Einzelhandelsbeispiele aus Frankfurt
Der Tisch - ein aktuelles Thema
Herford - Das Thema Tischwäsche ist modisch wesentlich interessanter als sein Ruf. Vor allem der Begriff Wäsche engt dabei etwas ein. Wirklich "wäschig" sind oft nur Servietten, die anderen Teile sind betont dekorativ. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie nicht zu pflegen wären wie eben praktische Textilien. Die traditionelle Funktion eines Tischtuches trat seit einigen Jahren beängstigend in den Hintergrund. Erst Läufer brachten wieder Schwung und Textiles auf den Tisch. Und die Lust am Essen und Kochen! TV-Sendungen um perfektes Dinieren werden zwar nicht wirklich verkaufsfördernd sein, zeigen aber, dass um das Thema Tischdekoration auch nicht männliche oder junge Hobbyköche herumkommen.
Der Tisch an sich ist zum Thema geworden - mit allem Drumherum und Obenauf. Wenn das Möbel an sich kein Paradestück zum Vorzeigen ist, wird es verwandelt - und zwar ganz individuell. Das ist der springende Punkt, der den Umgang mit Tisch und Dekoration nicht so ganz einfach macht. Eine breite Verbrauchergruppe kennt zwar sicher noch die konventionellen Vorgaben für festliches Tischdecken an Feiertagen oder bei Familienfesten - und die werden auch vom Fachhandel zufriedenstellend bedient, doch das würde nicht reichen. Der Spaßfaktor braucht Neues, Ungewohntes, eventuell auch Stilbrüche, aber dargestellt mit Gefühl für Behaglichkeit, praktischer Sachlichkeit oder auch opulentem Komfort.
Komfort und Wohlbehagen lassen sich ganz rasch herbeizaubern - durch Kissen auf Stuhl oder Bank. So einfach ist das und es hat sich bewährt. Daher muss man Tischwäsche im aktuellen Sinn um diese riesige Palette farben- und dessinträchtiger Kissen, ohne die Wohnen, egal in welchem Raum, nicht mehr vorstellbar ist, erweitern.
Läufer waren die Renner und hielten das Thema Tischwäsche am Leben, vertragen sich aber zunehmend gut mit Tischdecken. Der Begriff Tafel klingt altmodisch, ist es aber nicht, wenn man damit einfach den großen, rechteckigen Tisch meint. Der ist nämlich beliebt, vor allem aus Holz. Und damit tauchen wieder Tischtücher auf, die die Fläche betonen - nach gastfreundlichen Vorbildern aus südlichen Ländern. Oder wie sie gepflegte Gastronomie im angenehmen Rahmen bieten. Weißer Damast scheint gefragt zu sein - einfach, weil er gefällt und nicht, weil "es sich so gehört!" Jacquardbilder in eklatantem Farbspiel - zum Beispiel Traditionswäsche aus Frankreich - bringen zusätzlich Leben in das aktuelle Tischwäsche-Angebot.
Hersteller und Designer sind zeitgemäß inspiriert und bieten Entsprechendes. Der Handel ist der Vermittler zum Endverbraucher und macht das wiederum sehr hausspezifisch und nach eigenem Gutdünken. Die Nachfrage-Situation im Einzelhandel ist nicht gut, entmutigt aber nicht. Tischwäsche gehört zum Wohnen und entwickelt sich langsam zum Lifestyle-Produkt. Entsprechend abwechslungsreich und unterschiedlich ist der Rahmen, in dem sie präsentiert wird. Haustex zeigt drei Einzelhandelsbeispiele in Frankfurt-Zentrum, ganz nah beieinander an der Hauptwache, aber völlig unterschiedlich in Auswahl und Darstellung.
Betten Rid
Seit über 90 Jahren ist Betten Rid das Traditionsfachgeschäft und der Spezialist für Bett, Bad und Tisch. Vor zwanzig Jahren eröffnete das renommierte Münchner Fachgeschäft seine erste Filiale in Frankfurt-Zentrum. Anfang dieses Jahres begann der Renovierungsumbau dieses Ladens, der sich seit April 2009 vor allem im Erdgeschoss völlig neu gestaltet zeigt. Auffallend positiv, groß und übersichtlich erscheint den Kunden der Verkaufsraum, bestätigt Filialleiterin Ulrike Kögler, die von Anfang an in Frankfurt dabei war und die Entwicklung mit verfolgte - auch die Unterschiede im Kaufverhalten zwischen München und Frankfurt. Der Einkauf wird zwar von München aus gestaltet, lässt sich aber gut auf Frankfurt übertragen. Das Publikum hier ist Neuem gegenüber aufgeschlossen, ist wertbetont und gibt Geld aus, wenn es überzeugt ist. Qualität und zuverlässiger Service - das Fachhandelsprinzip wird klar befolgt und entsprechend von den Kunden honoriert.
Bei der Neugestaltung des Verkaufsraumes wurde besonders auf Übersichtlichkeit geachtet, die die Ware in den Vordergrund rückt. Vom Eingang her befindet sich rechts der Bereich für Bett- und Nachtwäsche, links ziehen Tisch- und Frottierwäsche die Aufmerksamkeit auf sich. Besonders die Anordnung der Tischwäsche, wozu die Kissen gehören und ausgewählte Wohnaccessoires zur Dekoration, ist neu. Vorne am Gang stehen gedeckte Tische, die durch farbliche Gestaltung wirken und den Blick auf Material und Muster lenken. Diese bewusste Sachlichkeit betonen die weißen Regale entlang der Wand, in die Tischdecken und Läufer eingeordnet sind, exakt beschriftet nach Produktart und Größen. Die Kunden fühlen sich frei, dürfen selbst wählen und herausnehmen, was sie gerne sehen möchten. "Damit stellt sich ohne Schwellenangst Kontakt zum Material Textil her", bestätigen die Fachverkäuferinnen, die auf Wunsch zur Stelle sind und abteilungsübergreifend beraten können. Die Kunden probieren und mixen gerne selbst, sind mutig und neugierig. "Das Auge machts!" sagen die Verkäuferinnen. Ausprobiert wird, was gefällt. Die Tischwäsche-Marke tritt in den Hintergrund. Wichtig ist gute Information und das Eingehen auf Wünsche und Bestellungen. Gerade bei Tischwäsche, wo oft mit Maßanfertigung gearbeitet wird, ist das Ausschlag gebend.
Betten Rid ist bekannt für ein immer noch breites Markensortiment. Ganz klar rückt aber das eigene Sortiment, die Rid Collection, in den Vordergrund. Damit geht das Fachgeschäft mit bewährten Qualitätsherstellern noch mehr auf Kundenwünsche ein und reagiert flexibel. Wie die Beobachtung am POS zeigte, ist die Abteilung Tischwäsche durchaus belebt. Die farbkräftigen Jacquard-Tischtücher aus Frankreich scheinen beliebt zu sein. Und die 180 cm breite Meterware, dekorativ und pflegeleicht ausgerüstet - bisher in Deutschland nicht unbedingt viel beachtet - ist gefragt. Betten Rid hat eine eigene Maßanfertigung im Hause. Eventuell wird Meterware zunehmend interessant.
Tischwäsche kann profitieren vom Lebensstil, der den Verbrauchern Ablenkung, Spaß und Behaglichkeit bedeutet. Natur, das Leben im Garten und gutes Essen sind für Ulrike Kögler Aspekte, die Tischwäsche richtig mitreißen können. Gute Präsentation spielt sicher eine Rolle dabei.
Cri-Cri Cityhaus
Dieses Geschäft ist in Frankfurt an der Hauptwache ein Begriff für Shopping-Lustige in Sachen Wohnen, Kochen und Schenken und entspricht den Vorstellungen vom Lifestyle-Haus. Es ist trendy, da immer wieder neue Bereiche dazukommen. Im Souterrain der Küchen- und Haushaltsbereich und die Buchabteilung, auf der ersten Etage Möbel, Bezugs- und Dekostoffe, Tapeten und Teppiche, und dazwischen im Erdgeschoß die abwechslungsreichsten Bereiche mit Glas/Porzellan, Wein, Gewürzen und Haustextilien. Neben der kleinen, feinen Bettwäsche- und Frottierabteilung nehmen gedeckte Tische viel Platz ein. Bei aller Lebhaftigkeit und Angebotsfülle entspricht zur Zeit die Kundennachfrage nicht den Erwartungen.
Geschäftsführerin Ilse Kofler setzt diesem Zustand kreativen Optimismus entgegen. Sie ist bodenständig realistisch, bringt aber im ganzen Haus und speziell in der Tischwäsche-Abteilung die Besucher zum Staunen und Verweilen. Inspiration pur, wenn auch nicht gleich umzusetzen. Die Stoffe verführen zum Anfassen, sind aber in erster Linie zum Betrachten dekoriert - übrigens von hauseigenen Innenarchitekten, die dabei bei Tisch- und Stuhlformen und Glas/Porzellan aus dem Vollen schöpfen können. Es wird oft der edle, romantisierende Landhausstil interpretiert, obwohl stets überraschende Tischwäsche-Neuheiten und auffallende Optiken darunter gemischt sind. Ilse Kofler ist bei den Herstellern bekannt, dass sie schnell und entschlossen entscheidet. Für sie kommen nur Naturmaterialien in Frage und entsprechend überzeugend zeigen sich internationale Markenprodukte. Immer wieder Leinen (Leitner, Libeco)), Jacquards und Damaste (Héritage von Garnier-Thiebaut, Le Jacquard Franais), Handgesticktes, ungewöhnliche Spitzenarbeiten (Weissfee), Grobgewebtes mit Feinem kombiniert (Luiz), derbes Leinen mit Baumwollspitze verziert (Arte Pura), die dekorativen Druck-Tischdecken von Beauvillé. Das Farbbild ist in aktueller Saison zurückhaltend natürlich in Weiß und Beige, unterbrochen von den eklatanten modischen Grün- und Violetttönen.
Beratung ist hier angesagt und beschränkt sich im textilen Bereich nicht nur auf Tisch- oder Bettwäsche, auch wenn die Glas/Porzellanabteilung wieder ihren eigenen Angebotsstil, nämlich modern und zweckmäßig komfortabel, hat. Natur, Garten, Balkon und Picknick spielen auch hier mit Tischdeko und Kissen mit.
OrdnungsSinn
Der Laden für Ordnung und Sinne, Wohnen und Genießen - auf jeden Fall eine ganz andere Art, Tischwäsche zu präsentieren. Textilien gehören zwar zum Sortiment, aber nur zur Ergänzung im Rahmen professioneller Küchengeräte, Gläser und originellem Tischgeschirr. Kunden gehen nicht in den Laden, um Tisch- oder Küchentextilien zu kaufen. Sie suchen einerseits funktionale Geräte für die Küche, oder spezielle Wohnaccessoires, die von Design und Anwendung her besonders sind. Läufer, Sets und Servietten werden dann mitgekauft, haben aber auch ihre eigene Note.
Ladeninhaberin Christiane Boehm-Kochanski sucht bewusst international Produkte, die "funktionieren", sich optisch absetzen vom Alltäglichen und meist Avantgarde-Design darstellen. Daher ist ihre Tisch- und Küchenwäsche nicht nur aus Textil. Das Sortiment ist klein und muss auf engem Raum wirken. Die Verarbeitung muss allerdings stimmen, es dreht sich nicht um Billigware. Dekoration ist nicht das Anliegen, sondern eher der Anspruch auf Besonderes. Läufer, Sets, Servietten von Les Toiles du Soleil, die markanten Streifen, ruhige Leinenqualitäten von Driessen, Unkompliziertes und gut Kombinierbares von Scantex, passen sich ein in den gewünschten Stil - eher sachlich und puristisch, aber dennoch beeindruckend.
aus
Haustex 06/09
(Handel)