Prüfpflichten des Bodenlegers

Wer nicht zügig prüft, bleibt auf mangelhafter Ware sitzen

Die Prüfpflichten des Bodenlegers sind immer wieder ein - leidiges - Thema bei vielen Fallbesprechungen. Neben den "technischen" Prüfpflichten, die sich aus den einschlägigen Normungen (z.B. VOB/C 18365, 18356) ergeben, hat der Gesetzgeber dem Handwerker weitere, abstrakt definierte Prüfpflichten bezüglich der zu verarbeitenden Stoffe auferlegt.

Nach § 377 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches ist der Käufer bei einem Handelsgeschäft zur Untersuchung der gelieferten Ware verpflichtet:

"Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu erstatten."

Die Norm setzt also voraus, dass der Kauf zunächst für beide Teile ein Handelsgeschäft ist. Nach §343 HGB sind Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Nach § 344 Abs. 1 HGB besteht sogar die Vermutung, dass die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig gelten. Die Definition des Handelsgeschäftes wird in der Rechtsprechung weit ausgelegt, sodass im Ergebnis zumindest jede Materialbestellung eines gewerblich tätigen Bodenlegers als Handelsgeschäft zu klassifizieren ist. In den meisten Fällen muss damit den Prüfpflichten des § 377 Abs. 1 HGB genüge getan werden.

Rechtsprechung zeigt große Bandbreite

Welche konkreten Prüfpflichten den Bodenleger als Käufer von Bauprodukten treffen, hat der Gesetzgeber nicht definiert. Er hat in § 377 Abs. 1 HGB dem Käufer einer Ware lediglich aufgegeben, die Ware zu untersuchen "soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist". Was nun tatsächlich "tunlich" ist und was nicht, wird in der gerichtlichen Rechtsprechung mit einer weiten - bisweilen nicht nachvollziehbaren - Bandbreite beurteilt.

So hat sich das Landgericht Bonn in einem Verfahren mit der Frage beschäftigt, ob die im Rahmen eines Handelsgeschäftes erworbenen keramischen Fliesen in Folge von Glanzgradunterschieden in der Oberfläche mangelbehaftet sind und Schadenersatzansprüche des Erwerbers bestehen. Losgelöst von der Frage, ob überhaupt ein Mangel vorliegt, wurde zunächst die Einhaltung der Prüf- und Rügepflichten nach § 377 Abs. 1 HGB thematisiert, was für das Gericht den Vorteil hat, dass man bei Missachtung der Prüfpflichten sich mit der weiteren technischen Materie erst gar nicht mehr beschäftigen muss. Im Rahmen des Verfahrens stellte ein Gutachter fest, dass der Mangel erst bei flächiger Verlegung der keramischen Platten und durchgeführter Bauschlussreinigung erkennbar war. Das Landgericht hat die "tunlichen ordnungsgemäßen Prüfungen" zu Lasten des Käufers extrem weit ausgedehnt. Das Gericht führte aus:

"Geschuldet ist - unabhängig von persönlicher Sachkenntnis - eine Prüfung mit fachmännischer Sorgfalt. Dazu hätte auch eine probeweise, hier ohne Verklebung vorgenommene Verlegung eines Teils der Bodenfliesen gehört."

Optische Abweichungen überprüfen

Mit anderen Worten fordert das Landgericht, dass ein etwaiger Bodenbelag zunächst ohne Verklebung flächig ausgebreitet wird, um optische Abweichungen zu überprüfen. Dass dies im kaufmännischen bzw. handwerklichen Verkehr nicht "tunlich" sein kann, hat das in zweiter Instanz mit der Angelegenheit betraute Oberlandesgericht Köln festgestellt. Dort wurden die vom Landgericht Bonn auferlegten Prüfpflichten als "weit überzogen" bezeichnet.

Auch wenn der geschilderte Fall keine richtungsweisende Entscheidung zur Frage der kaufmännischen Prüfpflichten beinhaltet, so macht er doch deutlich, mit welcher - teilweise subjektiv behafteten - Sichtweise die einzelnen Gerichte die kaufmännischen Prüfpflichten beurteilen.

Konkreter wird in einer anderen Entscheidung das Landgericht München. Hier galt es, mögliche Schadenersatzansprüche wegen Farbunterschieden bei einer Teppichbodenlieferung zu klären. Der textile Bodenbelag wies unstreitig gewisse Farbunterschiede auf, diese wurden jedoch durch den Besteller erst nach der Verlegung reklamiert. Der Verkäufer berief sich auf §377 HGB und bekam im Ergebnis Recht.

Der Käufer hatte eingewandt, dass die später festgestellten Mängel bei der Anlieferung der noch aufgerollten Ware nicht erkennbar waren, so dass eine sofortige Mängelrüge hinsichtlich der Farbunterschiede bei Anlieferung unmöglich gewesen sei. Dem folgte das Landgericht München:

"Die Untersuchungspflicht zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich nur auf die Prüfung von Teppichbodenart, Farbnummer und Menge der Ware."
Das Landgericht stellt jedoch weiterhin fest, dass die Käuferin die angelieferte Ware unmittelbar nach dem Ausrollen und vor Verlegung auf Farbunterschiede zu prüfen hat. Im vorliegenden Fall waren zu diesem Zeitpunkt spätestens die Farbunterschiede zu erkennen, sodass der Käufer zwingend entsprechende Rüge nach § 377 Abs. 1 HGB hätte tätigen müssen.

Entspricht die Ware dem Muster?

Bei der Lieferung von Bodenbelägen erstreckt sich die Prüfungspflicht des Käufers jedoch nicht nur auf den Abgleich der Farbgebung innerhalb der Lieferung. Von der Prüfpflicht umfasst ist vielmehr auch die Frage, ob die gelieferte Ware auch dem der Bestellung zugrundeliegenden Muster entspricht. So lag dem Landgericht Karlsruhe ein Streitfall vor, in dem der gelieferte Bodenbelag zwar in sich keine Farbunterschiede aufwies, jedoch gegenüber dem der Bestellung zugrunde liegenden Belagsmuster entscheidende optische Unterschiede feststellbar waren.

Der Einwand des Käufers, dass bei der Anlieferung der Ware auf der Baustelle dort kein Originalmuster vorhanden gewesen und daher für den Bauleiter bzw. Kolonnenführer eine Überprüfung nicht möglich gewesen sei, ließ das Landgericht zutreffenderweise nicht gelten. Es ist insoweit Sache des Käufers dafür Sorge zu tragen, dass ein Originalmuster bei Anlieferung auf der Baustelle vorhanden ist, um die Ware auf Abweichungen gegenüber der bestellten Ware zu überprüfen.

Wenn nun tatsächlich bei einer entsprechenden Wareneingangskontrolle Mängel festgestellt werden, sind diese nach dem Wortlaut des § 377 Abs. 1 HGB unverzüglich dem Verkäufer anzuzeigen. Unverzüglich heißt in diesem Zusammenhang ohne schuldhaftes Zögern. Im Zeitalter der modernen Kommunikationsmöglichkeiten wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung insoweit eine Rügefrist von ein bis maximal zwei Tagen angenommen. Unterbleibt eine rechtzeitige Rüge, so gilt nach § 377 Abs. 2 HGB die gelieferte Ware als genehmigt, so dass der Käufer in der Rechtsfolge keine Schadenersatzansprüche mehr geltend machen kann.

Unabhängig davon, dass allein schon aus Beweisgründen immer einer schriftlichen Rüge der Vorrang gegenüber einer mündlichen Rüge zu geben ist, gilt es darauf hinzuweisen, dass bei den meisten allgemeinen Lieferbedingungen die Rügepflicht nach § 377 HGB noch verschärft wird. Dort findet sich in der Regel eine Schriftformklausel, nach der Mängelanzeigen schriftlich zu erfolgen haben. Es reicht insoweit also nicht aus, bloß der gesetzlichen Rügepflicht nach § 377 HGB zu genügen. Es sind vielmehr darüber hinaus auch die einzelnen vertraglichen Abreden zu berücksichtigen.

Der Autor


Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.

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aus FussbodenTechnik 04/10 (Recht)