The Carpet and Interior, Hamburg
Luxussortiment in bester Lage
Von einem Geschäft in bester Hamburger Lage hatte er schon lange geträumt, aber die Suche danach hatte er noch nicht forciert. Doch vor etwas mehr als zwei Jahren hatte Ali Oskui seine Traumlage gefunden: die Bleichenhof-Passage in der Nähe des Hamburger Rathauses. Als dann ein Mieter der Passage von einem Tag auf den anderen seinen Laden aufgab, griff der gebürtige Iraner zu und füllte die gut 700 m Fläche mit klassisch eleganter Ware und nannte sein Geschäft The Carpet and Interior. Diese exklusive Einkaufspassage liegt nur einen Steinwurf von seiner bisherigen Wirkungsstätte entfernt, dem Hamburger Einrichtungshaus Bornhold, wo er die Teppichabteilung geführt hatte.
Der Eingang des Geschäfts liegt im Erdgeschoss direkt an der stark frequentierten Treppe zur Tiefgarage, so dass vor allem die gut acht Meter Schaufensterfront als Kundenstopper genutzt wird. Von der Strahlkraft seines Schaufensters weiß Oskui, denn er wechselt die Dekoration jede Woche. Dabei wird die Fläche nicht überfrachtet. Dem Kunden wird auch die Möglichkeit gegeben, direkt vom Schaufenster aus einen neugierigen Blick ins freundlich helle Geschäft mit den hohen Decken zu werfen.
Dort sieht der Kunde dann die gesamte Vielfalt der Ware, und zwar einzeln dekorativ auf dem Boden platziert, auf kleinen ordentlichen Stapeln drapiert beziehungsweise an der ca. 3,50 m hohen Wand hängend. Und was dort ausgestellt wird, gehört ganz klar in die Kategorien hochwertig und entsprechend hochpreisig: vor allem feine Ziegler aber auch iranische Ghoum, Ware von Jan Kath, Megarian, Domaniecki und Tufenkian. Übermaßteppiche werden von seiner Klientel stark nachgefragt, "schließlich verfügen sie meist über sehr viel Wohnfläche." Ein kleines Shop-Modul von Joop und antike China-Möbel runden die Angebotspalette ab.
Klassische persische Ware wie Nain, Bidjar oder Täbirz ist hier zunächst nicht zu sehen, sie wird im ersten Stock gezeigt. Der Grund: "Die Farbpalette der Ware im Erdgeschoss ist moderner, sie wird einfach deutlich mehr nachgefragt, als die Farben klassischer Ware. Würden sich die Knüpfer im Iran auf moderne Farben einlassen, würde sich diese Ware auch deutlich mehr verkaufen", ist sich Oskui sicher.
Beim Verkaufsgespräch mit seinen Kunden wird deutlich, das Oskui und seine vier Mitarbeiter hohes Vertrauen genießen - und zwar nicht nur bei Kunden, die bereits dort gekauft haben, sondern auch bei neuen Kunden. Es seien vor allem Fachkenntnis und individuelle Beratung, die neben der "richtigen" Ware für ein gutes Betriebsergebnis sorgen. Besonders das Thema Beratung treibt ihn um, "schließlich wissen die meisten Kunden nicht, was sie überhaupt möchten." Zunächst sei wichtig zu klären, wohin der Teppich überhaupt gelegt werden soll, welche Möbel dort stehen und welche Farben dort bereits existieren. Ohne Informationen einen Teppich zu verkaufen, so, wie es in vielen großen und anonymen Teppichabteilungen üblich sei, funktioniere einfach nicht: "Maß und Preiskategorie reichen dem Kunden bei der Auswahl des richtigen Teppichs nicht." Und so ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass die Mitarbeiter von The Carpet and Interior zu ihren Kunden nach Hause fahren und dort verschiedene passende Teppiche zur Ansicht auslegen. Dabei komme es häufig zu einem Aha-Effekt, denn Oskui bringt auch Ware mit, die sich seine Kunden zunächst nicht in den eigenen vier Wänden vorstellen können - und die dann doch gekauft werden. Für den Ästheten Oskui muss ein Teppich zum Gesamtbild der Einrichtung passen. "Lieber auf einen Teppich verzichten, als mit einem leben, der die Atmosphäre stört."
Unsicherheit bei der Anschaffung eines Teppichs sei nicht nur bei seinen Endkunden zu bemerkten, sondern auch bei vielen Einrichtungsberatern: die wären sich zwar sicher bei der Auswahl von Kücheln,Möbeln und Parkett - bei Teppichen jedoch wüssten sie nicht, wo sie die Teppiche überhaupt herbekommen sollten. So verwundert es nicht, dass viele Einrichter davon profitieren, wenn sie regelmäßig mit Oskui zusammenarbeiten.
Es ist die sehr gute Lauflage und die ansprechende Schaufensterdekoration, die einen Großteil der Neukunden in das Ladengeschäft an der Bleichenbrücke 9 bringt. Seine Klientel ist meist über 45 Jahre alt, stammt häufig aus Hamburg und Umgebung und kann sich die hochwertige Ware leisten. "Preiswerte Ware verkauft sich an solch einem Standort nicht", weiß Oskui. Unter den Kunden finden sich auch viele "Wiederholungstäter", die nicht nur im Wohnhaus, sondern auch in Ferienwohnung und Büro einen feinen Teppich aus Hamburg liegen haben möchten. Auch Touristen entwickeln sich zu einer wichtigen Kundengruppe, kaufen sehr teure Seidenteppiche mit dem - für die Branche traurigen - Kommentar, dass es bei ihnen "kein Teppichgeschäft mehr gebe." Es ist Glaubwürdigkeit, die sich auszahlt: Auf Streichpreise und Rabattaktionen wird ebenso verzichtet wie auf sich ständig ändernde Preise. Die Ware ist mit einem fixen Preis ausgezeichnet, der sich nicht von Besuch zu Besuch des Kunden ändert.
Bei der ersten und einzigen Rabattaktion gleich zu Beginn wurde Oskui "geradezu boykottiert, das war aus Kundensicht unglaubwürdig." Erfolgreicher war eine Tauschaktion, bei der alte Teppiche eingeliefert und beim Kauf eines neuen Teppichs verrechnet wurden. Auch wenn nicht so viele hochwertige Teppiche zum Gegenrechnen verzeichnet wurden, wurde viel Neuware verkauft. Regelmäßig Post erhalten die Kunden dennoch: sie werden an die Teppichwäsche erinnert, die sie wieder in die Bleichenhof-Passage führt und zum Kauf neuer Teppiche anregt.
aus
Carpet Magazin 03/10
(Handel)