdessen lautete die Empfehlung, die gesamte Fußbodenkonstruktion vollständig zu erneuern. Auf Dauer gesehen wäre auch im Fertigteilestrich im Bereich des verlegten Teppichbodens mit einer Beeinträchtigung der Festigkeit zu rechnen. Außerdem entsprach die Fußbodenkonstruktion nicht den Anforderungen der DIN 18195 "Bauwerksabdichtungen". Für die neue Fußbodenkonstruktion wurde eine normative Abdichtungsebene und ein Gussasphaltestrich angeraten.

Außerdem wies der Sachverständige darauf hin, dass planerisch abzustimmen sei, ob und inwieweit eine Wärmedämmschicht unterhalb der Estrichkonstruktion hergestellt werden muss.

Verantwortlichkeit: Keine Feuchtigkeitsprüfungen des Untergrundes

Die Verantwortlichkeit für diese im Bauvorhaben festgestellten großflächig vorliegenden Schäden liegt eindeutig beim Verleger, der auch die Fertigteilestrichplatten verlegt hat. Dieser hat den in DIN 8353 "Estricharbeiten" und DIN18365 "Bodenbelagarbeiten" beschriebenen Prüfungspflichten am Untergrund hinsichtlich des Restfeuchtegehaltes nicht genügt.

Auch wenn es sich hier um ein altes Gebäude handelt, kann der Verleger nicht davon ausgehen, dass der Untergrund hinsichtlich des Restfeuchtegehaltes belegereif ist. Er ist grundsätzlich verpflichtet, den vorhandenen Untergrund hinsichtlich des Feuchtegehaltes zu überprüfen.

Auf alle Fälle hätte er hinterfragen müssen, ob die Fußbodenkonstruktion im Bauvorhaben unterkellert ist oder ob aufgrund der fehlenden Unterkellerung unterhalb des Estrichs eine Abdichtungsebene vorliegt. Auch wäre es unabdingbar gewesen, CM-Feuchtigkeitsmessungen im Estrich vorzunehmen. Bei dieser Messung wäre dann festgestellt worden, dass es sich um eine Verbundestrichkonstruktion handelt, so dass zwangsläufig Rückfragen im Hinblick auf eine Abdichtungsebene die Folge gewesen wären.

Aufgrund dieser Vernachlässigung der Prüfungspflichten kam ein enormer finanzieller Schaden auf den Auftragnehmer für die Bodenbelagarbeiten zu, der zum einen sein Gewerk nicht bezahlt bekommen hat und zusätzlich auch den Urzustand wieder herstellen musste.


Der Autor: Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter
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aus FussbodenTechnik 02/09 (Handwerk)