Kommentar von Jürgen Früchtenicht
Verein "Rettet den Regenwald" kritisiert den FSC
Die Organisation "Rettet den Regenwald e.V." berichtet in ihrem Magazin Regenwaldreport Nr. 1/2010 über die Vermarktung von zertifiziertem Tropenholz und stellt die Behauptung auf, dass die Holznutzung der Hauptverursacher der Regenwaldzerstörung sei. Ferner wird unterstellt, dass der FSC, einer der weltweit führenden Zertifizierer der Waldwirtschaft, ein Hintertürchen für "Greenwashing" der Holzindustrie sei. Dem FSC mangele es an Glaubwürdigkeit, Transparenz und Wirksamkeit, Regenwälder vor der Abholzung zu bewahren. Außerdem sei der FSC in tropischen Wäldern nahezu wirkungslos.
Bei einer derartig pauschalen und von Unkenntnis geprägter Stimmungsmache stellen sich mir die Nackenhaare auf.
Auch die deutsche Naturschutzorganisation BUND hat sich kürzlich zur Thematik der Holznutzung ausgelassen und die völlig absurde Behauptung aufgestellt, dass eine Reduzierung des Holzverbrauches einen positiven Beitrag für den Umweltschutz leisten würde. Das Gegenteil ist der Fall.
Das Denken und leider auch das Handeln von diesen fundamentalistisch geprägten Organisationen mit ihrer "Scheuklappen-Mentalität" ist verheerend und kontraproduktiv. Es besteht natürlich nicht der geringste Zweifel, dass die Wälder eine herausragende Bedeutung für das Ökosystem der Welt haben. Die Menschen sind allerdings genauso wie der Wald ein Teil des Ökosystems. Es gibt uns nun einmal. Wir leben und verbrauchen Rohstoffe. Wir müssen uns ernähren und zum Beispiel wärmen. Es dreht sich allerdings immer um die Nachhaltigkeit unseres Handelns. Oder wollen diese Umweltschutzorganisationen etwa zweckmäßigerweise die Hälfte der Menschheit zum Wohle des Ökosystems vernichten und den verbleibenden Rest der Menschheit in die Steinzeit zurückschicken?
Selbstverständlich ist es zutreffend, dass in der Vergangenheit in nicht zertifizierten Wäldern bisweilen umweltschädlicher Raubbau betrieben worden ist. Auch heute gibt es bedauerlicherweise noch derartige Fälle. Unter diesem Aspekt ist es aber wohl unsinnig, nun ausgerechnet die Zertifizierer zu kritisieren, anstatt den illegalen Holzeinschlag an den Pranger zu stellen.
Die Umweltschützer haben zwar Recht mit ihrer Behauptung, dass noch große Teile der tropischen Regenwälder nicht zertifiziert sind. Andererseits sind in allerjüngster Zeit zum Beispiel durch den FSC in Brasilien und Westafrika oder den PEFC in Malaysia unzählige Millionen von Hektar Tropenwald zertifiziert worden. Dieser Prozess gewinnt zunehmend an Dynamik.
Nachwachsendes Holz insbesondere für langlebige Holz- und Holzwerkstoffprodukte nicht zu nutzen, wäre mit Sicherheit die dümmste Lösung. Nahezu jeder alternative Baustoff kann nur auf eine wesentlich schlechtere Ökobilanz verweisen. Darüber hinaus ist die Speicherfunktion von Kohlendioxid unter anderem in Holzprodukten wissenschaftlich erwiesen. Nutzen wir das nachwachsende und nachhaltig geerntete Holz nicht, würde es früher oder später im Wald verrotten und das gebundene CO2 wieder freisetzen und damit die Umwelt negativ beeinträchtigen.
Insbesondere in den Tropen muss der Wald unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit bewirtschaftet werden und als Erwerbsquelle für die dort lebende Menschheit genutzt werden. Geschieht dies nicht, würde unweigerlich Brandrodung zur Gewinnung von Agrarfläche die Folge sein. Dies wäre der "Supergau" aus ökologischer Sicht.
Daher mein eindringlicher Appell an die Umweltschützer: "Ihre Kritik an der nachhaltigen Nutzung von Wäldern und insbesondere die zertifizierte Forstwirtschaft geht in die völlig falsche Richtung. Sie führt zu einer Verunsicherung der Verbraucher und zu ökologischen Nachteilen, sollten die Verbraucher alternative Materialien verbrauchen."
Die Argumentationskette, dass die Verwendung von Holz vorteilhaft für die Umwelt ist, dass Nachhaltigkeit der Holznutzung garantiert sein muss und dass diese Nachhaltigkeit durch nationale Gesetze oder eben durch Zertifizierungssysteme gesichert werden kann, ist zumindest in Fachkreisen unstrittig. Im globalen Wirtschaftssystem können wir die nationalen Gesetze anderer Staaten hinsichtlich der Nachhaltigkeit kaum beurteilen. Daher müssen wir wohl oder übel mit Zertifizierungssystemen leben.
Hier leidet der Handel unter dem endlosen Konflikt zwischen FSC und PEFC. Daher auch mein Appell an diese beiden Organisationen: "Einigen Sie sich bitte, zeigen Sie Kompromissbereitschaft und tun Sie dies schnell." Der Handel und das umweltfreundliche Produkt Holz müssen wegen des Konfliktes zwischen beiden Systemen erhebliche Nachteile in Kauf nehmen. Dies ist auf Dauer nicht hinnehmbar und wirkt sich wegen der allgemeinen Verunsicherung auch nachteilig auf die weitere Verbreitung von forstwirtschaftlichen Zertifizierungen aus.
Ich könnte mir vorstellen, dass die UN mit Ihrer zuständigen Fachabteilung für Forstwirtschaft in Genf durchaus ein eigenes, sicherlich rasch weltweit anerkanntes Zertifizierungssystem schaffen könnte und anschließend kurzerhand FSC und PEFC anerkennen würde. Dadurch könnte der Streit zwischen den Systemen nahezu irrelevant werden. Handel und Verbraucher wären glücklich und für die Umwelt wäre diese Lösung auch nicht von Nachteil.
aus
Parkett Magazin 03/10
(Nachhaltigkeit)