Das neue Forderungssicherungsgesetz

Diese Regelungen muss das bodenverlegende Handwerk kennen

Der Deutsche Bundestag hat am 26.06.2008 und der Bundesrat am 29.08.2008 das so genannte Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen, kurz Forderungssicherungsgesetz - FoSiG beschlossen. Das Gesetz begründet ab 01.01.2009 maßgebliche Änderungen im Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches und hat auch Auswirkungen auf die VOB/B.

Das Gesetz zur Sicherung von von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen wurde verabschiedet. Daraus resultieren Änderungen, die der Handwerker kennen sollte. Schlagwortartig beschäftigen wir uns deshalb nachstehend mit:

1. dem Wegfall der Privilegierung der VOB/B,
2. den Abschlagszahlungen im BGB-Bauvertrag,
3. der Vertragserfüllungssicherheit,
4. der so genannten Durchgriffsfälligkeit (erhebliche Auswirkungen für Nachunternehmertätigkeit!),
5. der Fertigstellungsbescheinigung und
6. der Bauhandwerkersicherung im Sinne von § 648 a BGB

1. Wegfall der Privilegierung der VOB/B
Durch eine Änderung des § 310 BGB ist nunmehr klargestellt, dass

a) die VOB/B in so genannten Verbraucherverträgen, also Vertragsvereinbarungen mit Endverbrauchern keinerlei Geltung hat. Es ist also tunlichst für jeden Handwerker darauf zu achten, mit privaten Auftraggebern auf gar keinen Fall die VOB/B in der Angebots- oder Vertragsunterlage in Bezug zu nehmen.
b) Für Verträge im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern oder mit der öffentlichen Hand ist nunmehr gesetzlich klargestellt, dass die VOB/B auf jeden Fall anwendbar ist und entsprechende Privilegierung erhält, beispielsweise durch Verkürzung der Verjährungsfristen. Erforderlich ist aber, dass die VOB/B als Ganzes vereinbart wird. Die vielfach von Generalunternehmern vorgenommene Abänderung der VOB/B führt also dazu, dass jede einzelne Vorschrift der VOB/B auf ihre Wirksamkeit hin überprüft wird.

2. Abschlagszahlungen im BGB-Bauvertrag
Nach der alten, bis 31.12.2008 geltenden Regelung in § 632 a BGB konnten Abschlagszahlungen nur für "in sich abgeschlossene Teile der Werkleistung" gestellt werden. In der Baupraxis war die Durchsetzung von Abschlagsforderungen praktisch unmöglich, da die Abgrenzung von "abgeschlossenen Teilen des Werkes" nicht darstellbar war. Nunmehr ist ab dem 01.01.2009, § 632 a BGB geändert. Danach kann der Unternehmer von dem Besteller "für eine vertragsgemäß erbrachte Leistung eine Abschlagszahlung in der Höhe verlangen, in der der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat." Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abschlagszahlung nicht verweigert werden. § 641 Abs. 3 gilt entsprechend. Die Leistungen sind durch eine Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss."

Bei der neuen Gesetzesformulierung kommt es ausschließlich darauf an, dass
a) der Auftraggeber eine vertragsgemäß erbrachte Bauleistung erhält, die vertraglichen Vereinbarungen also eingehalten werden und keine wesentlichen Mängel vorhanden sind sowie
b) der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat.

Die Abschlagsrechnung ist prüfbar aufzustellen, die im VOB-Bauvertrag enthaltenen Prüfbarkeitskriterien sind auch hier zu berücksichtigen.

Beispiel:
Der Bodenleger B hat den Auftrag, 1.000 m Linoleumbelag zu verlegen. Dieser Belag soll eine Beschichtung aufweisen. Aufgrund einer Verwechslung der Bestellnummern wird versehentlich kein beschichteter Belag geliefert. Die Mitarbeiter verlegen 300 m Belag, der zuständige Kolonnenführer erstellt mit den vom Auftraggeber übergebenen Ausführungsplanungsunterlagen ein konkretes Aufmaß und rechnet 300 m Bodenbelag im Wege der Abschlagsrechnung ab. Wird die Abschlagsrechnung gezahlt?

Unstreitig hat der Besteller sicherlich einen Wertzuwachs erhalten, schließlich hat er 300 m Bodenbelag fest mit seiner Gebäulichkeit verbunden bekommen. Die Leistung ist auch prüfbar abgerechnet, da aufgrund der Rechnungsaufstellung der Auftraggeber durch einen Vergleich mit den in der Örtlichkeit verlegten Belägen und der Aufmaßunterlage die Rechnung ohne Weiteres prüfen kann. Es fehlt aber an einer "vertragsgemäß erbrachten Bauleistung", da schlichtweg das nicht ordnungsgemäße Material, es fehlt die ordnungsgemäße Beschichtung, zur Verlegung genutzt wurde. Alle Voraussetzungen der vorstehenden Regelung müssen also erfüllt werden.

3. Vertragserfüllungssicherheit
Gemäß § 632 a Abs. 3 BGB ist eine neue Regelung aufgenommen, wonach für den Fall, dass "der Besteller ein Verbraucher ist und der Vertrag die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat, dem Besteller bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel in Höhe von 5 % des Vergütungsanspruchs zu leisten hat."

Die vorstehende Regelung gilt in Verbraucherverträgen nur für die gesamte Errichtung oder den Umbau eines Hauses, das entsprechende Auswirkungen für Fertighaussteller, Generalübernehmer und Generalunternehmer hat. In der Literatur herrscht die Auffassung, dass so genannte Errichtungs- und Umbauverträge für Einzelvergaben von dieser Sicherheitenregel nicht erfasst werden. Dies würde bedeuten, dass das Bodenlegerhandwerk hiervon also nicht betroffen wäre.

Beispiel:
Das Lehrerehepaar L bestellt die schlüsselfertige Erstellung eines Einfamilienwohnhauses auf ihrem Grundstück. Der Vertrag umfasst auch die Lieferung der Bodenbelagarbeiten in Form von Parkett und Textilbelag. Hier handelt es sich um einen Vertrag über die gesamte Errichtung eines Hauses. Der Unternehmer hat eine entsprechende Sicherheit in Höhe von 5 % zu leisten.

Im Gegensatz hierzu steht die Bestellung eines teilschlüsselfertigen Hauses. Das Lehrerehepaar beauftragt getrennt bei dem Bodenleger die Gewerkeausführung Parkett und Textilbelag. In diesem Fall muss keine Sicherheit geleistet werden.

4. Durchgriffsfälligkeit
§ 641 Abs. 2 BGB ist neu gefasst, wonach Folgendes gilt:

Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird spätestens fällig,

1) soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
2) soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
3) wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die in den Nummern 1. und 2. bezeichneten Umstände bestimmt hat.

Beispiel:
Die Stadt M errichtet ein neues Verwaltungsgebäude für ihr Baureferat. Die Gewerke Hohlraumboden/Estrich, Trocken- bzw. Innenausbau sowie Oberbodenbelag werden an den Generalunternehmer GU übertragen. Der Bodenleger B führt als Nachunternehmer das Bodenbelaggewerk aus und hat bereits drei Abschlagsrechnungen gestellt, ohne dass er von GU bezahlt worden ist. Was kann er tun?

Aus der Neuregelung des Gesetzes folgt, dass der Bodenleger "spätestens einen fälligen Vergütungsanspruch hat, wenn der Generalunternehmer von der Stadt seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat." Nach der Neuregelung steht dem Bodenleger auch ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Generalunternehmer zu. Wenn dieser Auskunftsanspruch im Sinne der Ziffer 3. nicht beantwortet wird, wird die Nachunternehmerleistung zur Zahlung fällig! Einem jeden Nachunternehmer ist also anzuraten, hier entsprechende Auskunftsansprüche geltend zu machen.

5. Fertigstellungsbescheinigung
Die so genannte Fertigstellungsbescheinigung gemäß § 641 a BGB, eine der haftungsträchtigsten Vorschriften für Sachverständige, ist ersatzlos gestrichen worden. Sie hat sich sprichwörtlich in der Praxis nicht bewährt. Um die Abnahmefähigkeit eines Gewerkes nachzuweisen, kann man also zukünftig nur weiter darauf verweisen, dass die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens hier die richtige Verfahrensart ist.

6. Bauhandwerkersicherung
§ 648 a BGB gibt bekanntlich dem Unternehmer gegenüber seinem Auftraggeber einen Anspruch auf Absicherung seiner Werklohnforderung durch Bürgschaft. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass immer dann, wenn ein derartiges Sicherungsverlangen gestellt wird, die Stimmung zwischen den am Bau Beteiligten angespannt wird. In der täglichen Praxis wird § 648 a BGB also eine Ausnahme bleiben. Die Rechte des Unternehmers sind aber durch die neue Gesetzesergänzung verstärkt worden. Nunmehr kann der Unternehmer, nachdem er entsprechende Fristsetzung auf Übergabe einer Bürgschaft gestellt hat, nicht nur eine Leistungsverweigerung (Arbeitseinstellung) oder Kündigung des Bauvertrages aussprechen, vielmehr steht ihm ein einklagbarer Anspruch auf Übergabe der Sicherheit/Bürgschaft zu. Dies stärkt erheblich den Anspruch des Auftragnehmers.

Darüber hinaus ist klargestellt, dass im Falle der Insolvenz des Bestellers die zuvor begebene Sicherheit nach § 648 a BGB beim Auftragnehmer verbleibt. Der Insolvenzverwalter kann sie also nicht zurückfordern.

Ergänzt ist auch § 648 a BGB in der neuen Fassung dahingehend, dass die zu stellende Bürgschaft Schadenersatzansprüche des Auftragnehmers, Kündigungsvergütung des Auftragnehmers und Mehrvergütungsansprüche für zusätzliche Bauleistungen abdeckt.

Beispiel:
Der Objekteur O erhält von dem Generalunternehmer einen Auftrag für textile Bodenbelagverlegung in einem Bürohaus für 100.000 EUR. Bei Beginn der Arbeiten stellt sich heraus, dass die Estrichkonstruktion nicht belegreif ist, die Feuchtigkeitsabsperrung wird vom GU beauftragt für zusätzliche 30.000 EUR. Nach der Aufbringung der Feuchtigkeitssperre im dritten Obergeschoss und Spachtelung erfährt der Bodenleger, dass der GU in finanziellen Engpässen steckt. Das Estrich- und Trockenbaugewerk wurde auch nicht bezahlt.

Hier kann der Auftragnehmer Bodenbelag sowohl für die zur Ausführung gebrachten Bauleistungen (Spachtelung und Feuchtigkeitsabsperrung) als auch die noch zukünftig zu erbringenden Bauleistungen, also insgesamt einer Summe von 130.000 EUR eine entsprechende Sicherheit in Form von einer Bürgschaft vom GU, verlangen. Wenn er dies mit zweiwöchiger Fristsetzung fordert, kann er im Anschluss daran die Arbeiten einstellen, ohne dass der Bauvertrag aufgelöst wird. Wirtschaftlich gerät der GU also in die sprichwörtliche Zwickmühle, dass er weiterhin einen festen Vertrag mit seinem "aufsässigen" Bodenleger hat und die entsprechenden wirtschaftlichen Folgen daraus zu tragen hat.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die gesetzlichen Regelungen sprichwörtlich mit Leben auszufüllen, damit ein jeder bodenlegender Handwerker das bekommt, was ihm zusteht, nämlich seine Vergütung.

Der Autor: Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.

Kontakt:
Rechtsanwälte Hanfland & Partner
Helmut-Kumpf-Straße 5
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aus FussbodenTechnik 02/09 (Recht)