Fachvortrag von Wolfgang Limp auf der Gemeinschaftstagung Estrich-Parkett-Belag 2009

"Bei Industrieestrichen unbedingt auf Zuschlag achten"

Im Rahmen des "Güteschutz Estrich" der Gütegemeinschaft Estrich und Belag werden unter den Gütezeichen "Hartstoff" und "Magnesia" klassische Industrieestriche vereint. Außerdem sind unter dem Gütezeichen "Zement" viele zementgebundene Industrieestriche versammelt. Zum Erlangen der Gütesiegel wird verlangt, dass mindestens 6 mal im Jahr eine Prüfung der Festigkeiten an Prismen bestanden wird. Zudem wird einmal jährlich eine Baustelle im Rahmen der Fremdüberwachung besucht. Wolfgang Limp vom Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) gab einen Überblick über Industrieestriche unter dem Aspekt des Güteschutzes.

Zementgebundene Industrieestriche tragen dazu bei, dass die Quote der bestandenen Prismenprüfungen bei Zementestrichen im Jahr 2008 ca. 90 % betragen hat. Dabei wurden hochbeanspruchbare Industrieestriche häufiger hergestellt als man denkt. Nach DIN 18560-7 gilt bereits ein Fußgängerverkehr bis 100 Personen pro Tag als Kriterium für eine Beanspruchungsgruppe, dies stellte Wolfgang Limp (IBF) in seinem Vortrag fest. Dass Industrieestriche einer hohen Belastung trotzen müssen, ist typisch. Diese ist auch in Geschäften des Lebensmittelhandels vorhanden, wenn Waren mit Hubwagen transportiert werden müssen.

Es gibt folgende Estrichformen: Industrieestriche nach DIN18560-7 werden als Gussasphaltestrich, Magnesiaestrich, Kunstharzestrich oder zementgebundener Hartstoffestrich erstellt. Wichtig ist, dass die Norm bei einem Hartstoffestrich einen Mörtel vorsieht, der in einer Schicht aufgetragen wird. Die schon lange erfolgreich eingesetzten Hartstoffeinstreuungen sind hingegen keine Industrieestriche nach der Norm. Bei Einstreuungen sollte zudem darauf geachtet werden, dass ein realistischer Schleifverschleiß vereinbart wird. Die Anforderungen, die an den Verschleiß eines Hartstoffestrichs in der Bestätigungsprüfung gestellt werden, können nur begrenzt auf Einstreuungen angewendet werden.

Industrieestriche werden im Regelfall im Verbund hergestellt. Neben der Mörtelqualität spielt dabei die Vorbereitung des Untergrundes eine entscheidende Rolle. Optimal ist hier eine Kombination aus Fräsen des Betonuntergrundes zum Abtragen labiler Zonen und anschließendem Kugelstrahlen. Verbundestriche sollten möglichst dünn hergestellt werden. Je dicker ein Verbundestrich wird, desto größer wird die Gefahr von Rissbildungen.

Oftmals soll auf die kostspielige Untergrundvorbehandlung verzichtet werden. Eine "Alternative" könnte ein Estrich auf Trennschicht sein. Meistens steht aber nur die für einen Verbundestrich geplante Aufbauhöhe zur Verfügung. Viele Estriche auf Trennschicht werden also zu dünn geplant. Zementestriche auf Trennschicht schüsseln wie Zementestriche auf Dämmschicht. Wird der Estrich dann hoch belastet, können die Ecken abbrechen. Ebenso wie ein schwimmender Estrich muss auch ein Estrich auf Trennschicht "gleiten" können. Oftmals wird die Bewegungsmöglichkeit durch Unebenheiten im Untergrund oder durch Verschraubungen von Regalen behindert.

Werden an die Fußbodenkonstruktion zudem noch Anforderungen an den Wärme- und/oder Schallschutz gestellt, muss der Estrich schwimmend ausgeführt werden. Gerade bei der Planung öffentlicher Bauten, die beispielsweise "nur" durch Fußgängerverkehr belastet werden sollen, muss beachtet werden, wie beispielsweise Lampen an hohen Decken ausgetauscht werden können. Hubsteiger können mehrere Tonnen wiegen. Wenn größere Flächen maschinell gereinigt werden, wird das Gewicht von Reinigungsmaschinen oft unterschätzt. Auch der so harmlos wirkende Hubwagen wird meist nicht beachtet. Mit zulässigen Gewichten von 2 Tonnen und mehr auf kleinen und harten Rädern stellt er eine ernst zu nehmende Beanspruchung dar. Wie dick dann ein Estrich auf Dämmschicht bei so hohen Belastungen sein muss, steht in keiner Norm. Hier ist der Statiker gefragt. Zur Orientierung kann die Veröffentlichung "Hinweise zur Abschätzung der erforderlichen Estrichnenndicke bei unbeheizten mineralisch gebundenen schwimmenden Estrichen und Estrichen auf Trennschicht im Innenbereich bei Fahrbeanspruchung (dynamische Belastung)" (E. Müller; IBF-Troisdorf) herangezogen werden.

Der Zement ist derzeit in aller Munde. Ebenso wichtig ist aber auch der Zuschlag. Optimal zur Estrichherstellung ist ein Zuschlag mit einer Sieblinie im Bereich um B8 nach DIN 1045. Bei den Untersuchungen in den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass ca. 80 % der Zuschläge im Bereich B8-C8 und ca. 20 % der Zuschläge im Bereich C8 oder ungünstiger lagen. Je feiner der Zuschlag (ein Zuschlag C8 enthält mehr Sand als ein Zuschlag B8) desto mehr Wasser wird zum Mischen des Estrichmörtels nötig, ohne dass der Zement es wirklich braucht. Das "zu viel" an Wasser führt zu Poren im Estrich. Poren können keine Kräfte übertragen, also sinkt die Festigkeit ab. Nebenbei steigt die Gefahr des Schüsselns und der Rissbildung. Der Unterschied zwischen einem Zuschlag um B8 und einem Zuschlag um C8 kann durchaus den Unterschied zwischen einem "ZE 20" und einem "ZE 30" ausmachen. Gerade bei hochbeanspruchten Estrichen und Industrieestrichen sollte dem Zuschlag eine besondere Beachtung geschenkt werden.
aus FussbodenTechnik 04/09 (Handwerk)