Wilhelm Schmidt

Langzeitverhalten von Massivdielen unter dem Einfluss wechselnder raumklimatischer Einflüsse

Seit einigen Monaten hat sich der Parkett-Sachverständige Wilhelm Schmidt, Geschäftsführer der Innung Nord-Ost, in einem Langzeitversuch dem Verhalten geklebter Massivdielen zugewandt. Noch liegen keine gesicherten Ergebnisse vor, aber erste Tendenzen zeichnen sich ab. Die zeigen aber, was viele Parkettleger vermuten: Möglichst breite und möglichst dünne Massivdielen könnten bewährte Qualitäten beeinträchtigen.

Dipl. Ing. Wilhelm Schmidt aus Halle ist für Holzböden einer der anerkanntesten Fachleute Deutschlands. Seine unabhängigen Untersuchungen zu Parkett-Themen sind von einigen gefürchtet, von anderen heiß ersehnt. Schon manch klares Licht haben sie auf fragwürdige Produktaussagen und Problemfälle geworfen. Den Anlass, sich mit hochwertigem Dielenboden zu befassen, fand Schmidt im Markterfolg dieses Bodens und im Preiskampf, der einige Hersteller dazu verleitet, sich von traditionellen Regeln der Holzbearbeitung zu verabschieden und dünne, billigere Ware in den Verkehr zu bringen.

In einer selbst konstruierten Klimakammer untersucht Wilhelm Schmidt aktuell das Verformungsverhalten von Massivdielen unter wechselnden raumklimatischen Bedingungen. Mit Kieselgel und Calciumchlorid lassen sich in dieser Kammer relative Luftfeuchtigkeiten zwischen 18% und 90% realisieren. Damit setzt er seine Prüfobjekte einem Ablauf verschiedener Klimazustände aus, wie er in mehreren Jahren nach einer realen Verlegung auftreten könnte.

Die Klimakammer simuliert mehrere Jahre

Die Simulation beginnt "zum Ende des Sommers" mit der Verlegung der Massivhölzer mit einer Holzausgleichsfeuchte von 9,1%. Dann folgt in der Klimakammer ein kurzer "Restsommer", der das Holz auf 11% auffeuchtet. In einem "normalen, milden Winter" sinkt die Feuchtigkeit auf 7%. Der "nächste Sommer" ist schwül. Die Holzausgleichsfeuchte steigt auf 12%. Nun kommt ein "strenger, trockener Winter", der das Holz auf 5,5% heruntertrocknet. Abschließend bietet die Klimakammer wieder einen "normalen Sommer", der zu einer Holzausgleichsfeuchte von 10% führt.

Wie werden sich die Dielen während und nach diesem Klimastress verhalten? Wilhelm Schmidt misst regelmäßig und sammelt Tausende von Prüfdaten. 456 Verformungsmessungen und 252 Fugenmessungen sind das pro Messtag. An dieser Stelle kann ParkettMagazin keine Ergebnisse vorstellen, denn der Versuch ist noch im Gange. Erst zur Sachverständigentagung im Juni 2010 wird der Experte seine Erkenntnisse öffentlich machen.

Werfen wir daher einen näheren Blick auf die Versuchsanordnung. Mit der dünnsten 10-mm-Massivdiele, die nach der Europanorm 13629 möglich wäre, gibt Schmidt sich gar nicht erst ab. Sein Prüfmaterial stammt vom Oldenburger Parkettwerk und umfasst 18 Prüfflächen aus 9 verschiedenen Massivdielen in den drei Dicken 16, 20 und 24 mm sowie den drei Breiten von 120, 150 und 200 mm. Die Länge beträgt stets 410 mm.

Diese Prüfflächen wurden auf 36 Stück verdoppelt, weil jede Diele einmal mit einem hartplastischen 1K-PU Klebstoff und einem weichelastischen Polymerklebstoff von Stauf auf die 12 mm Multiplexplatte geklebt ist. Beide Klebstoff-Varianten lassen sich gut vergleichen, da absolut gleiche Holzfeuchte und gleiche Schnittrichtung der Dielen gegeben sind.

Stehende Jahresringe, liegende Jahresringe, eine Extralage für die Darrprobe und eine Prüfkörperkonstruktion, die gleiche Klimabelastung von beiden Seiten und damit ein gutes Stehvermögen des Prüfkörpers gewährt - Wilhelm Schmidts Untersuchung erfüllt durchaus wissenschaftliche Ansprüche. Die Oberflächen der Hölzer sind mit den Körnungen 60 und 100 geschliffen und mit einmaligem Spachtelauftrag offenporig geölt.

Erste Messergebnisse bestätigen Erwartungen

Die Branche ist auf das Resultat gespannt. Vier Fragen stehen im Mittelpunkt:
1. Wie groß sind die konkaven Verformungen (Schüsselungen) der Parkettdielen im Winter - je nach Dielenbreite und/oder Dielendicke?
2. Wie weit sind solche Verformungen reversibel und bilden sich im folgenden Sommer zurück?
3. Wie groß ist Fugenbildung auf dem Parkettdielenboden im Winter - je nach Dielenbreite und/oder Dielendicke?
4. Wie weit ist die Fugenbildung reversibel, d.h. Schließen der Fugen im folgenden Sommer?

Nach ersten Erkenntnissen sieht Wilhelm Schmidt keinen Beweis für die geäußerte Annahme, dass elastische Klebstoffe zu einer größere Verformung der Massivdielen führen als die traditionellen hartplastischen Klebstoffe. Erkennbar ist aber, dass weichelastischer Klebstoff eher eine Rückverformung des Holzes zulässt.

Die Fugen misst Schmidt mit einer Fühllehre. Hier gab es schon im November 2009 deutlichere Ergebnisse, die den Lehrsatz vom Dicken-Breiten-Verhältnis bestätigen dürften. Mit zunehmender Dielenbreite steigt die Fugenöffnung zwischen den Dielen an, bei zunehmender Dielendicke ist es umgekehrt. Überrascht zeigte sich Wilhelm Schmidt, dass anfänglich keine Unterschiede zwischen Kern- und Seitenbrettern aufgetreten sind. Er ist aber der Ansicht, das werde sich im Laufe der Untersuchung noch ändern. Der Einfluss des Klebstoffs auf die Fugenbildung scheint so, wie man es erwarten durfte: Weichelastischer Klebstoff begünstigt Fugen eher als hartplastischer Klebstoff.
aus Parkett Magazin 01/10 (Bodenbeläge)