Österreichs Parkettindustrie: Krisenfester Mittelstand

Mit klugem Marketing Nachfrage gesteigert

Goldene Zeiten erlebten die österreichischen Parketthersteller nach der Jahrtausendwende. Produktionssteigerungen jenseits der 30%-Marke und Exportzuwächse in ähnlichen Größenordnungen sorgten allseits für zufriedene Gesichter. Aber der Boom hielt nicht an. Heute sind viele Firmen gezwungen, sich eine Nische im Markt zu suchen, um dem ruinösen Preiskampf zu entgehen. ParkettMagazin hat sich bei Österreichs Herstellern umgesehen.

Noch vor wenigen Jahren herrschte in der österreichischen Parkettindustrie geradezu Goldgräberstimmung: Zwischen den Jahren 2001 und 2003 stieg die Produktionsmenge von 4,2 Mio. qm auf 6,2 Mio. qm. Der Exportzuwachs betrug 27,2%. Im Folgejahr erhöhte sich die Produktion um 16,7% und 2005 kletterte die Menge nochmals um 30,9% auf schließlich 9,42 Mio. qm. So hätte es weitergehen können. Aber der Boom hielt nicht an.

Dabei sind die Österreicher selber ein Parkettvolk. Sie müssen nicht vom Holzboden überzeugt werden. Schon 2001 hatten sie mit 0,6 qm pro Einwohner den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch Europas. Obwohl diese Zahl schwankend ist, liegen sie weiterhin an der Spitze. 2007 brachten sie es gar auf 0,9 qm pro Kopf. Im gleichen Jahr allerdings begann der Rückgang bei der Parkettherstellung. Zwar stieg der inländische Verbrauch auf 7,3 Mio. qm, doch weil die traditionell benachbarten Exportmärkte schwächelten, sank die Produktion in der Alpenrepublik um 4,3% auf 8,4 Mio. qm.
In Zeiten von Absatzschwäche und Kurzarbeit sagt es wenig, dass Österreichs Anteil an der europäischen Parkettproduktion 2008 fast 9% erreicht hat. Bedeutsamer ist, dass es ausschließlich mittelständische und meist inhabergeführte Unternehmen sind, die der Krise trotzen. Sie verfügen in der Mehrzahl über ein gesundes Polster und eine geduldige Strategie. Eines können sie freilich nicht vermeiden. Produkte im Parkettmarkt sind mehr und mehr austauschbar. Der Verbraucher kann ihre Vielfalt nicht überschauen.

Wie reagieren Österreichs Parketthersteller auf diese Herausforderung? Wollen sie den Konsumenten in der Beratung mit den Vorteilen von Mehrschichtaufbauten und Wärmedurchlasswiderständen quälen? Nein, die Branche geht einen anderen Weg. "Passt es zur Einrichtung, mag ich die Farbe, spricht die Struktur mich an, wenn ich mit der Hand über die Oberfläche streiche?"- das sind Aspekte, auf die österreichisches Marketing ausgerichtet wird. Alles zielt darauf ab, Parkett zu erleben und zu genießen. Und noch ein Faktor wird nicht vergessen: die Bequemlichkeit des Menschen. Je weniger Pflegeaufwand betrieben werden muss, desto besser.

Und wo bleibt der Preis? Er darf keine Rolle spielen! Das ist der eigentliche Gedanke hinter all den Werbeanstrengungen. Mit hochwertigen Bildern, Mustern und Aufbauten soll der Verbraucher in eine Holzwelt entführt werden, die ihn den Schnäppchen-Geist vergessen lässt. Aber klappt das auch? "Versuch macht klug" lautet eine Volksweisheit und so lange es keine anderen Konzepte gibt, operieren die Marketingstrategen eben mit der Attacke auf die Emotionen des Verbrauchers. Das ist nicht nur in Österreich so. Der Zeitgeist will es, dass diese Form der Verkaufsförderung weltweit die PR-Abteilungen beherrscht.

Emotionen sind ganz ohne Frage ein entscheidender Auslöser für Kaufentscheidungen. Das haben Gehirnforscher und Psychologen in unzähligen Tests nachgewiesen. Wer ein Produkt wählt, möchte das Gefühl erhalten, das Richtige getan zu haben. Emotionen spricht aber auch das Dumping-Schild "Sale" an - nämlich jene Glücksgefühle, die ein vermeintliches Schnäppchen beschert. Nach Untersuchungen fallen rund 75% aller Verbraucher auf Discount-Schilder herein, ohne zu prüfen, ob sie tatsächlich ein günstiges Angebot erstehen.

Wie differenziert man sich?

"Die Leistungen im Wettbewerb sind zu ähnlich", überlegt Hans Hug, Verkaufsleiter beim Marktführer Weitzer Parkett. Und fragt daher: "Wie kann man seine Marke nach vorn stellen und noch besser an den Kunden bringen?" Ein altes Problem, eine immer neu gestellte Frage.

Wer ist überhaupt der Kunde? Soll das eigene Logo beim Endverbraucher bekannt gemacht werden?. Große Hersteller haben das schon versucht. Der Erfolg ist schwer messbar und umstritten. Es heißt, zu selten im Leben beschäftige sich ein Durchschnittsmensch mit Holzböden.
Dann also den Handel überzeugen? Vielleicht gelten dort ja die gleichen Gesetze, wie beim Endkonsumenten. Vielleicht nimmt auch ein Händler lieber diejenigen Sortimente auf, die seine eigenen, unbewussten Emotionen ansprechen. Schließlich wäre es folgerichtig, wenn ein Händler jene Produkte besser verkauft, die er selber gut findet, hinter denen er steht.

Heute herrscht ein Verdrängungswettbewerb. Beim Fertigparkett ist die Buche Holzart Nr. 1. Im österreichischen Baumarkt bekommt man sie für unter 14 EUR/qm. Auch im Fachhandel geht es um den Preis, aber nicht nur: Welcher Hersteller hat die besseren Argumente? Wer bietet mehr Service für den Handel? Wer kann rasch und unproblematisch liefern? Das alles sind nicht nur Emotionen, sondern harte Fakten.

Ähnlich sieht es im ganzen deutschsprachigen Raum aus. Die österreichischen Parketthersteller haben dort einen guten Ruf. Aber sie müssen sich anstrengen. Die Konkurrenz schläft nicht. Sie kommt aus Polen und über Rotterdam und andere Häfen auch aus Fernost. Qualität über den Preis zu stellen oder die richtige Nische zu treffen - das ist die Kunst in diesem umkämpften Geschäft.
aus Parkett Magazin 06/09 (Bodenbeläge)