Rechtsanwalt Martin Auerbach: Das "CE" und "Ü" des Bodenbelages
Kennzeichnung von textilen, elastischen und Laminat-Bodenbelägen
In den vergangenen zwei Jahren haben sich die baurechtlichen Anforderungen an Bodenbeläge deutlich verschärft. Nicht nur für Hersteller, sondern auch für Handel und Handwerk ist es wichtig zu wissen, welche Bedeutung diese Änderungen für sie haben und was hinter der neuen Kennzeichnungspflicht steckt, denn im Fall der Fälle kann es auch zu einer Haftung z.B. des Bodenlegers kommen.Das "CE"-Kennzeichen ziert bereits seit Jahren die Verpackungen von Verbraucherprodukten wie Toaster, Kabeltrommeln oder Leuchten. Mit der Kennzeichnungspflicht soll sichergestellt werden, dass die im Geltungsbereich der EU in den Verkehr gebrachten Produkte für die Verbraucher keine Gefahr darstellen. Produkt dürfen in der EU nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie das CE-Kennzeichen tragen. Mit dem Zeichen erklärt der Hersteller (oder bei außerhalb der EU ansässigen Herstellern auch deren Bevollmächtigte oder Importeure), dass sein in den Verkehr gebrachtes Produkt mit den Anforderungen der für die Produktgruppe jeweils geltenden EG-Richtlinien übereinstimmt und die darin festgelegten wesentlichen Anforderungen eingehalten werden.
Wichtige Änderungen seit 2007Bereits seit 1989 ist die CE-Kennzeichnung auf Grundlage der Richtlinie für Bauprodukte 89/106/EWG auch für ausgewählte Baustoffe, die für oder bei der Errichtung von Gebäuden verwendet werden, Pflicht. Seit dem 1. Januar 2007 gehören auch textile und elastische sowie Laminatbodenbeläge zu diesen ausgewählten Baustoffen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt steht fest, dass die Bauprodukterichtlinie ab dem 1. März 2010 ebenfalls Parkett- und Holzfußböden erfassen wird, so dass ab diesem Zeitpunkt auch diese Bodenbeläge mit der CE-Kennzeichnung zu versehen sind.
Die Kennzeichnungspflicht führt zunächst dazu, dass die betroffenen Bodenbeläge nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie mit dem CE-Kennzeichen versehen sind. Das wiederum setzt voraus, dass die Anforderungen der EN 14041 (für Parkett- und Holzfußböden ab dem 1. März 2010 die der EN 14342) erfüllt werden.
Die Konformität des Bodenbelages mit den Anforderungen der entsprechenden Richtlinie muss je nach Produkt und Produktklassifizierung im Rahmen einer Produktprüfung/-überwachung durch eine autorisierte Stelle, sog. Notified Body erfolgen. Dies ist zum Beispiel bei der Klassifizierung der Brandverhaltensklasse C-fl-s1 und Bfl-s1 (ehemals B1, jetzt auf zwei Klassen aufgeteilt) der Fall. Eine Prüfung des anzugebenden Gleitreibwiderstandes kann der Hersteller selbst vornehmen.
Der Nachweis der Konformität kann für jedes Produkt einzeln oder aber für eine Mehrzahl von Produkten gleichzeitig erfolgen. Hierzu werden Produkte nach bestimmten Kriterien zu Produktgruppen zusammengefasst und die Prüfungen an ausgewählten einzelnen Produkten stellvertretend für die gesamte Gruppe durchgeführt. Dies kann zur Folge haben, dass für einen bestimmten Artikel aus einer Gruppe keine Einzelprüfzeugnisse vorliegen, die Konformität des Artikels aber dennoch gegeben ist (Beispiel: Obwohl nur die Einzelprüfung einer Schlingenware erfolgt ist, besteht Konformität auch bezüglich eines zur Gruppe gehörenden Veloursartikels).
Das CE-Kennzeichen muss auf der Verpackung in Kurzform sichtbar angebracht sein, auf technischen Spezifikationen, Mustern oder in Katalogen u.ä. in ausführlicher Form.
Soweit der Bodenbelag in einem Aufenthaltsraum verlegt werden soll, bedarf es für den deutschen Markt neben der generell erforderlichen CE-Kennzeichnung noch einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung des Bodenbelages. Wenngleich es noch keine verbindliche Definition für den Begriff Aufenthaltsraum im Sinne der Bauregelliste gibt, dürfte darunter jeder Raum zu verstehen sein, der dem auch nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen dient; unabhängig davon, ob er privat oder gewerblich genutzt wird.
Die Zulassungspflicht für textile und elastische sowie Laminatbodenbeläge ergibt sich aus der jeweiligen Landesbauordnung (zum Beispiel BauO NRW) in Verbindung mit der vom Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin (DIBt) herausgegebenen Bauregelliste (Bauregelliste B Teil 1, lfd. Nr. 1.18.1)
Wesentliche Voraussetzungen für eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung sind, dass die Bodenbeläge keine Schadstoffe enthalten und keine gesundheitsgefährdenden Komponenten freisetzen. Wie auch bei der CE-Kennzeichnung ist Leitgedanke der bauaufsichtlichen Zulassung der Schutz der Nutzer.
Nach der Zulassungsprüfung müssen die Bodenbeläge auch nach Markteinführung weiterhin durch die Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle in regelmäßigen Abständen auf die Einhaltung der Anforderungen überprüft werden. Dies wiederum wird dadurch sichergestellt, dass der Hersteller des Bodenbelages mit solchen Organisationen einen Überwachungsvertrag schließen muss.
Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, erhält der Hersteller die Berechtigung, das "Ü"-Zeichen an dem Produkt, der Verpackung oder einem Begleitdokument anzubringen. Neben der individuellen Nummer der bauaufsichtlichen Zulassung weist es auch den Hersteller und den Herstellungsort sowie die Bezeichnung der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle aus.
Zivilrechtliche KonsequenzenSoweit bei Bodenbelägen mit Kennzeichnungspflicht "CE" nach EN 14041 (textile, elastische und Laminatbodenbeläge) oder "Ü" bei Verwendung in Deutschland in Aufenthaltsräumen die Kennzeichnung oder/und die Konformität fehlen, darf nach aktuellem Stand der Diskussionen in den betroffenen Fachkreisen dieses Produkt nicht in den Verkehr gebracht werden. Dies wiederum bedeutet, dass der jeweils gelieferte Bodenbelag spätestens dann mit einem Mangel behaftet ist, wenn er an den Letztverwender übergeben wird, was wiederum mit den entsprechenden zivilrechtlichen Haftungsfolgen verbunden ist. Von Bedeutung kann das Fehlen der Kennzeichnung aber auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt sein.
Ist ein Bodenbelag zwar ordnungsgemäß gekennzeichnet, erfüllt er jedoch nicht die entsprechenden Anforderungen, dürfte dies in erster Linie für den Hersteller problematisch sein, soweit es sich bei der beanstandeten Ware nicht um einen Ausreißer handelt, bei dem es trotz entsprechender Sicherungsmaßnahmen zu spezifischen Abweichungen gekommen ist.
Fehlt hingegen die CE- bzw. die Ü-Kennzeichnung im Zeitpunkt des Inverkehrbringens, was ja ohne weiteres überprüfbar ist, können auch Groß- und Einzelhändler sowie Bodenleger in den Haftungsfokus geraten.
Ordnungsrechtliche KonsequenzenIn dem Fall, dass ein zu kennzeichnendes Produkt ohne Kennzeichnung in den Verkehr gebracht wurde, kann im Wege einer aufsichtsbehördlichen Verfügung angeordnet werden, dass das Produkt aus dem Markt genommen wird. Ebenso kann der Verstoß gegen die jeweilige Landesbauordnung unter bestimmten Voraussetzungen mit einem Bußgeld geahndet werden.
Strafrechtliche KonsequenzenMöglich ist auch die Erfüllung von Straftatbeständen, wenn zum Beispiel ein Bodenbelag in ein Objekt geliefert wird, in dem es später zu einem Brand kommt, bei dem Personen zu Schaden kommen. Ergeben anschließend brandermittlungstechnische Untersuchungen, dass der Bodenbelag die rasche Ausbreitung des Feuers begünstigt hat und erfüllt der Bodenbelag aufgrund fahrlässigen Verhaltens nicht die Anforderungen der Richtlinie in Bezug auf die Brandverhaltensklasse, sind ggf. die Straftatbestände der fahrlässigen Körperverletzung bzw. fahrlässigen Tötung erfüllt.
Zusammenfassung
Welche Bodenbeläge werden von der Kennzeichnungspflicht erfasst? CE: Textile und elastische sowie Laminatbodenbeläge nach EN 14041, Parkett- und Holzfußböden nach EN 14342 (ab 1. März 2010)
Ü: Alle vorgenannten Bodenbeläge bei Verwendung in Deutschland in Aufenthaltsräumen.
Macht es einen Unterschied, ob der betroffene Bodenbelag in ein privat oder gewerblich genutztes Objekt geliefert wird? Nein, "CE" und "Ü" gelten unabhängig von der Nutzung.
Das CE-Kennzeichen muss auf der Verpackung (Kurzform) und auf technischen Spezifikationen, Mustern oder Katalogen u.ä. (Langform) angebracht sein. Das Ü-Kennzeichen muss an dem Produkt, der Verpackung oder einem Begleitdokument angebracht sein.
Welche Folgen kann eine fehlende Konformität haben?Zivilrechtlich kann der Bodenbelag mangelhaft sein. Öffentlich-rechtlich kann eine Bauordnungswidrigkeit gegeben sein. Soweit die fehlende Konformität für den Eintritt von Personenschäden mitursächlich ist (ein hinsichtlich der Brandverhaltensklasse nicht konformer Bodenbelag hat zur Ausbreitung eines Brandes beigetragen), können auch Straftatbestände verwirklicht werden.
Woher können Handel und Handwerk die Informationen über die Konformität von Produkten erhalten? a) Über die Kennzeichnung der Ware, der Verpackung oder der Begleitdokumente,
b) Anfrage beim Lieferanten
c) Nachfrage bei der im Kennzeichen genannten Prüf- und Zertifizierungsstelle.
Wegen der hohen Komplexität des Themas beschränkt sich der Artikel auf die wesentlichen Aspekte der Kennzeichnungspflicht im Bodenbelagsbereich. Der Artikel erhebt folglich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Weitere Details zur CE- und Ü-Kennzeichnung unter www.tfi-online.de
aus
Parkett Magazin 01/10
(Bodenbeläge)