Manfred Mayer, Abtwil/Schweiz

Mehrschichtige Holzböden - Auch auf die Deckschichten kommt es an


Basierend auf seiner jahrzehntelangen Tätigkeit in diversen Ländern auf den verschiedensten Gebieten der Bodenbelagsbranche beschreibt Manfred Mayer aus seiner Sicht den Stand und die zukünftigen Entwicklungen von Mehrschichtparkett. Sein wichtigstes Anliegen ist es, aufzuzeigen, mit welchen Maßnahmen der Marktanteil von Holzfußböden deutlich gesteigert werden könnte. Die Ausführungen sollen konkrete Anregungen geben und zu einer sachlichen Diskussion beitragen.

Der EU- Verbrauch an Holzböden betrug 2007, vor der Finanzkrise, ca. 112 Mio. qm/Jahr und weltweit ca. 550 Mio. qm/Jahr. Das entspricht ca. 6,6% vom Gesamtverbrauch aller Bodenbeläge in Europa. Zur gleichen Zeit lag der Gesamtverbrauch von Laminat, davon ca. 95% Holzimitationen, in Europa bei ca. 330 Mio. qm und weltweit bei ca. 830 Mio. qm.

Die Wirtschaftskrise in den letzten zwei Jahren, übte auf alle Verbrauchszahlen einen negativen Einfluss aus. Die in der Tabelle aufgeführten Relationen der Produkte untereinander blieben davon aber weitgehend unberührt.

Zukunftschancen für Holzböden

Unbestritten ist, dass Holzfußböden jetzt und in Zukunft wegen ihrer anerkannt vorteilhaften Eigenschaften (Erscheinungsbild, Naturwerkstoff, Hygiene etc.) im Trend liegen.

Die Produktgestaltung (Format, Aufbau) wird beeinflusst von:
-Technologie (Qualität: z.B. Verformung, Fugenbildung)
-Erscheinungsbild (Marktchancen: z.B. Format, Oberflächengestaltung, Mustermöglichkeiten)
-Erzielbarer Marktpreis (Konkurrenzsituation etc.)
-Materialkosten (Deckschicht etc.)
-Fertigungskosten (Produktivität, Investition etc.)
-Installation (Verlegeleistung, Einfachheit, Verkaufskanal)

Wichtige Kundenbedürfnisse bei der Wahl von Fussböden sind:
-Erscheinungsbild (attraktives Aussehen)
-Unproblematisches Gebrauchsverhalten, Lebensdauer
-Preis (Produkt und fertige Verlegung)
-Gesundheitsaspekte (Wohnbiologie)
-Gesamtwirtschaftlichkeit (Preis-Leistungsverhältnis)
-Instandhaltungs- und Installationsaufwand
-Umweltaspekte (Naturprodukt, Ökobilanz, Zertifikate)
-Passend zur vorhandenen und zukünftigen Baumethodik (Unterkonstruktion, Anschluss-problematik, Bauhöhe)
-Sicherheit, d.h. Vertrauen zu Hersteller, Vertriebsorganisation, Handwerker.

Wer die wichtigsten dieser Anforderungen am effizientesten und schnellsten in marktreife Produkte umsetzt und sie mit der richtigen Verkaufsstrategie vermarktet, nimmt eine profitable Leaderposition ein.
Bedürfnisse und Ansichten sind nicht statisch, d.h. sie ändern sich durch neue Erkenntnisse und Beeinflussungen aus anderen Lebensbereichen. Auf diese Änderungen muss der Hersteller permanent die richtigen Produktantworten geben.

Möglichkeiten zur Erhöhung des Marktanteils

Die seit Jahrzehnten vorherrschenden Parkettgruppen sind klassische Mehrschichtarten in Drei-, Zwei- und Einstabausführung mit Deckschichtdicken von ca. 3,5-5mm. Die Parkettindustrie befindet sich mit diesen Produkten seit Jahren in einer interessanten Nische, die sich aber nur unwesentlich und langsam vergrößert.

Die Hauptgründe hierfür sind:
-relativ hoher Preis ( Produkt bzw. fertige Verlegung) für den Verbraucher, vor allem für attraktive Einstabprodukte
-über viele Jahre zu geringes Angebot an modernen Einstabprodukten in mittelgroßen Formaten
-für viele Einsatzbereiche Produktkonzeptionen mit einer "zu langen" Lebensdauer, die in der Praxis nicht genutzt wird
-weitgehende Verdrängung von Parkett durch andere Bodenbelagsarten aus preissensiblen Absatzkanälen
-konservatives Verhalten der Parkettbranche sowie Ängste vor der teilweisen Verdrängung bestehender Strukturen auf den Gebieten Produkt, Vertrieb und Verlegung.

Der hohe Preis resultiert häufig aus zu aufwändigen Produktkonstruktionen, zu kleinen Produktionsmengen und zu wenig professioneller Produktion bzw. Vermarktung. Die erfolgreiche Parkettimitation Laminat inklusiv der bedruckten Varianten beweist, dass für Holzprodukte kein Nachfrageproblem besteht, sondern dass die Branche für eine schnelle, bedeutende Expansion in der Vergangenheit offensichtlich nicht die richtigen Produkte für "zusätzliche" Zielgruppen angeboten hat. Der bis heute mengenmässig relativ kleine Anteil an vollflächig zu klebenden oder schwimmend verlegbaren Produkten mit einer Deckschichtdicke von ca. 2,5 bis 3mm stimulierte den Absatz von Parkett nur in bescheidenem Maße, unter anderem weil damit keine ausreichende Preissenkung für den Endverbraucher verbunden war und einige Produkte zudem qualitative Mängel aufwiesen.

Um den Marktanteil von Holzfussböden entscheidend zu vergrössern und auf allen Märkten und Absatzkanälen neue Perspektiven zu eröffnen, werden neben den bestehenden zusätzlich preisgünstige, attraktive Arten benötigt oder anders formuliert:

"Es wird zusätzlich der attraktive Echtholzboden fürs kleinere Portemonnaie gebraucht."

Dieses Ziel kann neben den üblichen Produktivitätsoptimierungen nur durch dünnere Produkte erreicht werden, wegen des hohen Materialkostenanteils vor allem durch Produkte mit dünneren Deckschichten - nachfolgend der Einfachheit halber mit dem Arbeitstitel "Thin floor" bezeichnet. Gemeint sind mehrschichtig aufgebaute Holzfußböden mit einer Deckschichtdicke von ca. 1,9 bis 2,5mm und einer Gesamtdicke von ca. 8,5 bis 10,5mm.

Dünnere Decklagen üben außerdem geringere Kräfte bei Feuchtigkeitsänderungen aus. Sie ermöglichen dadurch dünnere Unterkonstruktionen und geringere Gesamtdicken.

Neben den positiven Merkmalen aller Holzfußböden müssen diese Produktgruppen folgende Kriterien erfüllen:
-Attraktives, designorientiertes Erscheinungsbild mit Priorität "mittelgroßer Einstab"
-Preisgünstiger Holzfußboden in ausreichender technischer Qualität und Profitabilität
-Schwimmend verlegbar und mit geringem Mehraufwand vollflächig zu kleben
-Einfache Produktkonstruktion und einfache Produktion
-Renovierbar, d.h. dass der Boden mindestens einmal geschliffen werden kann und damit im Wohnbereich eine durchschnittliche Lebensdauer von ca. 30 bis 50 Jahren aufweist
-Optimale Ausnutzung und Schonung der weltweiten Holz- Ressourcen
-Verschiebung der Positionierung vom Investitions- näher zum Konsumprodukt
-Haupteinsatzgebiete Neubau und Renovation, im Wohnungsbau und z.T. auch im Objektbereich
-Absatzsteigerung für Holzfußböden durch Erschließung neuer Käuferschichten, Märkte und Verkaufskanäle
-Marktanteilsgewinn vorwiegend zu Lasten von Laminat-, Textil- und Kunststoffbelägen.

Chancenreiche Thin-floor-Produktausführungen

Eine Deckschicht-Fertigdicke von ca. 2mm ist als optimaler Kompromiss hinsichtlich technischem Produktverhalten, Kosten, Renovierbarkeit und psychologischer Marktakzeptanz am besten geeignet, die angestrebten Ziele zu erreichen. Bei der Produktgestaltung und dem Marktangebot sollte der "mittelgroße Einstab" Priorität haben, weil er mit Sicherheit über viele Jahre die größten Verkaufschancen auf den verschiedenen Märkten hat und im Gegensatz zur grossen Landhausdiele durch die bessere Ausnützung des Rundholzes große, preisgünstige Produktionsmengen ermöglicht.

Zweischichtiger Einstab: Mittelgroßes Format, ca. 1.100 bis 1.400mm x 110 bis 130mm, Gesamtdicke ca. 9,5 bis 10mm. Geeignet für schwimmende und geklebte Verlegung. Träger vorwiegend aus HDF, nicht geschlitzt. Diese interessante Art ist eine relativ neue Entwicklung, da bisher zweischichtige Produkte fast ausschließlich vollflächig geklebt wurden.

Dreischichtiger Einstab mit ca. 0,6-0,8mm Furniergegenzug: Format wie oben, Gesamtdicke ca. 9,5 bis 10,5mm. Konzipiert vorwiegend für die schwimmende Verlegung.

Neben diesen beiden Hauptgruppen sind selbstverständlich weitere Arten in verschiedenen Abmessungen möglich, beispielsweise:
Zweischichtige Einstabprodukte nur zur verklebten Verlegung in diversen Formaten (Länge ca. 500 bis 2000mm, Breite ca. 70 bis 180mm), Gesamtdicke ca. 8,5 bis 9mm. Bei Produkten, die ausschliesslich geklebt werden, sind Klickverbindungen nicht nötig.
Zwei- und dreischichtige, vorwiegend mittelgroße Formate im Schiffsbodenmuster für die schwimmende und/oder geklebte Verlegung.

Bei Produkten mit Deckschichten < 3mm, sind Stäbchen-Zwischenlagen/Träger wegen der bei trockenem oder feuchtem Klima deutlich störend sichtbaren Markierung nicht tolerierbar. Diese Arten benötigen Holzwerkstoffe als Trägerschicht.

Die wichtigsten Eignungskriterien bei Holzwerkstoffen sind Rohdichte, Elastizitätsmodul, Lieferfeuchtigkeit, Preis, Plattenmaße, Liefersicherheit, Bearbeitbarkeit, Schwind-Quellverhalten und die Einhaltung von vorgeschriebenen Grenzwerten (Formaldehyd etc.). Beispielsweise beeinflusst bei HDF die Rohdichte den Elastizitätsmodul und damit die Steifigkeit und Querverformung bzw. die Härte und dadurch das Verschleiß- und Brandverhalten. Welche der drei in Frage kommenden Hauptgruppen (HDF, Sperrholz oder OSB) gewählt wird, hängt von den gewünschten Eigenschaften des Endproduktes ab. Für die meisten Anwendungen weist HDF Vorteile auf.

Entscheidend für das Verhalten der verlegten Böden (Verformung, Fugenbildung) ist neben den verwendeten Materialien und der Produktkonstruktion die Einhaltung wichtiger Parameter (z.B. Schichtfeuchtigkeiten, Kleberart, Presstemperatur) während der Produktion. Thin floor-Produkte erfordern ein hohes Maß an Können, um die wichtigsten Kriterien angemessen zu berücksichtigen und qualitativ zufriedenstellende Böden herzustellen.

Weltweites Potenzial von 120 bis 150 Mio. qm

Neben den dreischichtigen sind auch zweischichtige Produkte für die schwimmende und geklebte Verlegung geeignet, vor allem mittelgroßer, attraktiver Einstab. Die Herstellungskosten können - abhängig u.a. von Holzart und Konstruktion - um 20 bis 50% günstiger sein als bei vergleichbaren, klassischen Einstabprodukten mit ca. 4mm Deckschicht. Daraus ergibt sich, bei angemessenen Margen für alle Beteiligten, ein entsprechend niedrigerer Verkaufspreis in den verschiedenen Vertriebskanälen.

Thin floor-Produkte bieten ausreichende Qualität, die in Abhängigkeit der Anforderungen noch variiert werden kann. Sie sind umwelt- und ressourcenschonend, renovierbar (ein- bis zweimal schleifbar) und bieten damit lange Lebensdauer. Hinzu kommen variable Einsatzmöglichkeiten im Wohnungsneu- und -altbau sowie z.T. auch im Objektbereich. Mit einer Gesamtdicke von 8,5 bis 10,5mm wird Bauhöhe eingespart, zudem ist der Anschluss an andere Beläge sehr einfach.

Thin floor kann zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Holz-imitation und klassischen Parkettarten werden. Der Bedarf wird in der Zukunft weltweit deutlich zunehmen, weil die Parkettbranche Produkte für unterschiedliche Kundenkategorien und das zunehmend ambivalente Kundenverhalten braucht. Das zusätzliche Potenzial, vor allem zu Lasten von Laminat-, Textil- und Kunststoffbelägen, dürfte in Europa 30 bis 50 Mio. qm/Jahr und weltweit 120 bis 150 Mio. qm/Jahr betragen. Die Geschwindigkeit der Expansion hängt in erster Linie von der Vorgehensweise der Produzenten hinsichtlich marktgerechtem Angebot und der Art der Vermarktung ab.

Unternehmer sind gefordert

Wer bei Thin floor nicht mitmacht, bleibt in der Nische und überlässt der Konkurrenz dieses Segment. Kleinere oder spezialisierte Anbieter können sich das vielleicht leisten, große Produzenten gehen das Risiko ein, dass die Mitbewerber sukzessive beide Felder - hochwertig und preisgünstig - besetzen oder verwandte Branchen, z.B. die Holzwerkstoff- und Laminatindustrie, sich dieses Themas annehmen.

Wichtig ist die Risikominimierung durch eine intelligente, den jeweiligen Märkten bzw. Zielgruppen angepasste Verkaufsstrategie und eine von Mut und Zukunftsoptimismus inspirierte Parkettindustrie. Bei der Preisbildung für den Endverbraucher ist in allen Vertriebsstufen von Produzenten, Handel, Handwerk und DIY Disziplin gefordert.

Weitere konstruktive Hinweise/Vorschläge

Für dünne Deckschichten mit einer Rohdicke bis max. ca. 2,5mm können neben den hauptsächlich eingesetzten gesägten Decklagen auch preisgünstige Schälfurniere verwendet werden. Eine verzerrte Struktur tritt hierbei nur bei Holzarten mit ausgeprägten Jahrringen auf. Die bisherige Ablehnung bei den europäischen Herstellern dürfte größtenteils auf mangelnder Erfahrung und Vorurteilen beruhen. Schälfurniere ermöglichen eine hohe Ausbeute, einen einfacheren Produktionsprozess und eine Differenzierung in der Vermarktungsstrategie.

Für Deckschicht-Rohdicken >2,5mm werden auch zukünftig gesägte Arten (Kreissäge, Gatter, Bandsäge) verwendet. Messer- und Schälfurniere sind für diese Dicken wegen der unvermeidlichen Risse - die nur in den USA teilweise toleriert werden - nicht brauchbar. Messerfurniere sind außerdem immer teurer als Schälfurniere und meistens auch teurer als gesägte Decklagen. Slicen nach der Methode Marunaka bietet gegenüber fortschrittlichen Dünnschnitt-Sägeverfahren mit Schnittdicken von ca. 0,7 bis 1,0mm keine Vorteile.

Alle in der Parkettindustrie jetzt und in der Zukunft angewandten Oberflächenbehandlungen wie Lackieren, Beizen, Ölen, Bürsten, Pigmentieren, Strukturieren, Räuchern, Vergüten, Fasen etc. sind auch bei dünnen Deckschichten möglich.

Bei schwimmend verlegbaren Thin floor-Produkten sind bis zu einer Breite von ca. 130mm stirnseitig einfache Klickverbindungen ausreichend.

Normative Vorgaben "veraltet"

Die in der geltenden Norm für den Begriff "Parkett" festgeschriebene Deckschichtdicke von mindestens 2,5mm ist für den Konsumenten unwichtig. Bedeutender sind übergeordnete Begriffe wie Holzfußboden oder Echtholzboden.

Die Kompromissdicke 2,5mm hat gegenüber 2mm Dicke nur einen Scheinmehrwert, da sie hinsichtlich Erscheinungsbild und Renovierbarkeit keine Vorteile bringt, bei anderen wichtigen Kriterien wie Verkaufspreis und Querverformung sogar klare Nachteile aufweist. Wer sich gegen 2mm entscheidet, vergibt dadurch einen großen Teil der Chancen für deutliche Zuwachsraten bei Holzfußböden.

Der Kunde kann die für ihn beste Möglichkeit allerdings häufig nicht beurteilen, da er die Vor- und Nachteile der vielfältigen Parkettarten nicht genügend kennt und die Beratung nicht immer frei von Interessenskonflikten ist.

Die Behauptung, dass man Böden mit 2 bis 2,5mm Deckschichtdicke nicht mehr schleifen kann, ist eindeutig falsch. Ein erschwertes Schleifen tritt nur auf, wenn die Nachgiebigkeit eines schwimmend verlegten Bodens - beispielsweise durch eine Verlegung auf zu weichen, dicken Isolationsmaterialien oder ein zu flexibel konstruiertes Produkt - zu groß ist.

"Dicke Deckschichten prägen das Kerngeschäft"

Die klassischen Mehrschichtparkette mit dickerer Deckschicht und größerer Gesamtdicke haben mit Sicherheit auch zukünftig ihre Berechtigung. Sie sind das Kerngeschäft, bieten viefältige Möglichkeiten und müssen von der Parkettindus-trie weiterhin aktiv gefördert werden. Daneben sollte sich die Parkettbranche auf Produkte mit Deckschichten von vorwiegend 2mm einlassen.
aus Parkett Magazin 03/10 (Bodenbeläge)