Kommentar von Henrik Stoldt
Schluss mit dem Gejammer
Sie kritisieren in jedem zweiten Satz die Schwarzmaler und Miesmacher und doch jammern sie selber in einem fort. Würden sich viele Handwerker und ihre Verbandsvertreter nur selbst einmal zuhören! Alles ist schlecht: die Politiker, die Lehrer, die Intelligenz der Auszubildenden, neue Verordnungen, neue Produkte, Abwrackprämie, europäische Normen, die Vielzahl der Zertifizierungen, der Preiskampf, die Kostenstruktur, Mitgliedsbeiträge in Verbänden - die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
In manchem haben sie Recht, natürlich. Feinere Messmethoden ergeben neue Grenzwerte. Und neue Grenzwerte ergeben neue Richtlinien. Die ergeben neue Prüfungen. Und Prüfungen belegt man mit Zertifikaten. Die werden von unabhängigen Instituten ausgestellt - und alles kostet Geld. Das ist nur ein Beispiel. Wer zahlt die Zeche? Entweder verzichtet der Handwerker auf Teile des Verdienstes oder er reicht Kosten an den Verbraucher weiter. In Krisenzeiten ist das kein geeignetes Instrument, den Parkettkonsum zu fördern.
Verständlich, dass Ärger aufkommt in Handwerkerkreisen. Aber die Schuld bei anderen zu suchen, löst die Probleme nicht. Die allgemeine Nörgel-Kultur führt nur dazu, dass sich immer weniger Leute für die Sache einsetzen. Deutschland mit seiner uralten Zunftordnung ist ein Sonderfall in Europa. Wir müssen uns anpassen, nicht die anderen Länder. Europäische Harmonisierung bedeutet: Abschied nehmen von den alten Gewohnheiten, Öffnung für kürzere Ausbildungswege, neue Konkurrenz aus allen Richtungen und Gewerken.
Moderne Handwerker verstehen das. Ihre Auftragslage ist auskömmlich. Ein guter Mix aus privaten und öffentlichen Aufträgen oder eine regionale Nische mit gutem Leumund sind Garanten des Erfolges. Qualität abliefern, das zahlt sich aus. Die Reklamationsquote niedrig halten, dauerhaft guten Kontakt zum Kunden pflegen, Grundreinigung nach einigen Jahren durchführen, Folgeaufträge ergattern, von der Mundpropaganda profitieren. Auch wichtig: mit der Industrie in Verbindung bleiben, denn von den Herstellern kommen Problemlösungen. Und schließlich ist des einen Leid des anderen Freud. Weil Parketthersteller ihre Lager abbauen müssen, sinkt der Einkaufspreis. Parkettleger können ihren Kunden gute Preise machen. Der typische Verbraucher von Parkett, das ist die frohe Botschaft, gehört nicht zu jener Bevölkerungsschicht, deren Arbeitsplätze akut gefährdet und deren Sparquoten aufgebraucht sind.
aus
Parkett Magazin 04/09
(Handwerk)