Kleiner Fehler - Großer Schaden

Risiko Wasserschaden: Nur CM-Messung ist verlässlich

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um erhöhte Feuchtigkeit in einem Estrich nach einem Wasserschaden.

In einem vierstöckigen Mehrfamilienhaus in Norddeutschland mit 16 Wohnungen wurden die Fußbodenkonstruktionen nach einem Dachstuhlbrand durch umfangreiche Löschmaßnahmen durchfeuchtet. Das Löschwasser stand im Keller bis zu 60 cm hoch. Im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen mussten die vorhandenen PVC- und Linoleumbeläge entfernt werden. Um die Feuchtigkeit zu beseitigen, stellte man Kondensationstrockner auf. Die schwimmende Estrichkonstruktion versuchte man mit einer Adsorptionstrocknung, d.h. mit Wasser bindenden Substanzen, die im Raum aufgestellt werden, zu "retten'. Etwa 30 bis 40 Tage dauerten die Trocknungsmaßnahmen, bevor der Ausführende dem Architekten mitteilte, dass die Estrichkonstruktion trocken und belegereif sei.

Der Architekt erhielt Messprotokolle mit Prozentangaben, die mit einem elektrischen Feuchtigkeitsmessgerät gemessen wurden: Danach lag der Feuchtegehalt des Estrichs zwischen 1,5 und 1,8 % und wäre demnach belegreif gewesen. Der Bodenleger säuberte die Estrichoberflächen und führte in jeder Etage, d.h. bei den 16 Wohnungen in vier Wohnungen jeweils eine CM-Feuchtigkeitsmessung durch. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Estrichkonstruktion bei Feuchtigkeitsgehalten von < 2 CM-% belegreif vorlag. In den übrigen Wohnungen führte er lediglich elektrische Feuchtigkeitsmessungen durch. Er ermittelte Feuchtigkeitsgehalte von < 2 %, so dass er diese ebenfalls als belegreif einstufte.

Zwei bis drei Monate nach der Neuverlegung der Bodenbeläge kam es in neun Wohnungen zu Beulen und Blasen im PVC-Belag. Der Sachverständige erhielt daraufhin den Auftrag einer gutachterlichen Überprüfung des Falles.

Schaden: Belagablösungen im gesamten Gebäude

Der Sachverständige stellte fest, dass es in allen Wohnungen - unabhängig von der Art der Feuchtigkeitsmessung - zu Belagsablösungen gekommen war. Zum Teil waren es quadratmetergroße Schäden, vielfach kleinflächige Beulen und Blasen. Der Sachverständige benutzte ein "Suchgerät", das Hohlstellen, Belagablösungen und ungenügenden Haftverbund des Belages zum Untergrund aufzeigt. Neben den optisch erkennbaren Beulen und Blasen gab es nahezu in allen Wohnungen Teilflächenbereiche mit einem ungenügenden Haftverbund der Bodenbeläge zum Untergrund.

Bei den Prüfungen vor Ort setzte der Sachverständige verschiedene Messgeräte ein, um eine erhöhte Feuchtigkeit der Flächen nachzuweisen: Zunächst kam ein Messgerät mit einer Kugelsonde zum Einsatz. Dieses Gerät dient ausschließlich für orientierende Messungen von oberflächennaher Feuchtigkeit bis zu einer Tiefe von ungefähr 2 cm, die Angabe erfolgt in der Einheit "Digits'. Zusätzliche CM-Feuchtigkeitsmessungen ergaben eine erhöhte Feuchtigkeit von bis zu 3,5 CM-% - und das in Bereichen mit und ohne Schäden.

Gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmungen an Estrichproben aus allen Schichten in den Wohnungen mit Schäden ergaben insbesondere in der oberen Estrichzone erhöhte Feuchtigkeitsgehalte bis 6 Gew.-%. Aber auch Proben über den Gesamtquerschnitt zeigten erhöhte Feuchtigkeitsgehalte des Estrichs im Bereich von 4 bis 5 Gew.-%.

Dass im Bauvorhaben die erhöhte Feuchtigkeit als Schadensursache anzusehen war, bestätigte sich auch bei der Überprüfung der Beläge: Sie ließen sich ohne großen Kraftaufwand vom Untergrund ablösen. Der eingesetzte Kunstharzkleber, der auf einer neuen zementären Spachtelmasse aufgebracht worden war, war weich, teilweise "verseift' und zerstört.

In sechs der neun Wohnungen, in denen die Belagablösungen bereits Unfallgefahren darstellten, erfolgte eine vollständige Erneuerung der Fußbodenkonstruktion inklusive des Estrichs. In den übrigen Wohnungen wollte der Bauherr Sanierungsmaßnahmen erst durchführen, falls die Schäden größer werden sollten. Auch dort hatte der Sachverständige auf die erhöhte Feuchtigkeit ausdrücklich hingewiesen.


Ursache: Nicht dem Stand der Technik entsprechende Feuchtigkeitsmessungen

Der Lohnunternehmer hatte den Auftrag, die Fußbodenkonstruktion zu trocknen. Bedenkenanmeldungen oder Hinweise, dass in Verbindung mit diesen Maßnahmen nicht alle Konstruktionsschichten ausreichend getrocknet wurden, gab es nicht. Es ist unverständlich, dass nicht die bei Fußböden dem Stand der Technik entsprechenden CM-Messung durchgeführt wurde. CM-Messungen sind bezogen auf das Gewerk "Fußboden" allgemein bekannt und müssen auch von Trocknungsunternehmen angewandt werden.

Die meisten Hersteller von elektrischen Feuchtigkeitsmessgeräten (bis auf wenige Ausnahmen) führen in ihrer Gerätebeschreibung aus, dass diese Geräte in erster Linie für Vorprüfungen einzusetzen sind. Sie zeigen nur die an der Oberfläche vorhandene Feuchtigkeit an. Da dem Trocknungsunternehmer aufgrund seiner zahlreichen Bohrungen für die Trocknung auch bekannt war, dass die zementäre Estrichkonstruktion im Mittel 55 mm, teilweise sogar bis 60 mm dick war, musste er erkennen, dass das elektrische Feuchtigkeitsmessgerät nicht den Feuchtigkeitsgehalt bis zur unteren Estrichzone ermitteln konnte.

Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Feuchtigkeitsmessungen nicht verantwortungsvoll und auch nicht sorgfältig durchgeführt wurden. Sie entsprachen nicht den geltenden Normen und Richtlinien.

Auch der Bodenleger war entsprechend der DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten" verpflichtet, den Untergrund hinsichtlich Restfeuchte zu überprüfen und sach- und fachgerechte Feuchtigkeitsmessungen durchzuführen. Die Messungen werden in der DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten" und den dazugehörenden Normen in der Form beschrieben, dass sie mit einem "üblichen CM-Gerät" durchzuführen sind.

Die ausdrückliche Benennung des CM-Geräts in der DIN 18365 bedeutet nicht, dass es verboten ist, andere Messgeräte zu benutzen. Allerdings werden in der Norm nur das CM-Gerät und CM-Feuchtigkeitsgehalte als Grenzwerte genannt. Dies ist ein Indiz dafür, dass die CM-Feuchtigkeitsmessungen eine dem Stand der Technik entsprechende Feuchtigkeitsbestimmung darstellen. Die Feuchtigkeitsmessungen mit einem CM-Gerät sind außerdem in gemeinsamen Erklärungen des Bundesverbands Estrich und Belag sowie des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik als verlässliche Feuchtigkeitsprüfungsmethode angegeben.

Da in den Kommentierungen zu den Normen auch noch ausgeführt wird, in welchem Ausmaß und in welcher Anzahl CM-Feuchtigkeitsmessungen (z.B. je 100 m eine Messung) erforderlich sind, bestätigt dies zusätzlich die Verpflichtung des Bodenlegers.

Der Bodenleger hat im Bauvorhaben einige CM-Messungen durchgeführt, jedoch eindeutig in einer zu geringen Anzahl (nur in 4 der 16 Wohnungen). Die durchgeführten elektrischen Feuchtigkeitsmessungen sind nicht geeignet gewesen, das im Estrich vorhandene Feuchtigkeitspotential verlässlich zu ermitteln. Es wäre erforderlich gewesen, nach entsprechender Vorprüfung mit elektrischen Feuchtigkeitsmessgeräten in jeder Wohnung mindestens eine bzw. wegen des starken Wasserschadens eventuell auch in jeder Wohnung zwei oder auch mehr Feuchtigkeitsmessungen durchzuführen.


Verantwortlichkeit: Prüfungspflichten verletzt

Der Trocknungsunternehmer und auch der Bodenleger haben ihren Prüfungspflichten nicht ausreichend genügt. Der Bauherr durfte sich darauf verlassen, dass die Estrichkonstruktion nach Durchführung der aufwendigen Trocknungsmaßnahmen auch ausreichend trocken war. Dies war aber leider nicht der Fall. Der Trocknungsunternehmer trägt hauptursächlich die technische Verantwortung für die nicht ausreichend getrocknete Fußbodenkonstruktion.

Ein Teil der Verantwortlichkeit der entstandenen Fußbodenschäden ist jedoch auch vom Bodenleger zu vertreten. Er hat nachweislich keine aussagekräftigen Feuchtigkeitsprüfungen durchgeführt. Die Anzahl der durchgeführten CM-Messungen war ungenügend, in Teilflächenbereichen führte der Bodenleger gar keine CM-Feuchtigkeitsmessungen durch.

Als Fazit dieses Schadensfalles ist klar zu erkennen, dass durch elektrische Feuchtigkeitsmessungen, und zwar selbst mit noch so teuren Geräten, keine verlässliche Feuchtigkeitsprüfung eines mineralischen Untergrundes möglich ist. Jedem Bodenleger ist anzuraten, in gewohnter Weise eine sach- und fachgerechte CM-Feuchtigkeitsmessung in ausreichender Anzahl durchzuführen.



Der Autor

Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.

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aus FussbodenTechnik 01/10 (Handwerk)