Schadensfall aus der Praxis
Aufgewölbtes Buche-Parkett im Internet zur Schau gestellt
Über das Internet lässt sich Parkett gezielt bewerben und verkaufen. Allerdings müssen Hersteller und Händler auch damit rechnen, von unzufriedenen Kunden schlecht bewertet und kritisiert zu werden - berechtigter oder unberechtigter Weise. Der schwedische Produzent Berg & Berg mit seinem deutschen Vertriebspartner F. W. Barth und der Fachhändler H. J. Mordhorst sehen sich aktuell mit einem solchen Fall konfrontiert.
Das Internet bietet unzählige Möglichkeiten, ein Parkettprodukt zu vermarkten. Es bietet aber auch die Gelegenheit, ein angeblich fehlerhaftes Produkt zu verunglimpfen. Will ein verärgerter Verbraucher Dampf ablassen, stehen ihm viele Internet-Foren offen. Die online aufgewachsene Generation schreckt nicht davor zurück, diese Instrumente zu nutzen. Das ist Negativwerbung der digitalen Art. Solche Meldungen werden andere Kunden beeinflussen, die Finger von dem jeweiligen Produkt zu lassen. Hersteller sollten sich darauf einrichten, in Zukunft häufiger derart unverdauliche Happen serviert zu bekommen.
Aktuelles Beispiel ist ein Fall aus dem Hamburger Randgebiet. Ein Buche Schiffsboden war noch nicht einmal vollständig verlegt, da fing er an zu quellen und wölbte sich auf. Der Verbraucher wurde sauer, filmte den "Wippeffekt" und stellte das 17-Sekunden-Video im Juni bei YouTube ins Netz - samt Nennung von Hersteller und Händler. Wer nun ein ähnliches Produkt im Internet suchte, hatte gute Chancen, auf diesen Kurzfilm zu stoßen.
Was aber steckt wirklich hinter dem Schadensfall? ParkettMagazin besuchte die Baustelle und sprach mit Endverbraucher und Lieferant. Auch der Hersteller gab einen Kommentar ab.
Schiffsboden in Eigenarbeit verlegt
Im Grunde fing alles harmlos an. Ein handwerklich versierter Laie bestellte bei H. J. Mordhorst Baubiologischer Fachhandel in Hamburg einen naturgeölten, mehrschichtigen Buche-Schiffsboden (Herz) astig des schwedischen Herstellers Berg & Berg in den Maßen 2.390 x 198 x 14 mm. Diesen Boden verlegte er schwimmend in Eigenarbeit im Erdgeschoss eines zwei Jahre alten Neubaus. Peinlich genau hielt er sich an die Installations- und Pflegeanleitung von Berg & Berg: Dampfbremse aus Kunststoff und geräuschdämmende Korkbahn, ausreichender Abstand zur Wand sowie Dehnungsfugen an den Schwellen benachbarter Räume - alles wurde beachtet. Das Svedloc-Profil der Mehrschichtdielen wurde in Nut und Feder mit einem Weißleim von Kährs verklebt.
Diele, Flur und kleine Zimmer hatte der Heimwerker bereits ausgestattet und auch das große Wohnzimmer war schon über die Hälfte belegt, da kam die unliebsame Überraschung. Als der Mann an einem der nächsten Tage in die Wohnung wollte, bekam er die Eingangstür kaum mehr auf. Das Parkett hatte sich überall gewölbt. Was war die Ursache und warum hatte sich der Quelldruck nicht Richtung Dehnungsfuge entladen?
Feuchtigkeit führte zu Quelldruck
Dem frischen Parkett war es in seinem neuen Heim zu feucht geworden. Einen anderen Grund für Quelldruck gibt es nicht. Buche ist ein besonders anfälliges Holz für Feuchte und nun ärgerte sich der Verbraucher, dass er nicht ausreichend über diesen Umstand beraten wurde. Vielleicht hätte er sonst einen Eiche-Boden gewählt. Viel wichtiger aber ist die Frage, woher die Feuchtigkeit kam. Aus dem Untergund nicht, denn der Estrich hatte zwei Jahre Zeit gehabt, auszutrocknen. Außerdem war eine Dampfsperre verlegt worden. Doch der Juni ist eine warme Zeit und die Luft speichert viel Feuchtigkeit. Wenn sie nicht bewegt wird und sich weiter erwärmt, kann das Konsequenzen haben. Das war hier wohl der Fall: Bis zum Boden reichende Fenster ließen Sonnenwärme hinein, aber keine Feuchtigkeit hinaus, denn sie blieben geschlossen. Ein Vertreter des Händlers Mordhorst maß eine Luftfeuchtigkeit von 63% bei einer Zimmertemperatur von 21 C - eigentlich nicht zu viel für ein Parkett. Vermutlich jedoch hatten vor dieser Momentaufnahme schon weit höhere Luftfeuchtigkeiten in der Wohnung geherrscht.
Für Berg & Berg kam das Verhalten des Buche-Schiffbodens nicht überraschend. In einem Kommentar schrieb Ulf Palmberg Ende Juni: "Zur Zeit haben wir ein ungünstiges Klima, speziell für Buche, die zu den nervösesten Hölzern im Parkettbereich zählt. Das vorliegende Erscheinungsbild kann bei ungünstigen raumklimatischen Bedingungen in Verbindung mit dieser Holzart und der offenporigen Oberfläche zu einem Quellen der Decklamelle führen. Das Holz wird mit einer Feuchtigkeit von ca. 7,5 bis 8% hergestellt. Bei den gemessenen Werten stellt sich nach Akklimatisierung eine Holzfeuchte von ca. 10,5 bis 11% ein, das heißt die Decklamelle nimmt als hygroskopischer Werkstoff die Feuchtigkeit der Umgebung wie ein Schwamm auf und die Buche fängt stärker als der Rest an zu quellen. Daher entsteht an der Deckschicht ein Quelldruck der sich nach oben entlädt. Das kann man daran erkennen, dass die Randfugen sich nicht schließen."
Damit wäre auch erklärt, warum die Dehnungsfugen ihren Zweck nicht erfüllen konnten. Dazu noch einmal Ulf Palmberg: "Durch die besonders zugkräftige Svedloc-Verbindung der Dielen, kommen gleich größere Teilflächen hoch. Hierbei handelt es sich nicht um einen Produktfehler, sondern um ungünstige Komponenten vor Ort in Verbindung mit der Holzart und Oberfläche."
Luftentfeuchter sollten Akklimatisierung beschleunigen
"Der Boden kann ohne Bedenken weiter verlegt werden. Wir sind aus Erfahrung davon überzeugt, dass er sich nach Akklimatisierung bzw. wenn die Flächen bezogen werden wieder legt und ohne Einschränkung nutzbar ist. Um das Akklimatisieren zu beschleunigen, können Luftentfeuchter aufgestellt werden", schlug Hersteller Berg & Berg vor und wies zusätzlich darauf hin, dass man zwischenzeitlich so wenig wie möglich auf die verlegten Flächen treten solle, da unter Umständen die Leimfuge brechen könne. Wenn erst einmal Möbel darauf stehen würden, bliebe der Boden ohnehin plan, hieß es von anderer Seite.
Doch Problemlösung und Kundenzufriedenheit können zwei verschiedene Paar Schuhe sein. Wie lange braucht das Parkett, um sich zu legen? Legt es sich wirklich überall? Und wer trägt die Kosten für die Luftentfeuchtung? Das war es, was den Verbraucher umtrieb. So recht vertrauen wollte er nicht auf die Zusicherung, ein einmal akklimatisierter Boden würde bei kommenden Klimaveränderungen keine Probleme mehr bereiten.
Importeur und Händler um Kulanz bemüht
Längst hatte das YouTube-Video den Berg & Berg Importeur F. W. Barth & Co. aus Korschenbroich aufgeschreckt. Händler und Lieferant zeigten sich bestrebt, die Situation kulant zu lösen, obwohl man die Video-Attacke auf das Parkett schon "fast für Rufmord" hielt. Auf Kosten von Mordhorst waren schon Luftentfeuchter zum Einsatz gekommen, hatten allerdings - laut Wohnungsbesitzer - der Luft innerhalb eines Tages die Feuchtigkeit auf bis zu 38% entzogen. Der Kunde hatte die Geräte daraufhin abgestellt, denn in Ulf Palmbergs Brief fand sich die Warnung, die Luft nicht stark herunterzutrocknen, sodass der Boden Fugen bekommt, um dann wieder aufzufeuchten. Dieser Jo-Jo-Effekt sei schlimmer als der vorherrschende Zustand.
Immerhin hatte sich zunächst ein Großteil der Parkettfläche tatsächlich gelegt - bis auf einen Bereich im größten Zimmer, der auch vorher am stärksten gewölbt gewesen war. Nach Begutachtung dieser Schadstelle durch Vertreter von Mordhorst und Barth folgte das Angebot, die im großen Zimmer verlegte Fläche zu ersetzen und künftig vollflächig zu verkleben. Der Klebstoff wurde kostenfrei geliefert. Der Wohnungsbesitzer nahm den Klebstoff an, für den Fall, dass es "noch schlimmer kommen sollte", ließ aber die Restfläche weiter schwimmend verlegen - diesmal von einem Profi.Ohne Luftentfeuchter begann das Parkett sich jedoch wenige Tage später erneut an anderen Stellen zu wölben. Ist das der Jo-Jo-Effekt, vor dem Ulf Palmberg warnte? "Im kleinsten Zimmer hat der Boden nur an den Rändern Kontakt zum Untergrund und verhält sich, als sei ein Luftkissen darunter", meldete der Kunde. Sein Zwischenfazit: "Hätten wir mehr Zeit und das nötige Geld, würden wir das Parkett gerne wieder demontieren und eines verlegen lassen, das einfach nur plan auf dem Boden liegt."
Weil ihn die Zeit drängte, begann der Wohnungsbesitzer mit dem Umzug. Barth hatte noch angeboten, 8 qm des zuletzt beanstandeten Bodens auszutauschen und darum gebeten, das Video aus dem Internet zu nehmen. Der Kunde aber war ganz mit Möbelrücken beschäftigt. Erst nach Abschluss des Umzugs wollte er, nach eigener Aussage, dann schließlich doch mit dem Lieferanten über einen weiteren Schadensausgleich verhandeln. Das unliebsame Video stand bis Redaktionsschluss unter der Überschrift "Fertigparkett Berg & Berg Buche Herz mit Wippeffect" bei Youtube im Internet.
Letzte Meldung: Das Video bleibt - die Kulanz hat ein Ende
Wie ist der Reklamationsfall Berg & Berg schließlich ausgegangen? Kurz vor Redaktionsschluss erhielt Parkett-Magazin die Nachricht, dass es eine einvernehmliche Lösung nicht gab. Die Konfrontation zwischen Lieferant und Verbraucher bleibt bestehen.
Ende August erst reagierte der Endkunde auf das Kulanzangebot von F. W. Barth &. Co. und erwartete die Erstattung des halben Kaufpreises von rund 2.400 EUR. Dann würde er, so sein Zugeständnis, eine solche "Lösung auf dem Youtube-Video nachtragen." Diese Reaktion kam spät, denn hatte schon Wochen vorher angefragt, wie man das Problem gemeinsam meistern könne. Seine Säumigkeit begründete der Verbraucher mit dem Umzug, versuchte aber auch Druck auf den Händler auszuüben, indem er betonte, schon 140 Youtube-Benutzer hätten das Video angesehen. Ganz aus dem Internet herausnehmen wollte er das Video nur, wenn der Hersteller den kompletten Kaufpreis erstatten würde.
Das dürften beide, Händler und Hersteller, wohl als Erpressung verstanden haben. Sie zogen ihr Kulanz-Angebot mit der Begründung zurück, dass der Verbraucher es nicht zeitnah angenommen habe und man sich außerdem nicht unter Druck setzen lassen wolle. Ganz gleich, ob das Video im Netz bleibt, weder Berg & Berg noch Barth & Co. werden den Fall weiter verfolgen.
Buche - ein Problemholz?
Buche hat in den vergangenen Jahren als Parkettholz an Beliebtheit verloren. Es gilt neben Ahorn und Esche als Problemholz, das wegen seiner starken Kappilarwirkung Flüssigkeiten rasch aufsaugt und dadurch ein ziemlich starkes Quell- und Schwindverhalten zeigt. Auf Fußbodenheizung geben viele Parketthersteller ein solches Produkt gar nicht erst frei. Trotzdem ist Buche als Deckschicht von Fertigparkett ein bewährtes Holz. Durch den Aufbau mehrerer Schichten wird sein Verhalten normalerweise gebändigt. Wirken aber die Kräfte von Nutzschicht und Trägerschicht zu unterschiedlich, etwa wenn das Parkett verklebt wird, kann es auch zu Deckschichtablösungen kommen (siehe Parkett Magazin 3/2009, S. 100).
aus
Parkett Magazin 05/09
(Handwerk)