Aktuelle Lage bei Deko+Gardine: Analysen und Kommentare

Chancen in der Krise


Bei einer Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Lage ist oft zu beobachten, dass sich die Konsumenten ins eigene Heim zurückziehen und in dessen Ausgestaltung investieren. Auch staatliche Konjunkturprogramme versprechen in der aktuellen Krise eine Belebung der Nachfrage. Trotzdem kann sich die deutsche Heimtextilienindustrie nicht ausschließlich auf solche Umsätze verlassen - Eigeninitiative und Ideen sind gefordert.

Bei früheren Wirtschaftskrisen konnte man feststellen, dass die Verbraucher zumindest ihre eigenen vier Wände verschönern wollten", hat denn Justus Schmitz beobachtet, geschäftsführender Gesellschafter der Schmitz-Werke. "Eine solche Entwicklung ist nicht zum Nachteil unserer Branche." Generell sieht er 2009 als "nicht so bedrückend - wenn man von nicht kalkulierbaren Faktoren absieht".

Eckardt Gardinen geht "verhalten optimistisch" ins Jahr 2009 und sucht neue Leute für die Coupon-Kollektion. Bei Nya Nordiska glaubt Geschäftsführerin Diete Hansl-Röntgen nicht, dass es 2009 so schlecht kommt, wie einige meinen - und investiert in einen 4.000 qm großen Neubau. Bei Unland gibt sich Geschäftsführer Hendrik Unland aufgrund des Verlaufs der Heimtextil optimistisch: "Ich glaube nicht, dass das angestammte Geschäft so einbricht, wie das viele prognostizieren".

Die Heco startet zuversichtlich ins neue Jahr, denn auch schon im krisengeplagten Jahr 2008 war man erfolgreich. "Durch verstärkte Außendiensttätigkeit, den weiteren Ausbau der Kollektionen und den Einstieg ins hochwertige Fertigprogramm konnte ein zufrieden stellendes Umsatzplus erwirtschaftet werden", so Geschäftsführer Burkhard Koop. Und Höpke ist trotz der deutlichen Verluste bei den Möbelstoffherstellern im vergangenen Jahr mit einem einstelligen Plus zufrieden. "Wir konnten in den letzten Wochen trotz der Krise ein gutes Plus erzielen", teilte Höpke der BTH-Redaktion mit. Bei Renz ist man ebenfalls recht zufrieden: Lage und Ordertätigkeit im Handel seien "nicht so schlecht, wie die Medien einen täglich glauben lassen".

Martin Gerster (Gustav Gerster) sieht die Aussichten allerdings weniger positiv: "Am Anfang des Jahres wird es voraussichtlich - vielleicht etwas abgeschwächt - so laufen wie im Vorjahr. Aber mit jedem Monat werden unsere Kunden und somit auch wir zunehmend die Kaufzurückhaltung spüren. In anderen Ländern wie den USA, Spanien und Großbritannien ist das schon seit Monaten so."

Trotzdem hofft die Heimtextil-Branche auf die Wirkung staatlicher Konjunkturprogramme, sagte der Präsident des europäischen Textilverbandes EURATEX, Peter Pfneisl, auf der Heimtextil. "Nur wenn die Konsumenten einen Lichtschimmer am Horizont sehen, werden sie auch bereit sein, das vorhandene Geld in neue und bessere Wohntextilien zu investieren." Pfneisl begrüßte auch die Liquiditätshilfen für die Automobilbranche, für die auch Textilzulieferer tätig sind. "Jedoch darf dabei der Rest der Wirtschaft nicht vergessen werden."

Aber nicht alle Unternehmer glauben an die Wirkung der Konjunkturmaßnahmen. Claus Wölfel (Wölfel): "Ich erwarte nichts von den Konjunkturprogrammen, zumal vorrangig die Großfinanz und Großunternehmen unterstützt werden. Wir sind dieses Leiden gewöhnt, schon seit Jahren. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es für den mittelständischen Textilbereich irgendeine Hilfe gibt." "Von den Programmen verpufft viel", ist auch Olaf Maier von Höpke überzeugt. Und Martin Gerster ergänzt: "Dass die Senkung der Arbeitslosenbeiträge etc. etwas bringt, glauben wir nicht, da Vorhänge doch sehr weit hinten in der Konsumrangliste der deutschen Verbraucher stehen. Eher hat sich die Benzinpreissenkung vor Weihnachten positiv ausgewirkt."

Positiv bewertet Hendrik Unland zumindest die Programme zur Gebäudesanierung der KfW und deren Auswirkungen auf das Objektgeschäft. Und Burkhard Koop ist der Meinung, dass "alle staatlichen Maßnahmen, die dem Verbraucher mehr Geld in der Tasche lassen" entscheidend sind für das private Konsumverhalten.

Glücklicher Weise scheint die Kauflaune der Deutschen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ungebremst zu sein. Gesunkene Heizöl- und Spritpreise sorgten für frei verfügbares Geld. Das sei ermutigend, so Justus Schmitz. Rein rechnerisch müsste der Endkunde etwas übrig haben. Ähnlich sieht es Gabriele Eckardt, Geschäftsführerin von Eckardt International: "Die gesunkenen Benzinpreise haben vor allem dem Weihnachtsgeschäft geholfen. Da hat man sofort gemerkt, die Leute atmen auf. Vieles ist reine Psychologie." Zumindest im November und Dezember habe eine gesteigerte Kauflust für relativ leere Lagerbestände gesorgt. Viele Raumausstatter und Fachhändler hätten daher in Frankfurt fleißig geordert.

Schlechte Zeiten für die Wirtschaft sind gute Zeiten für Discounter und Billigmarken; sie werden in diesem Jahr neue Kunden gewinnen, ist sich die Gesellschaft für Konsumforschung GfK sicher. Zu den Profiteuren der Krise zählen auch Internet-Anbieter. Ihnen prognostiziert die GfK für 2009 einen Umsatzanstieg auf 15,9 Mrd. EUR, nach geschätzten 13,8 Mrd. EUR in 2008.

Gleichzeitig dürfte auch das Premiumsegment Marktanteile gewinnen, so die Konsumforscher. Haushalte mit krisenfestem Einkommen sorgten dafür, dass auch hochwertige und teure Produkte weiter stark nachgefragt werden. Diese Gruppe lege Wert auf Qualität und greife verstärkt zu Bio- und fair gehandelten Produkten. In diesem Zusammenhang ist nach Einschätzung von Donata Apelt-Ihling (Alfred Apelt) die Kennzeichnung in Deutschland hergestellter Qualitätsprodukte mit "Made in Germany" besonders wichtig. Markenware ist auch für Guido Crusius von Brandproducts ein zusätzliches Verkaufsargument: "Trotz allem wird weiterhin konsumiert werden. Allerdings wird der Kuchen neu verteilt. Und auf diese Neuverteilung setzt Joop." Und auch Jacquardweber Stoeckel & Grimmler setzt auf eine Marke Schöner Wohnen. Und das offensichtlich mit großem Erfolg: In nur drei Monaten konnten über 350 Platzierungen im Handel verbucht werden.

Krisenzeiten bieten auch die Gelegenheit zur Neuorientierung. Mit Mut und Kreativität entstehen neue Chancen am Markt. Innovative Kollektionen, aktive Marketing- und PR-Maßnahmen sowie klare Strategien und veränderte Strukturen sind die Konzepte gegen den Abwärtstrend. Ralph Anstoetz: "Bei Jab Anstoetz wurden Prozesse optimiert, Kostenstrukturen analysiert und kritisch auf den Prüfstand gestellt. Da besonders in schwierigen Zeiten Kreativität in allen Bereichen des Unternehmens gefordert ist, haben wir sowohl im Vertrieb wie auch im Produktangebot neue Konzepte entwickelt. Für den nach wie vor interessanten Premium-Bereich wurde eine neue Submarke mit dem Namen Jab Anstoetz Grandezza ins Leben gerufen. Die Kollektion bietet opulente und besonders hochwertige textile Produkte für die gehobene und exklusive Einrichtung an. Mitte des Jahres werden wir ein für Jab neues Produktgenre auf dem Markt lancieren."

Bei Drapilux verstärkt man sich im Außendienst und setzt auf neue Kollektionen wie etwa die neue Hotel-Kollektion Concerto für den Premium-Bereich. Und Guido Crusius kündigt an: "Zum einen wird das Markenportfolio bei Joop ausgebaut. Darüber hinaus soll der konzeptionelle Ansatz erweitert werden, indem neue Shopmodule und neue Darstellungen in den Ladengeschäften den Kunden mehr Möglichkeiten für eine bessere Präsentation bieten."

Bei Gerster wird versucht, im Betrieb die Kosten zu senken. Zudem hat man sich mit den Neuheiten auf der Heimtextil mehr denn je angestrengt. "Und wir werden unser Marketing am POS verstärken," so Martin Gerster. Auch bei Saum & Viebahn wird nach den Worten von Geschäftsführerin Susanne Schicker-Westhoff die Kostenstruktur überarbeitet, indem viele Arbeitsabläufe optimiert werden. "Wir schaffen insgesamt straffere Strukturen, um neue Themen mit aufzunehmen."

Solche Maßnahmen helfen nicht nur bei der Bewältigung der Krise, sondern wirken auch in besseren Zeiten nach. Diese Sichtweise scheint sich in weiten Teilen der Branche inzwischen durchgesetzt zu haben. Kerstin Baron-Breunig von Gebr. Munzert fasst die Haltung der Heimtextiler denn auch so zusammen: "Für 2009 steckt keiner den Kopf in den Sand. Viele sagen: Jetzt erst recht. Wir müssen Kollektionieren. Wir können nicht nichts machen."
aus BTH Heimtex 04/09 (Deko, Gardinen, Sonnenschutz)