Durchsetzung von gestiegenen Vergütungsansprüchen
Wie kommt der Handwerker an sein Geld?
In Zeiten anhaltender Wirtschaftskrise und zurückgehender Konjunktur wird es immer schwieriger, die kompletten Vergütungs- und erst recht zusätzliche Vergütungsansprüche zugunsten des Handwerks zu realisieren. Mit nachfolgendem Beitrag wollen wir uns mit den Sachverhalten und den sich daraus ergebenden Anspruchsgrundlagen beschäftigen. Im Einzelnen wie folgt:
Im Januar 2009 schreibt die Bauherrin, die Lehrerin L., durch ihren Architekten A. die Verlegung von 120 qm Nadelvlies in ihrem Reihenendhaus aus. Sie sind Mindestbietender und erhalten den Zuschlag zur Durchführung der Bodenbelagsarbeiten. Der Belag soll auf einer Zementestrichkonstruktion nach Schleifen, Saugen, Grundieren und Spachtelung verklebt werden. Die VOB/B ist ausweislich der Vertragsbedingungen des Architekten ausdrücklich vereinbart.
Beachten Sie folgende, unterschiedliche Vergütungsfolgen:
1. Standardvergütung gemäß Vertrag im Sinne von § 2 Ziffer 2 VOB/B
Die Bauherrin verhält sich - erstaunlicherweise - regelgerecht. Sie verlegen den Nadelvliesbelag in dem Reihenendhaus. Die Vergütung richtet sich ausschließlich nach den Ihrerseits angebotenen Vertragspreisen, ein Spielraum für zusätzliche Vergütung ist nicht gegeben. Allenfalls käme eine Abänderung der Vergütung gemäß § 2 Ziffer 3 VOB/B in Betracht, wenn sich die ausgeschriebene Bodenbelagmenge und Untergrundvorbereitung um mehr als 10 % nach oben oder unten mengenmäßig verändert. Dies ist nicht der Fall, sodass Sie nach den vertraglich vereinbarten Einheitspreisen die Abrechnung zu erstellen haben.
2. Änderung des Materials, Vergütungsanspruch im Sinne von § 2 Ziffer 5 VOB/B
Während der Bemusterung des Nadelvliesoberbodenbelages schaffen Sie es, der Bauherrin beizubringen, dass ein hochwertiges Ahornparkett doch eine wesentlich anspruchsvollere Wohnraumgestaltung erbringt und die Bauherrin dies auch tatsächlich zur Bauausführung wünscht. Aufgrund Ihrer frohen Kunde, einer Lehrerin auf Anhieb eine Bodenbelagänderung von Nadelvlies auf Ahornfertigparkett verkauft zu haben, vergessen Sie, entsprechende Preise zu beziffern. Fraglich ist, ob Sie statt des ursprünglich vereinbarten Einheitspreises für Nadelvlies einen Mehrpreis erhalten.
Gemäß § 2 Ziffer 5 VOB/B bekommt der Auftragnehmer Bodenbelag immer dann eine abgeänderte Vergütung, wenn sich die ursprünglich ausgeschriebenen Bauleistungen lediglich ändern. Im vorliegenden Fall hat sich die Bodenbelagverlegung geändert von Nadelvlies auf Ahornfertigparkett. Der Auftragnehmer Bodenbelag ist insoweit berechtigt, ohne weitere schriftliche oder mündliche Kündigung bei der Schlussrechnungsstellung den höheren Materialpreis für das Fertigparkett im Gegensatz zum Nadelvlies gegenüber dem Bauherrn ohne Ankündigung abzurechnen. Ggf. ist auch der Verlegelohn zu ändern, sofern sich durch die Verlegung von Fertigparkett ein Mehrkostenanspruch im Vergleich zur Verlegung von Nadelvlies ergibt. Diesen Anspruch kann jeder Aufragnehmer auch noch - ohne schriftliche oder mündliche Ankündigung während der Bauarbeit - mit der Schlussrechnungsstellung geltend machen.
3. Geänderte Bauleistungen im Sinne von § 2 Ziffer 6 VOB/B
Abwandlung des Falles: Trotz Ihrer intensiven Beratung wünscht die Lehrerin nicht die Verlegung von Fertigparkett, vielmehr besteht sie auf die Verlegung des Nadelvliesbelages. Bei der CM-Prüfung stellen Sie fest, dass der Estrich nicht belegreif ist, da er eine Restfeuchte von 2,5 CM-% aufweist. Ihr Kolonnenführer ruft Sie an und erklärt, es müsste eine Epoxidabdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit auf den Estrich aufgebracht werden. Folgende Fälle sind denkbar:
a) Sie rufen unmittelbar nach der Mitteilung durch Ihren Mitarbeiter die Lehrerin an, welche auf Nachfrage erklärt, dass eine Feuchtigkeitsabsperrung erfolgen soll. Dies bestätigten Sie schriftlich, indem Sie mitteilen, dass eine zusätzliche Bauleistung in Form der Feuchtigkeitsabdichtung gemäß gemeinsamer Absprache zur Ausführung kommt.
Zusätzliche Bauleistungen werden gemäß § 2 Ziffer 6 VOB/B abgerechnet und behandelt. Danach sollen Sie als Auftragnehmer zusätzliche, außerhalb des Bauvertrages sich ergebende Vergütungsansprüche zunächst schriftlich geltend machen. Im folgenden Fall ist Ihnen die Bauherrin zuvor gekommen, indem sie Sie mündlich beauftragt hat, entsprechende zusätzliche Feuchtigkeitsabsperrung auf den Estrich aufzubringen. Es empfiehlt sich aber, diesen Anspruch im Sinne von § 2 Ziffer 6 VOB/B schriftlich zu fixieren und sich auf jeden Fall eine Bestätigung durch den Bauherrn erteilen zu lassen, dass diese Arbeit als Nachtragsposition genehmigt wird. Ansonsten geraten Sie "am Ende des Tages" in entsprechende Beweisnot, nachzuweisen, dass der Bauherr Sie tatsächlich beauftragt hat.
b) Ihr Kolonnenführer K. stellt bei der Durchführung der CM-Prüfung fest, dass die Belegreife der Estrichkonstruktion nicht gegeben ist. Auf der Baustelle ergeben sich 2,5 CM %, Ihr Bauleiter entscheidet sich, Ihre Mitarbeiter anzuweisen, eine entsprechende Feuchtigkeitsabsperrung in Form von Epoxidharz aufzubringen. Sie machen diesen Anspruch erst nach Bauausführung mit der Schlussrechnungsstellung geltend und die Bauherrin ist verärgert. Sie erklärt, sie habe die Leistung nicht bestellt und werde diese nicht bezahlen.
Fraglich ist nunmehr, ob dem Auftragnehmer Bodenbelag ein Vergütungsanspruch zusteht, obwohl dieser nicht als so genannte zusätzliche Bauleistung im Sinne von § 2 Ziffer 6 VOB/B schriftlich angekündigt worden ist. Weil dies nicht erfolgte, kann zunächst § 2 Ziffer 6 VOB/B keine Anwendung mehr finden. Gemäß § 2 Ziffer 8 VOB/B ist sogar geregelt, dass ein Vergütungsanspruch für nicht bestellte Leistungen nicht gewährt wird. Die Anweisung Ihres Bauleiters an die örtlichen Mitarbeiter, die Feuchtigkeitsabsperrung aufzubringen, würde dann also schlichtweg ins Leere laufen und ein Vergütungsanspruch wäre insoweit nicht gegeben.
Eine Hilfestellung gibt es nur über die Regelung des § 2 Ziffer 8 Abs.2 VOB/B, wonach Leistungen, die technisch zur Bauausführung erforderlich waren und dem mutmaßlichen Willen des Bauherrn entsprechen, zu vergüten sind. Im vorliegenden Fall kann man damit argumentieren, dass die Feuchtigkeitsabsperrung aus technischer Sicht erforderlich war, da ansonsten ein nicht regelgerechtes Gewerk erstellt worden wäre, sodass dies auch im mutmaßlichen Willen des Bauherrn lag. Auf diese Art und Weise kommt man also zu einem Vergütungsanspruch.
4. Regelung im BGB
Beachten Sie bitte, dass die vorstehende Regelung des § 2 Ziffer8 Abs. 2 VOB/B im BGB-Werkvertragsrecht keine Anwendung findet. Dort kann der Bauherr also klar argumentieren, dass er entsprechende Leistungen nicht beauftragt habe, sodass Sie keine Vergütung für zusätzliche Bauleistungen erhalten. Beim BGB-Vertrag ist es also noch wichtiger, hier während der Bauausführung entsprechende Vereinbarung zu treffen.
5. Zusammenfassung
Ein jeder Handwerker sollte also darauf achten, dass er unabhängig einer abgeänderten Bauleistung von § 2 Ziffer 5 VOB/B ständig darauf eingestellt ist, Änderungen des Bauablaufes und Änderungen des Leistungssolls gemäß Leistungsbeschrieb schriftlich gegenüber dem Bauherrn anzuzeigen. Diese schriftliche Dokumentation, zeitnah und in kurzen Stichworten zusammengefasst, hat den erheblichen Vorteil, dass Vergütungsansprüche in der Schlussrechnung tatsächlich durchgesetzt werden können.
Der Autor: Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.
Kontakt:
Rechtsanwälte Hanfland & Partner
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FussbodenTechnik 03/09
(Recht)