Kleiner Fehler - Großer Schaden

Parkett auf Trockenestrich - falsche Dimensionierung sorgt für "Wipp-Effekt"

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine aufgewölbte Trockenestrichkonstruktion.

Bei einem Hotelneubau im Schwarzwald entschied sich der Planer aus Zeitgründen, anstelle eines schwimmenden mineralischen Estrichs eine Fertigteilestrichkonstruktion einzubauen. Der Fertigteilestrich bestand aus 23 mm dicken Gipsfaserplatten, die im Stufenfalzbereich verleimt, geschraubt und auf einer Dämmschicht (Hartschaumplatten) verlegt wurden.

Ebenfalls auf Grundlage der planerischen Vorgaben wurden unmittelbar auf der Oberfläche des Fertigteilestrichs 18 mm dicke, 23 mm breite und 160 mm lange Eiche-Breitlamellen geklebt, geschliffen und mit einem Wasserlack versiegelt. Obwohl die Klebung des Eiche-Parketts mit einem elastischen Klebesystem (hartelastisch) durchgeführt wurde, gab es beim Bezug des Gebäudes bis zu 30 mm hohe Aufwölbungen der Fußbodenkonstruktion. Beim Einzug wurden außerdem Pumpbewegungen und Nachgiebigkeiten beim Belasten festgestellt. Der Sachverständige erhielt daraufhin den Auftrag einer gutachterlichen Überprüfung.


Schaden: Deutliche Verwölbungen der Fußbodenkonstruktion

Zum Zeitpunkt der gutachterlichen Überprüfung waren in dem fünfgeschossigen Bauvorhaben im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss das Parkett fertig gestellt und die Räume bereits vollständig möbliert. In den weiteren Geschossen darüber waren das Parkett und der Trockenestrich teilweise verlegt, geschliffen und versiegelt. Im letzten Geschoss waren die Fertigteilestricharbeiten noch im Gange.

Mehrfach in allen Geschossen durchgeführte Messungen der raumklimatischen Bedingungen ergaben für die Sommermonate als üblich zu bezeichnende relative Luftfeuchtigkeiten im Bereich von 60 bis 65 %. Elektrische Holzfeuchtemessungen und gravimetrische Feuchtigkeitsmessungen (Darr-Prüfungen) an entnommenen Eiche-Breitlamellen ergaben "normale" Holzfeuchtegehalte von 10,5 bis 11 %.

Egal, ob das Parkett bereits versiegelt oder noch unversiegelt war - in einer Vielzahl der Räume gab es deutliche Aufwölbungen der Fußbodenkonstruktion. Beim Begehen stellte man ein regelrechtes Schwingen und Pumpen der Gesamtfläche fest. Dies war ein Hinweis, dass sich das Parkett einschließlich der Lastverteilungsschicht des Fertigteilestrichs bereits verformt hatte.

Bei der Überprüfung der Parkettfläche mit einem Richtscheit wurden die konvexen Aufwölbungen überwiegend in Höhen von 15 bis 20 mm, maximal bis zu 30 mm festgestellt.

Im Gegensatz dazu war an den Randfugen nichts zu bemängeln: Sowohl im Fertigteilestrich als auch im Parkett gab es wandangrenzend jeweils funktionstüchtige Randfugen, die überwiegend zwischen 8 und 15 mm breit waren. Ein direktes, hartes Anstehen der Fertigteilestrichkonstruktion an Wänden und auch an Türzargen wurde im Rahmen der Prüfmaßnahmen nicht festgestellt.

Die repräsentativ durchgeführten Öffnungen der Fußbodenkonstruktion brachten eine Polyethylenfolie zu Tage, die richtigerweise auf der neuen Betondecke angeordnet war. Sie war fachgerecht in den Wandbereichen wannenartig vor dem dort vorhandenen 10mm dicken Polyethylenrandstreifen hochgezogen. Darüber lagen 30mm dicke, druckfeste Polystyrolhartschaumdämmplatten, die für Fertigteilestrichkonstruktionen geeignet sind.

Eine 23 mm dicke Gipsfaserlastverteilungsschicht war im Rahmen dieser genaueren Prüfmaßnahmen bei Querschnittsbetrachtungen im Bereich des Stufenfalzes ordnungsgemäß verleimt worden. Sowohl die waagerechten als auch die senkrechten Schnittflächen des Stufenfalzes wiesen in blauer Farbe das passende Klebesystem auf.

Die an Proben des verlegten Fertigteilestriches durchgeführten gravimetrischen Feuchtigkeitsbestimmungen ergaben mit 0,5 bis 0,6 %keine erhöhten Feuchtigkeiten. Auch an unverlegten Gipsfaserplatten durchgeführte Feuchtigkeitsbestimmungen lagen bei Werten von 0,5 und 0,7 Gew.-%.

Feuchtigkeitsmessungen an unverlegten Breitlamellen ergaben normative Holzfeuchtegehalte zwischen 9,0 und 9,3 %. Insgesamt waren im Rahmen der Prüfmaßnahmen keine als unüblich zu bezeichnenden Feuchtigkeitszunahmen sowohl der Gipsfaserplatten als auch des Parketts festzustellen.

Ursache: Ungenügend biegesteife Fertigteilestrichschicht

Bezüglich der Schadensursache wurde vom Sachverständigen zunächst einmal festgestellt, dass es im Bauvorhaben zu Verformungen des Parketts und der Fertigteilestrichkonstruktion kam. Die Feuchtigkeitszunahme des Parketts war gering, und es gab keine negativen Feuchtigkeitseinflüsse von oben oder auch von unten aus der Konstruktion.

Der Einbau der Gesamtfußbodenkonstruktion entsprach zwar den planerseitigen Vorgaben, nach Überzeugung des Sachverständigen jedoch nicht dem Stand der Technik. Die unterhalb des Parketts schwimmend verlegte, 23mm dicke Lastverteilungsschicht war im Vergleich zu den verlegten 18 mm dicken Eiche-Breitlamellen hinsichtlich derDicke unterdimensioniert.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass es zurzeit keine verbindlichen Angaben in gültigen Normen und Richtlinien hinsichtlich der Dicke einer Fertigteilestrichkonstruktion gibt. Er argumentiert allerdings, dass in der Kommentierung der DIN 18356 "Parkettarbeiten" z.B. bei Spanplattenböden ausgeführt ist, dass diese bei Mosaikparkett (8 mm dick) 25 mm dick und bei Verlegung von 22 mm dicken Parkettstäben zweilagig miteinander verklebt (2 x 16 mm), also insgesamt 32 mm dick sein sollten.

Im zum Zeitpunkt der Verlegung gültigen BEB-Merkblatt "Fertigteilestriche auf Calciumsulfat- und Zementbasis" ist ausgeführt, dass "je nach Parkettart eine größere Dicke des Fertigteilestrichs" erforderlich werden kann, jedoch grundsätzlich eine Abstimmung mit dem Systemgeber zu erfolgen hat.

Zudem hat der Sachverständige auf eigene Versuche hinsichtlich der Durchbiegung und Biegesteifigkeit von Fertigteilestrichkonstruktionen hingewiesen, deren Ergebnisse bei der BEB-Sachverständigentagung in Schweinfurt 2008 vorgetragen wurden. Danach ist bei Parkettdicken ab 10mm eine zweilagige Ausführung anzuraten. Die Dicke der Fertigteilestrichkonstruktion hat sich an den Abmessungen des Parketts zu orientieren: Das Dickenverhältnis Fertigteilestrich zu Parkett ist 2:1 zu wählen.

Im Bauvorhaben haben sich diese Aussagen eindrucksvoll bestätigt: In Verbindung mit geringer Feuchtigkeitszunahme des Parketts von 1 bis 2 %, was im jahreszeitlichen Ablauf durchaus üblich und grundsätzlich sowohl vom Parkett als auch vom Fertigteilestrich schadensfrei zu kompensieren ist, kam es bereits zu Verformungen. Die Lastverteilungsschicht verbog sich, da das Verhältnis der Gipsfaserfertigteilestrichkonstruktion nur 1,3:1 betrug.

Die 18 mm dicken und 23 mm breiten Eiche-Breitlamellen haben die 23 mm dicke einlagige Lastverteilungsschicht durch Volumenvergrößerungen vollständig verbogen. Das verarbeitete elastische Klebesystem konnte dieses Verformungsbestreben nicht kompensieren.

Verantwortlichkeit: Planerische Fehlleistungen

Nach Überzeugung des Sachverständigen hätte der Architekt bei der Planung der Fußbodenkonstruktion vorab eine Abstimmung mit dem Systemgeber der Fertigteilestrichplatten herbeiführen müssen. Nahezu alle Fertigteilestrichlieferanten sind sich einig, dass die Klebung von Mosaikparkett und Mehrschichtparkett auf Fertigteilestrichen möglich ist und bei anderen Parkettarten eine spezielle Aufbauempfehlung einzuholen ist. Dies ist nicht geschehen.

Wäre dies erfolgt, so wäre eine zweilagige Fertigteilestrichkonstruktion zur Anwendung gekommen. Bei der neuen Konstruktion im Bauvorhaben wurden 2 x 18 mm dicke Fertigteilestrichlastverteilungsplatten verlegt, darauf dann das Breitlamellenparkett.

Die technische Verantwortlichkeit lag somit nach Überzeugung des Sachverständigen auf der Planerseite. Allerdings warnt der Sachverständige davor, sich "blindlings" auf die planerischen Vorgaben zu verlassen. Wenn eindeutig bekannt ist, dass z.B. auf einer einlagigen Fertigteilestrichkonstruktion kein Mosaikparkett und auch kein Mehrschichtparkett (hier empfiehlt der Sachverständige nur Einstab-Zweischichtparkett), sondern ein dickeres und/oder breiteres Parkett verlegt wird, so sollte der Auftragnehmer für Fertigteilestricharbeiten Bedenken anmelden bzw. bereits auf eine zweilagige Ausführung hinweisen, die mit dem jeweiligen Systemgeber abzustimmen ist.

Der Parkettleger ist genauso wie bei mineralischen Estrichen nicht verpflichtet, zu überprüfen, welche Dicke und welche Biegesteifigkeit eine Fertigteilestrichkonstruktion aufweist. Vorsichtshalber sollten jedoch dann, wenn bekannt ist, dass die Lastverteilungsschicht zu dünn ist, Bedenken angemeldet werden, da keiner weiß, wie ein Rechtsstreit vor Gericht ausgehen kann.



Der Autor

Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.

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aus FussbodenTechnik 02/10 (Handwerk)