Menschen aus der Estrichbranche
Estrichleger Horst Bieler wurde 80 und denkt nicht ans Aufhören
Am 16. August 2010 wurde Horst Bieler 80 Jahre alt. Der Estrichleger hat sich seinem Handwerk seit 58 Jahren verschrieben - und er will noch ein paar Jahre weiter machen. Anlässlich seines runden Geburtstages blickt er zurück auf eine spannende berufliche Laufbahn. FussbodenTechnik gratuliert herzlich und lässt Horst Bieler im O-Ton zu Worte kommen:
"Meine Estrichlegerkarriere begann vor nunmehr 58 Jahren und ist bis heute noch nicht beendet. Man könnte sagen, ich habe in dieser Zeit als Estrichleger einige Erfahrung gesammelt und seither so manche Entwicklung mitgemacht. Begonnen hat dies am 25. August im Jahre 1952, als mich Heinz Frieser von der Firma Frieser GmbH, Spezialisolierung und Estrich aus Frankfurt am Main persönlich in Wertheim, meinem damaligen Wohnort, abholte.
Als gelernter Maurer hatte ich bereits die Grundbegriffe vom Estrichlegen gelernt und konnte so von Anfang an mitmischen. Übrigens war damals noch ein kleinwenig mehr Handarbeit gefragt. Für gewöhnlich mischten zwei Mann Sand und Zement zusammen und ein dritter schüttete mit der Gießkanne so lange Wasser dazu, bis die richtige Mischung daraus entstand. Der fertige Estrichmörtel wurde anschließend mit Butten in die Räume zum Verarbeiten getragen. Eine solche Kolonne erreichte damit eine Tagesleistung von rund 130-150 m
2. Mit dem Lkw ging es von Baustelle zu Baustelle. War kein Platz im Fahrerhaus, saßen die Männer samt dem Material hinten auf der Ladefläche.
Bereits nach 14 Tagen musste ich gleich eine Kolonne übernehmen. Anfangs haben wir den Veraplan Estrich der Firma Frieser verlegt. Die Zusammensetzung bestand aus Sand 0-3 Thermasit (Abfallschlacken der Firma Buderus, Sägemehl und Zement). Eingebaut wurde ein Verbundestrich in der Stärke 2,5 bis 4 cm, handgemischt. Bald fing man an, den Estrich schwimmend zu verlegen. Als Isolierung nahmen wir Sielenplatten oder Kokosfaser Rollbahnen.
An eine Baustelle im hessischen Butzbach bei den dort stationierten amerikanischen Soldaten kann ich mich noch sehr gut erinnern. Drei Zwangsmischer wurden angeliefert und Herr Frieser kam persönlich dazu, um sich die Arbeit mit den neuen Geräten anzusehen. Er hatte die Hoffnung, dass wir damit zurechtkamen. Das war für uns neu und die Umstellung verlief nicht ganz reibungslos. Als Herr Frieser wieder gegangen war, schalteten wird kurzerhand die Maschinen aus und mischten den Rest des Tages per Hand. Nach ein paar Tagen hatten wir jedoch den Dreh raus und konnten fortan mit den Maschinen arbeiten, was für uns eine deutliche Arbeitserleichterung war.
1955 wurde ich mit meiner Kolonne nach Krefeld geschickt, bis die Firma Frieser in Konkurs ging. Der damalige Geschäftsführer Horst Roeder übernahm die Firma und die Arbeit konnte weitergehen, bis ich mich letztendlich Anfang 1957 selbstständig machte. Auch als ich die Firma verlies, sollte der Kontakt nie abbrechen. Herr Frieser hat mich weiterhin beraten und war wie ein Vater, wofür ich heute noch sehr dankbar bin.
Ich bekam Aufträge als Subunternehmer der Firma Fußbodentechnik in Degaloch und der Firma Maier in Stuttgart. Im Frühjahr 1959 gab es in Mosbach noch keine Estrichfirma, da erhielt ich einen Anruf von der Neuen Heimat (heute Familienheim), ob ich bei ihnen einen Estrich einbauen könnte. Da wir zur selben Zeit in Karlsruhe einen Auftrag hatten, stellte ich kurzerhand meinen Schwiegervater und dessen Bruder als Hilfsarbeiter ein. Sie mischten den Estrich und ich trug die Butten hoch, zog den Estrich ab und glättete ihn. Die Baustellen wurden zufriedenstellend ausgeführt. Weitere Aufträge von den ansässigen Architekten kamen und seit diesem Tage bin ich nicht mehr aus Mosbach weggekommen. Ein Jahr lang fuhren wir jeden Tag von Wertheim nach Mosbach, bis ich schließlich mit meiner Familie dorthin zog.
Die Firma Bieler wuchs schnell und bildete die Estrichleger Weber, Habermann und Ruhlan aus Wertheim sowie Kilic, Bolat und Goob aus Mosbach aus. Mit vier Estrichkolonnen und acht Bodenlegern konnten wir nun bald auch Großaufträge annehmen. Der größte Auftrag kam von der Firma Holsmann. In den Pädagogischen Hochschulen Mannheim, Heidelberg, Reutlingen und Freiburg verlegten wir auf insgesamt 72.000 m
2 Estrich, DLW Linodur und DLW Teppichboden Strong. Einer der schönsten und auch anspruchvollsten Aufträge bekamen wir Anfang der Achziger Jahre mit dem Planetarium in Mannheim, der nicht nur lukrativ war, sondern auch außerordentlich komplex in der Ausführung. Das stellte für uns eine echte Herausforderung dar.
Bei einem Auftrag der Firma Bilfinger und Berger mit 2 x 4.000 m
2 in einem Möbelhaus in Esslingen hatte ich zwei Kolonnen eingesetzt. Am zweiten Tag kam ich an die Baustelle und dachte, mich trifft der Schlag. Gerade einmal 600 m
2 waren eingebaut und der erste Bauabschnitt musste bis zum Wochenende fertig sein. Was tun? Wir haben schließlich auf Fertigbeton umgestellt, ließen uns das Material vorfahren und konnten den Termin doch noch einhalten.
So ging die Entwicklung weiter. Die ersten Putzmeister Estrichpumpen wurden eingesetzt, was wieder eine Umstellung für uns bedeutete. Später kam der Fließestrich, von dem jeder Estrichleger träumte, da er eine unheimliche Zeitersparnis bedeutete. Weil wir mit der Firma Delo zusammenarbeiteten, kaufte ich eine Delo Fließestrichpumpe und der Traum wurde wahr.
In der Zwischenzeit habe ich eine Asphalt Firma aufgebaut, die später von der Firma Hofmann in Königshofen übernommen wurde. Danach eröffnete ich ein Teppichbodengeschäft mit kleinem integriertem Baumarkt. Anfangs lief es noch wie erwartet, jedoch liefen mir bald die großen Baumärkte den Rang ab, sodass ich letztlich kapitulieren und von vorne anfangen musste. Solche Fehler und Rückschläge zu erleben ist schwer, aber ich lernte, dass man sich selbst nicht aufgeben darf. Ich bin glücklich darüber, eine Frau und eine Familie zu haben, die zu mir stehen.
Schließlich ging es mit einer Estrichkolonne und einem Bodenleger weiter. Bauträger und Architekten wie die Firma Reinhard haben weiterhin Vertrauen in unsere Arbeit, was wohl heißt, dass wir gute Arbeit leisten und Termintreue halten. Diese Tatsache liegt nicht zuletzt an den sehr guten Mitarbeitern die wir haben. Seit acht Jahren arbeiten wir nun mit einer kleinen Mannschaft, mit der ich sehr zufrieden bin.
58 Jahre lang verlege ich nun schon Estrichböden. Über diese Zeit könnte ich vermutlich Bücher schreiben und der geneigte Leser könnte meinen, dass es genug wäre. Meinen langjährigen Mitarbeitern, zumindest denjenigen, die kurz vor der Rente stehen, möchte ich allerdings noch die Möglichkeit bieten, bis dahin weiter zu arbeiten. Und so werde ich wohl noch ein paar Jahre so weiter machen und wer weiß, vielleicht findet sich noch ein geeigneter Nachfolger, der meine Tätigkeit fortführt."
Kontakt:
Horst BielerBieler Estrich & Belag
Industriestr. 16
74821 Mosbach
Tel.: 06261/91 99 70
Fax: 06261/91 99 69
E-Mail: info@bieler.info
aus
FussbodenTechnik 05/10
(Handwerk)