Kleiner Fehler - großer Schaden

Fugenprofil führt zum "Satteldach" beim Linoleum

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um ungeeignete Fugenprofile, die zu unschönen Aufspitzungen des Linoleums führten.

Im Neubau eines Kindergartens wurde ein Bodenleger beauftragt, Linoleum auf einem flächenbeheizten, zementären Estrich (Heizestrich) zu verlegen. Da im Estrich keine Feuchtigkeitsmessstellen gekennzeichnet waren, meldete der Verleger ordnungsgemäß gegenüber dem Bauherrn Bedenken an. Dieser händigte ihm daraufhin ein Aufheizprotokoll aus, aus dem hervor ging, dass die Estrichkonstruktion trocken war und er mit der Belagsverlegung beginnen konnte.

In der Estrichkonstruktion waren 10 mm breite Bewegungsfugen mit Polyethylenstreifen ausgebildet - jeweils in den Türdurchgängen zu den Gruppenräumen, zu einem Mehrzweckraum und in einem langen Flur.

Als Bewegungsfuge klebte der Bodenleger ein eigentlich für keramische Fliesen gedachtes Fugenprofil mit Reaktionsharz auf die Estrichoberfläche. Nach dem vollflächigen Spachteln des gesamten Estrichs folgte in dem beheizten Gebäude die Verlegung des Linoleums. Bereits unmittelbar nach Beendigung der Verlegung stellte die Bauleitung deutliche satteldachförmige Erhöhungen/Aufspitzungen an den Fugenprofilen fest und beauftragte den Sachverständigen mit einer gutachterlichen Überprüfung.

Schaden: Optisch störende Erhöhungen/Aufspitzungen

Bereits beim Betreten des Eingangsbereichs und in einem langen Flur des Kindergartenneubaus fielen dem Sachverständigen deutliche Erhöhungen und satteldachförmige Aufspitzungen des Belages in Abständen von ca. 4 m auf. Dies galt auch für die Türdurchgänge zu den jeweiligen Räumen. Große Fensterfronten sorgten für eine Gegenlichtbetrachtung, die die Beeinträchtigungen besonders deutlich machten. Die Erhöhungen befanden sich jeweils im Bereich der Bewegungsfugen des Estrichs, an denen die Kunststoffprofile im Belag platziert worden waren.

Der Sachverständige führte an den Aufspitzungen Ebenheitsmessungen nach DIN 18202 durch, da in der DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten" auf diese Norm verwiesen wird. Dort heißt es: "Unebenheiten in den Oberflächen sind zulässig, wenn die Grenzwerte nach DIN 18202 nicht überschritten sind." Dabei berücksichtigte er, dass in diesen Bereichen Verformungen des Estrichs wie z.B. Aufschüsselungen vorliegen konnten.

Die mehrfach durchgeführten Ebenheitsmessungen ergaben, dass die Erhöhungen als kurze, steile Anstiege rechts und links 5 bis 15 cm breit parallel zu den Schienen vorlagen. Auf einer Messstrecke bis zu 20 cm lagen die Erhöhungen durchschnittlich im Bereich von 3 mm. Unter Berücksichtigung der Tabelle 3 Zeile 3 der DIN 18202 entspricht dies einer Ebenheitsabweichung von 1 mm, da der zulässige Wert 2 mm beträgt.

Daran angrenzend war die Estrichkonstruktion nicht aufgeschüsselt, sondern lag relativ eben vor.

Ursache: Schlechte Detailplanung der Fugen und ungeeignete Fugenprofile

Da die Fußbodenkonstruktion trotz der beschriebenen Probleme nutzungs- und gebrauchstüchtig war, die Ebenheitsabweichungen nur mit Gegenlichtbetrachtung erkennbar waren und der Sachverständige zusätzliche planerische Fehler sah - die nicht der Bodenleger zu vertreten hatte - wurden nach Abstimmung mit dem Bauherrn keine zerstörerischen Prüfmaßnahmen durchgeführt. Stattdessen erhielt der Sachverständige ein Produkt-Detailblatt und ein Teilstück des 10 mm breiten Fugen-Profils zur Analyse.

Dem Detailblatt ist zu entnehmen, dass das Kunststoffprofil als Auflage gelochte Hart-PVC-Winkel hat (rechts und links jeweils ca. 30 mm breit), die auf den Estrich aufgeklebt werden. In der Mitte der Auflage ist das 6 mm hohe eigentliche Fugenprofil platziert. Dieses Fugenprofil weist rechts und links einen ca. 1 mm breiten harten Kunststoffschenkel und in der Mitte etwa 5 bis 6 mm breit ein relativ steifes Hartgummimaterial auf.

Ein solches Profil lässt nur eine geringe Bewegungsmöglichkeit von 3 bis 4 mm zu und ist als Bewegungsfugenprofil bei einer Heizestrichkonstruktion keinesfalls geeignet.

Da die Profilhöhe 6 mm betrug, der Linoleumbelag 2,5 mm dick war und der Estrich 1 bis 2 mm dick zu spachteln war, hat der Bodenleger unmittelbar parallel an diese Profile eine 2 bis 3 mm dicke Anspachtelung ausgeführt. Diese war steil und nicht lang ausgezogen. Abschließend wurde der Linoleumbelag verklebt und schloss bündig mit der Oberkante des Profils ab. Diese Verarbeitung ist in erster Linie ursächlich für die deutlichen Erhöhungen, die die Nutzbarkeit des Linoleums nur geringfügig beeinträchtigten.

Verantwortlichkeit: Planer trägt Hauptschuld

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit ist zwischen zwei Punkten zu unterscheiden: Im Leistungsverzeichnis Estricharbeiten war nur die Ausbildung der Bewegungsfugen des beheizten Estrichs mit einem 10 mm dicken Polyethylenstreifen beschrieben. In der Ausschreibung für Bodenbelagsarbeiten war als Extraposition das Anbringen und Aufkleben von nicht näher gekennzeichneten "Kunststoffbewegungsfugenprofilen" vorgegeben. Diese Feldbegrenzungsfugenprofile für keramische Fliesen sind vom Bodenleger vor Ort mit der Bauleitung bemustert, abgestimmt und genehmigt worden.

Hinsichtlich der Auswahl des Fugenprofils hätte der Planer ein Profil anordnen müssen, das Bewegungen des Estrichs von etwa 10 mm zulässt. Unter Berücksichtigung der Nutzung durch den Kindergarten wäre sogar ein Profil in Metallausführung erforderlich gewesen. Damit hat der Planer die Fugenplanung nicht dem Stand der Technik entsprechend der DIN 18353 "Estricharbeiten" und auch der DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten" durchgeführt. Ein Großteil der Verantwortlichkeit für die Schäden ist der Planung zuzuordnen.

Der Bodenleger hätte jedoch ein Profil auswählen müssen, das in die Fußbodenkonstruktion so zu integrieren war, dass die steile Anspachtelung vermieden worden wäre. Bei einem 6 mm hohen Profil und einem 2,5 mm dicken Belag muss die Anspachtelung mindestens über eine Strecke von 1 m - oder sogar noch länger - erfolgen.

Der Sachverständige hat in dem Kindergarten eine ordnungsgemäße Herstellung der Bewegungsfugen vorgeschlagen. Dazu musste etwa 50 bis 100 cm breit rechts und links der Profile ein neues Profil und ein neues Belagsstück eingesetzt werden.

Die eigentlichen Unebenheiten hat der Sachverständige als hinzunehmende Unregelmäßigkeit eingestuft und keine sofortigen Sanierungsmaßnahmen für erforderlich gehalten. Der Bodenleger hatte sich wegen seines Fehlers allerdings an den Sanierungskosten zu beteiligen.


Der Autor:
Fußboden-Gutachter Helmut Becker, öbv. Sachver-ständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge

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aus FussbodenTechnik 03/10 (Handwerk)