Sind Sie ein Orientteppich-Kenner?

Eine kleine Orient-Warenkunde

Es ist zwar schön, wenn man auf die Frage "Sind Sie ein Orientteppich-Kenner ?" mit "Ja" antworten kann. Doch alles kann niemand wissen. Vieles muss auch der versierte Fachmann nachschlagen. Mit unserer Orient-Warenkunde in diesem Heft möchten wir Ihnen Fachwissen auf eine unterhaltsame Weise vermitteln.

Sultanabad - Früherer Name der Stadt Arak

Das heutige Arak wurde 1808 unter dem Namen Sultanabad in der westpersischen Provinz Hamadan gegründet. Seinen heutigen Namen trägt die Stadt seit der Umbenennung durch Schah Reza im Jahr 1928. Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Sultanabad moderne, industriell betriebene Teppichmanufakturen aufgebaut. Speziell Ziegler & Co aus dem englischen Manchester verhalf Arak zu bis heute andauernder Berühmtheit. Nördlich von Arak liegt der Ort Sarough. Diese Provenienz ist vor allem für seine in den 1920er bis 1930er Jahre speziell für den amerikanischen Markt gefertigten Teppiche bekannt. Sie erfreuen sich auf Grund ihrer harmonischen Farbgebung und dezent-floralen Musterung noch heute großer Beliebtheit. Weitere bekannte Orientteppich-Provenienzen um das ehemalige Sultanabad sind Lilian und Farahan.


Ladik - Zentralanatolische Teppichprovenienz

In der Türkei gibt es mehrere Orte mit dem Namen Ladik. Bekannt für seine Teppichproduktion ist das etwa 40 km nordwestlich von Konya gelegene Ladik. In der Vergangenheit war die zentralanatolische Provenienz für drei verschiedene Gebetsteppichtypen bekannt: den mit drei Giebeln im Mittelfeld, den sogenannten Kolonnen-Ladik mit zwei Säulen und drittens den mit einer gestuften Gebetsnische. In allen drei Typen sind Tulpen dargestellt. Die Produktion dieser Teppiche dauerte vom 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg an.

Noch heute ist Ladik ein produktives Knüpfzentrum, es werden allerdings persisch gemusterte Teppiche gefertigt.


Khamseh-Konföderation - Zusammenschluss von fünf Stämmen im Südiran

Die Khamseh-Konföderation, khamseh ist arabisch für Quintett, ist ein Zusammenschluss der fünf Nomadenstämme Ainalu, Baharlu, Baseri, Nafar und Arabi. Die Konföderation wurde im 19. Jahrhundert von der persischen Regierung als Gegenpol zu den, das Farsgebiet dominierenden, Gaschgai gegründet. Die Volksgruppen haben arabische, persische und türkische Wurzeln.

Die Arabi sind der bedeutendste Stamm dieses Verbundes, sie sind auch deren produktivste Teppichknüpfer Die Ainalu und Nafar verfügen über keine nennenswerte Teppichproduktion. Wie die Teppiche der Gaschgai sind die Khamseh-Teppiche meist mit dem persischen Knoten geknüpft. Die beiden Provenienzen sind schwer von einander zu unterscheiden. Die Musterung ähnelt denen der benachbarten Gaschgai. Das Kolorit ihrer Teppiche ist meist in dunklen Tönen, die Knüpfung ist eher locker, der Flor eher länger, was eine wenig klare Dessinierung zur Folge hat. Die Teppiche der Khamseh werde oft auf dunklen Kettfäden mit rotem Schuss geknüpft.


Srinagar - Stadt im indischen Teil von Kaschmir

Die Stadt Srinagar ist die Hauptstadt und Knüpfzentrum des indischen Teils von Kaschmir und Synonym für die Teppiche dieser Provenienz. Geknüpft wird hier seit dem 14. Jahrhundert. Heute ist Kaschmir für seine Seidenteppiche berühmt, sie gelten als die feinsten und hochwertigsten Teppiche Indiens. Ihre Muster haben persische Einflüsse, besonders beliebt ist das Feldermuster, das viel in Ghom geknüpft wird. Die Farben der Kaschmirteppiche sind im Gegensatz zu den persischen Vorbildern sanfter in Pastelltönen gehalten.

Die Knüpfeinteilungen geben die Knoten pro Zoll in Kett- und Schussrichtung an. Die geläufigsten reichen von 16/16 bis 18/18, was etwa 500.000 Knoten / m2 entspricht. Ab einer Feinheit von 22/22 wird auf Seide geknüpft, die Einstellungen darunter haben eine Baumwollkette. Die bekannte Cashmere-Wolle wird übrigens nicht in Teppichen verwendet, sie hat ihren Namen von der Kaschmirziege. Als Flormaterial kommt Seide oder merzerisierte Baumwolle zum Einsatz. Merzerisierte Baumwolle hat zwar einen seidenartigen Griff, ist jedoch bei weitem nicht so widerstandsfähig.

Zu beachten ist außerdem, dass in Kaschmir gern mit dem hier Doubleknot oder Langri genannten Djuftiknoten gearbeitet wird. Dabei werden die Knoten über zwei statt über ein Kettfadenpaar geknüpft. Das spart Zeit und Material, sorgt aber auch für einen dünneren Flor und eine deutlich geringere Lebensdauer.
aus Carpet Magazin 01/09 (Teppiche)