Leser fragen - Hanfland antwortet
Muss das Entfernen überstehender Randdämmstreifen gesondert bezahlt werden?
Bauleiter Mike Hütter von der Firma Fußbodentechnik Kalthoff GmbH aus Recklinghausen schildert folgenden Sachverhalt:
Der Bauherr schreibt das Einbringen von 500 m Zementestrich aus. Zum Auftragsumfang gehört auch das Anbringen der Randdämmstreifen. Nach der Durchführung der Estricharbeiten und der nachfolgenden Bodenbelagsarbeiten fordert der Bauherr den Auftragnehmer auf, den verbliebenen Randdämmstreifen zu entfernen.
Frage: Hat der Auftragnehmer für das Entfernen des überstehenden Randdämmstreifens einen Vergütungsanspruch und wie hoch ist dieser gegebenenfalls?
1. Für die Frage, ob ein besonderer Vergütungsanspruch für das Abschneiden der Randdämmstreifen besteht, ist zunächst der geschlossene Werkvertrag zu Rate zu ziehen. Soweit sich hierin keine expliziten Regelungen befinden, was vorliegend der Fall sein dürfte, ist auf die allgemeinen, gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen. Es stellt sich damit die Frage, ob das Abschneiden des Randdämmstreifens eine so genannte Nebenleistung darstellt, die vergütungsfrei zu erbringen ist, oder aber ob es sich um eine zusätzlich zu vergütende besondere Leistung handelt. Maßstab ist insoweit die VOB/C DIN 18353 "Estricharbeiten". Unter dem Titel 4 werden in der vorgenannten Norm die Neben- und besonderen Leistungen aufgeführt. Die Literatur ging früher davon aus, dass das Abschneiden von Randdämmstreifen zumindest dann keine vergütungspflichtige besondere Leistung sei, wenn die Arbeiten in einem Arbeitsgang direkt an den Anschluss der Estrichlegearbeiten auszuführen waren (vgl. VOB/C Kommentar, Fliesen- und Plattenarbeiten, Estricharbeiten, herausgegeben von Abert/Erning/Glauner/Voos).
Mit der Neufassung der VOB/C DIN 18353 im Jahre 2006 ist nunmehr unter der dortigen Ziff. 4.2.20 ausdrücklich geregelt, dass das Entfernen des Überstandes von Randdämmstreifen nach Verlegung der Bodenbeläge eine besondere Leistung darstellt. Damit besteht im vorliegenden Fall grundsätzlich ein Vergütungsanspruch.
Dieser Vergütungsanspruch setzt jedoch voraus, dass der Auftragnehmer nach § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B den Anspruch auf besondere Vergütung gegenüber dem Auftraggeber ankündigt, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.
2. Die Höhe des Vergütungsanspruchs richtet sich nach § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B, in dem ausgeführt ist: "Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung."
Der Auftragnehmer muss sich daher, soweit nicht vor Durchführung der Arbeiten mit dem Auftraggeber eine Vereinbarung über die Vergütung getroffen worden ist, die Mühe machen, den Einheitspreis für das Abschneiden der Randdämmstreifen auf der Basis seiner Urkalkulation zu ermitteln. Dabei ist zwangsläufig die Urkalkulation im Hinblick auf die Preisermittlungsgrundlagen offen zu legen und auf deren Basis eine Kalkulation für die zusätzliche Leistung zu erstellen.
Um späteren Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich, grundsätzlich vor Durchführung von zusätzlichen Arbeiten eine Vereinbarung mit dem Auftraggeber über die Vergütung zu treffen. Eine zwingende Voraussetzung einer Preisfindung vor der Durchführung von zusätzlichen Arbeiten besteht jedoch nicht. In § 2 Nr. 6 Abs. 2 Satz 2 VOB/B wird insoweit lediglich ausgeführt, dass die Höhe der Vergütung möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren ist.
3. Für den vorliegenden Fall kann somit im Ergebnis festgehalten werden, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Vergütung für das Abschneiden der Randdämmstreifen besteht, soweit die Arbeiten vor Durchführung angekündigt wurden. Für den Bereich der Bodenbelagsarbeiten sieht die VOB/C DIN 18365 unter der dortigen Ziff. 4.2.12 eine identischen Regelung im Hinblick auf die Vergütung des Abschneidens von Randdämmstreifen nach der Verlegung der Bodenbeläge als besondere Leistung vor. Die Höhe des Vergütungsanspruchs muss der Auftragnehmer bei fehlender, expliziten Vereinbarung auf Basis seiner Urkalkulation nachkalkulieren. In der Praxis hat sich in vielen Fällen zwischenzeitlich entsprechende Kalkulations-Software bewährt, mit der nicht nur bei Angebotsabgabe eine detaillierte Kalkulation durchgeführt werden kann, sondern auch im Falle von Nachtragsleistungen per "Knopfdruck" ein neuer Einheitspreis für zusätzliche Leistungen errechnet werden kann.
Der Autor
Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.
Rechtsanwälte Hanfland & Partner
Helmut-Kumpf-Straße 5
57368 Lennestadt
Tel.: 02723/60008
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FussbodenTechnik 01/10
(Recht)