Textile Bodenbeläge im Health & Care-Bereich

Welche Beläge haben spinngefärbte Polfasern und sind wasserundurchlässig?

Wenn textile Bodenbeläge in Gesundheitseinrichtungen wie Altenheimen zum Einsatz kommen, müssen die Ausstattungsmerkmale exakt auf die Nutzung abgestimmt werden - wenn man nicht schon nach einem kurzen Zeitintervall die Beläge wieder austauschen will. Für die extremen Beanspruchungen zum Beispiel in Behandlungs- und Patientenzimmern kommen in vielen Fällen nur Beläge in Betracht, die mit Chlorreiniger und größeren Mengen Wasser gereinigt werden dürfen. FussbodenTechnik hat sich bei den textilen Bodenbelagsherstellern umgehört, welche Beläge chlorresistent und wasserundurchlässig sind.

Lange Zeit bestanden in Deutschland große Bedenken gegen Teppichböden im Bereich Health & Care. Man befürchtete auf ihnen eine Vermehrung von Bakterien, Viren und Keimen. Vor allem in Großbritannien steht man Teppichböden z.B. im Krankenhaus schon sehr lange positiv gegenüber. Durch umfangreiche Untersuchungen konnte man auch in Deutschland die hygienischen Bedenken gegen Teppichböden ausräumen.

Vorteile und Grenzen von textilen Belägen

Teppichböden bieten eine Reihe von Vorteilen im Health & Care-Bereich:
- erhöhte Wohn- und Behaglichkeit
- Lärmminderung durch Schall- und Trittschallschutz
- Tritt- und Rutschsicherheit (auch im nassen Zustand)
- Stoß- und Vibrationsdämpfung (Trittelastizität)
- Verminderung von Verletzungsgefahren bei Unfällen
- Schutz vor erhöhter Wärmeableitung

Teppichböden sollten in folgenden Bereichen nicht verlegt werden:
- im Operationsbereich
- auf Intensivstationen
- in geriatrischen Abteilungen
- in Laboratorien
- in der physikalischen Therapie (nass und trocken)
- im Bad, im WC
- in Röntgenräumen und
- in Küchen

Spinndüsengefärbte Fasern sind chlorresistent

Die Färbung rohweißer Fasern, Garne und Teppichböden findet üblicherweise durch den Einsatz von Farbflüssigkeiten statt. Diese einfache Färbeart hat allerdings neben einer relativ eng begrenzten Chargengröße auch den Nachteil, dass sich die Farbe unter bestimmten physikalischen Einflüssen als nicht beständig zeigt. So bleichen Teppichböden, die mit dieser Technik gefärbt wurden, z.B. beim Einsatz ungeeigneter Reinigungsmittel aus. Auch auf aggressive Sanitärreiniger (Chlorreiniger) reagieren die Materialien mit Ausbleichen - die Farbe wird zerstört, es erscheint ein heller, zum Teil farbloser Fleck.

Anders ist dies bei der Spinndüsenfärbung (Solution Dyed). Bei diesem Verfahren wird die Farbe der Spinnmasse bereits vor dem Spinnprozess zugegeben und somit der Farbstoff unauflösbar in die Faser eingebracht. Vorteil dieser Garne sind die hohe Farbechtheit, leichteres Entfernen von Flecksubstanzen und die Reinigung mit chlorhaltigen Mitteln, ohne dass die Farbe optisch beeinträchtigt wird.

Neben diesen Spezialbelägen können in Räumen mit geringeren Reinigungs-Anforderungen natürlich auch die bekannten Objektkollektionen aller Bodenbelagshersteller zum Einsatz kommen. Gerade im Wohnbereich (nicht im Pflegebereich) von Health & Care-Einrichtungen kommen auch "normale" textile Beläge zum Einsatz.

Rückenausstattung

Die Rückenkonstruktion der eingesetzten Beläge hängt unmittelbar mit dem Einsatzgebiet des Teppichbodens zusammen. Beläge, die für den Krankenhaus- und Altenpflegebereich zum Einsatz kommen, und solche, bei denen grundsätzlich davon ausgegangen werden muss, dass sie mit Körperflüssigkeiten in Berührung kommen, sollten mit einem Wasser undurchlässigen Kunststoffrücken ausgerüstet werden. Dabei sollte allerdings unbedingt gewährleistet sein, dass eventuell eingebrachte Flüssigkeiten so flach wie möglich eindringen können - am besten selbstverständlich gar nicht. Bei diesen Spezialbelägen können die Flüssigkeiten bereits oberhalb des Trägermaterials aufgenommen werden - tiefer können sie nicht eindringen. Bei allen anderen Teppichböden wie zum Beispiel in Kur- und Reha-Kliniken sowie Arztpraxen etc. kann auf derartige Ausrüstung verzichtet werden.

Reinigung und Pflege

Bis heute gibt es noch keine allgemein anerkannte Methode zur Teppichbodenreinigung mit Teppichdesinfektion. Auch über die Häufigkeit der Desinfektion gibt es von Experten unterschiedliche Aussagen. Die auf einem Teppichboden zum Einsatz kommenden Desinfektions- und Reinigungsmittel müssen auf ihre textile, chemische und hygienische Verwendbarkeit geprüft sein. Die bestmögliche Desinfektion - sowohl für Teppichboden als auch für alle anderen Produkte - ist nur mit aldehydischen Desinfektionsmitteln möglich.

Auch wenn es keinen allgemein anerkannten Reinigungs- und Desinfektionszyklus gibt, trifft man auf folgende Empfehlungen:

1. Flecken möglichst unmittelbar nach ihrer Enstehung entfernen

2. Tägliches Absaugen des Teppichbodens, 7-10 Sekunden pro qm mit einer mit bakteriendichten Abluftfiltern (Hepa-Filter) ausgestatteten Bürststaubsaugern zur Entfernung der Fasergrund befindlichen leicht löslichen Schmutz- und Staubpartikel

3. Bei Bedarf (etwa 1 x mal jährlich) Grundreinigung im Sprühextraktionsverfahren durchführen (Vorsicht bei wasserempfindlichen Konstruktionen) oder im Padverfahren (Vorsicht bei Belägen mit Wolle) mit einem herkömmlichen Flächendesinfektionsreiniger auf Aldehydbasis in 0,5%-iger Konzentration, um fest haftende Verunreinigungen zu entfernen und gleichzeitig eine Desinfektion zu erzielen.


3 Fragen an Enno Kramer, Gründungsmitglied der Health & Care Network Group

"Health & Care geht weit über das Thema Gesundheit hinaus"

FussbodenTechnik: Warum ist der Bereich Health & Care ein interessantes Segment für das bodenverlegende Handwerk?

Enno Kramer: Health & Care wird im alltäglichen Sprachgebrauch mit Gesundheitswesen gleichgesetzt. Es ist aber wesentlich mehr. Im Health- & Care-Segment erfolgreich sein kann aber nur, wer versteht, dass das Thema weit über die Gesundheit hinausgeht. Wir müssen uns dafür um die Bedürfnisse der Menschen ganzheitlich kümmern. Die Umsetzung kann ein Handwerker in der Regel nicht allein leisten.

FT: Sie als Gründungsmitglied der Health & Care Network Group empfehlen wahrscheinlich die Zusammenarbeit mit Ihrem Netzwerk.

Kramer: Es bedarf einer Netzwerkstruktur - beispielsweise aus Bodenleger, Maler und Raumausstatter, die sich aus seriösen Partnern zusammensetzt, um die Komplexität des Kundenwunsches perfekt zu bedienen. Hier gehören auch die richtigen Industriepartner dazu. Die Verbindung schaffen letztlich Planer und Architekten, die das System rund machen.

FT: Wie kann ein Bodenleger im Bereich Health & Care erfolgreich sein?

Kramer: Wenn ein Bodenleger es versteht, dass es bei Health & Care nicht nur um Gesundheit, sondern auch um Wohlfühlaspekte geht, dann wird er erfolgreich sein. "Care" heißt sich kümmern um, aber nicht um ein Segment, sondern darum, dass sich der Mensch wohl fühlt - und das ist dann seiner Gesundheit und seinem Wohlbefinden zuträglich. Wenn es dem Bodenleger gelingt, diesen Gedanken an Ärzte etc. zu vermitteln, dann wird sich das auf die Patienten auswirken, die ja beim Arzt Kunden sind. Und Kunden muss man pflegen. Darüber hinaus gehen auch die Kunden im Segment Health & Care davon aus, dass der Bodenleger den Bodenbelag qualitativ vernünftig verlegen kann.
aus FussbodenTechnik 03/09 (Bodenbeläge)