Kaschmir-Seidenteppiche
Vorsicht vor minderwertigen Qualitäten
Dank der klassischen Muster und den dezenten Farben, die ständig an den aktuellen Geschmack angepasst werden, lassen sich Kaschmir-Seidenteppiche seit vielen Jahren gut verkaufen. Der Ruf dieser Provenienz ist gut und auch die Preisgestaltung ist moderat. Doch die vielen verschiedenen Qualitätseinstufungen, verwendeten Materialien und unterschiedlichen Knüpfarten sorgen nicht nur bei Kunden, sondern auch bei Verkäufern für Verwirrung. Welche Qualitätsmerkmale es gibt und wie Reklamationen reduziert werden, lesen Sie auf den folgenden Seiten.
Der Preisdruck im Handel fordert auch bei Seidenteppichen seine Opfer: Bei der Qualität der verwendeten Materialien in Kaschmir-Teppichen wird gern gespart. Zudem wird das Flor-Material häufig falsch bezeichnet und durch die Langri-Knüpfung kann der Materialanteil im Flor um die Hälfte reduziert werden - worunter die Haltbarkeit stark leidet.
Eine Frage der EinstellungGrundsätzlich wird die Qualität durch die Knüpfeinstellung bestimmt. Sie wird in Knoten pro Zoll in Kett- und Schussrichtung angegeben. So hat ein Teppich mit der Knüpfeinstellung 16/16 16 Knoten pro Zoll in Schussrichtung und 16 Knoten pro Zoll in Kettrichtung. Am gängigsten sind Qualitäten in 16/16 und 18/18, die Skala geht bis zu extrem feinen (und teuren) 50/50-Knüpfungen und höher. Bei einer Einstellung von 16/16 wird als Flor meist merzerisierte Baumwolle als günstiger Seidenersatz verwendet, bei 18/18 meist Seide, als Grundgewebe kommt bei beiden Baumwolle zum Einsatz. Ab einer Einstellung von 22/22 besteht meist auch das Grundgewebe aus Seide.
Kunstseide vs. merzerisierte BaumwolleBei der Einstiegsqualität 16/16, die sich sehr gut verkauft, fängt jedoch das Dilemma an: Die verwendete merzerisierte Baumwolle glänzt zwar seidig, doch der Baumwollflor verfilzt relativ schnell, schmutzt daher leichter ein, wird unansehnlich - diese Kombination führt letztlich zum Brechen der kurzstapeligen Faser, kahle Stellen entstehen. Auch wenn der Teppich nur wenig belastet wird, können bereits nach ein bis zwei Jahren starke Abnutzungserscheinungen auftreten. Die Reklamationsquote ist entsprechend hoch, der Kunde verärgert.
Generell sollte darauf geachtet werden, dass im Verkaufsgespräch auf diesen Umstand hingewiesen wird - sofern eine langwierige Kundenbeziehung angestrebt wird. Ein Hinweis darauf, dass Kaschmir-Teppiche nicht in strapazierten Bereichen eingesetzt werden sollten, so wie eine dazu verkaufte Teppich-Unterlage verhindern ebenso Unmut und schnelle Abnutzung
Entgegen weitläufiger Meinung wird für den Flor von Kaschmir-Teppichen nur selten Viskose verwendet. Das als "Kunstseide" bekannte Material müsste von den im indischen Teil Kaschmirs ansässigen Knüpfern importiert werden und ist somit schlicht zu teuer. Baumwolle hingegen wird vor Ort beziehungsweise in Pakistan und somit in günstiger Reichweite produziert. Viskose und merzerisierte Baumwolle verlieren über die Jahre beide an Glanz, merzerisierte Baumwolle jedoch etwas schneller.
Doubleknot = doppelte Qualität?Doch nicht nur das Material entscheidet über Qualität und Lebensdauer eines Kaschmir-Teppichs, sondern auch die Knüpfart: Weit verbreitet ist Doubleknot-Ware, die aufgrund der Namensgebung nur auf den ersten Blick doppelte Qualität gegenüber Singleknot-Knüpfungen verspricht. In Wirklichkeit erweist sich diese Schlussfolgerung als falsch, denn beim Doubleknot werden pro Knotenbogen zwei Kettfäden, umfasst wodurch nicht nur Zeit, sondern auch die Hälfte des Flormaterials eingespart wird. Der Flor wird dünner und weniger strapazierfähig, es kommt schnell zu Abnutzungserscheinungen. Bekannt ist Doubleknot auch als Djufti beziehungsweise Langri. Bei Singleknot-Knüpfung hingegen wird ein normaler Knoten geknüpft und nicht am Material gespart. Zur Verdeutlichung: Bei einer 18/18-Singleknot-Knüpfung wird doppelt so viel Flormaterial eingesetzt wie bei einer Doubleknot-Knüpfung.
Derzeit wird am Markt der Kampf um Kunden (meist) nur über den Preis entschieden. Der Handel gibt diesen Preisdruck an die Importeure weiter und die wiederum drücken die Preise bei den Knüpfmanufakturen. Unter diesem Gefüge und den daraus resultierenden hohen Reklamationsquoten leiden letztlich Qualität und der gute Ruf der Provenienz.
aus
Carpet Magazin 04/09
(Teppiche)