Taeppemarked, Kopenhagen

Willkommen im Teppichlabyrinth


Teppiche, wohin man blickt - das ist für ein Orientteppichfachgeschäft nun wirklich nichts besonderes. Doch wer Kjeld Ottosens Geschäft Taeppemarked in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen besucht, sieht auf den ersten Blick, dass hier etwas anders ist als normal: Die Teppiche liegen einzeln auf dem Boden, sind gestapelt, hängen an der Wand und von der Decke, Zeltbänder zieren die Übergänge von der Decke zur Wand. Es gibt keinen Quadratzentimeter, auf dem kein Teppich oder Textil zu finden ist. Das gilt selbst für Stühle und Tische. Und diese "Teppichflut" gibt es nicht nur in einem Verkaufsraum zu sehen - sondern in sage und schreibe 20 Räumen und Gängen, wovon keiner größer als 30 m ist. Verbunden sind die Räume über kleine Flure, in denen ebenfalls jeder Winkel mit Ware dekoriert ist. Es gibt viele Abzweigungen - wer ohne Inhaber Kjeld Ottosen in diesem insgesamt 500m großen Teppichlabyrinth unterwegs ist, dürfte nur schwer wieder hinausfinden.

Doch dieses scheinbar unübersichtliche Teppichgeschäft versprüht einen unglaublichen Charme, was in einer Zeit riesiger und häufig steriler Teppichabteilungen großer Möbelhäuser selten worden ist. Ottosens Besucher werden ins Geschäft hineingezogen, hören nichts mehr vom Straßenlärm, finden sich augenblicklich in einer "anderen Welt" wieder. Ein vergleichbares Orientteppichfachgeschäft dürfte es in Europa nicht geben.

Der Fokus liegt klar bei persischen Teppichen - vor allem Nomadenteppichen -, aber es wird auch Ware aus Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan, Indien und dem Kaukasus angeboten. Über 20 Mal war Ottosen allein im Iran und hat dort Ware eingekauft. Unterstützt wird er aber auch von Einkäufern auf der ganzen Welt, die genau wissen, welche Stücke ihm beziehungsweise seinen Kunden gefallen. Viele gut erhaltene alte Teppiche sind auch in Dänemark zu finden: Viele Dänen haben Ende der 40er-Jahre als Ingenieur im Iran gearbeitet und Teppiche mit nach Hause gebracht; die erben legen diese Ware heute eher selten aus, versilbern sie lieber.

Mittlerweile existiert Taeppemarked seit über 50 Jahren. Übernommen hat Ottosen es 1977: Er half beim vorherigen Besitzer ab und zu aus und arbeitete in einer Festanstellung im Außenministerium. Doch sein Vorgänger wurde plötzlich schwer krank, innerhalb von nur 14 Tagen hatte er seinen Job gekündigt und wurde hauptberuflicher Teppichhändler.

Sortiert ist die Ware nicht nach Provenienzen, sondern nach Größen, wobei meist einem Format ein Raum zugeordnet ist. "Meine Kunden kommen meist mit ihren Wunschmaßen ins Geschäft und nicht mit einer ausgeprägten Vorstellung, wie ihr Teppich aussehen soll", erläutert Ottosen. 3.000 Teppiche hat er im Angebot und von jedem weiß er, wo er ihn findet - mit einem Griff zeigt er seinen Kunden dann meist die passende Ware. Übergrößen sind bei seiner Klientel besonders stark gefragt, denn die wohnt häufig in großen Villen in der umliegenden noblen Wohngegend, beziehungsweise entsprechend im ganzen Land verteilt. Oder es kommen große Unternehmen zu dem 65-jährigen, kaufen gezielt Teppiche für Chefbüros oder Konferenzräume.

Viele Kunden kennt Ottosen bereits seit vielen Jahren, sie schauen von sich aus regelmäßig vorbei. Zusätzlich schreibt Ottosen einmal jährlich ca. 3.200 Kunden per Post an und erinnert sie daran, mal wieder ihre Teppiche reinigen oder reparieren zu lassen - viele von ihnen stöbern bei dieser Gelegenheit wieder einmal in seinem großen Fundus und nehmen einen neuen Teppich mit nach Hause. Als besonderer Service wird die Möglichkeit angeboten, einen gekauften Teppich jederzeit zurückzubringen und gegen einen neuen umzutauschen. Der ehemalige Verkaufspreis wird dabei auf den Preis des neuen Teppichs angerechnet.

Laufkundschaft gibt es in diesem Teil Kopenhagens kaum, das Zentrum liegt fünf Kilometer entfernt; dennoch werden die vier Schaufensterscheiben monatlich umdekoriert. Die meisten Neukunden kommen auch bei diesem alteingesessenen Orientteppichfachgeschäft mittlerweile über das Internet. Auf der Webseite www.taeppemarked.dk wird das Angebot ausführlich und professionell beschrieben, auch ein paar Sonderangebote gezeigt. Doch Rabatte sind hier eher selten, Streichpreise gibt es prinzipiell nicht. "Alle ausgezeichneten Preise bleiben über Jahre unverändert. Die Kunden können sich darauf verlassen, dass mein Wort zählt und sich die Preise nicht bei jedem Besuch ändern", erklärt Ottosen seine Preispolitik.
aus Carpet Magazin 04/10 (Handel)