China: Handelspartner mit starkem Nachfragepotenzial

Export ins Reich der Mitte kann sich lohnen


Schon vor vier Jahren rieten amerikanische Marktforschungsunternehmen ihrer Holzbodenindustrie, den chinesischen Markt in Angriff zu nehmen. Das war vor der Wirtschaftskrise. Vom Grundsatz her hat diese Empfehlung aber nichts an Aktualität verloren. Und sie gilt auch für Europäer.

Geschäfte mit China sind längst keine Einbahnstraße mehr. Billig produzieren lassen oder einkaufen, um diese Handelsware dann gewinnbringend über die Meere zu schiffen, ist nur ein Weg. Der andere heißt: Export nach China. Das Land entwickelt sich zu einem Konsummarkt. 1,3 Mrd. Chinesen arbeiten für wachsenden Wohlstand. Das ist ein gigantisches Potential an zukünftiger Kaufkraft. Bereits jetzt sorgt eine Mittelschicht von gut 250 Mio. Menschen für wirtschaftlich lukrative Rahmenbedingungen. Sie wollen ein schöneres Zuhause. Und sie sind einem Holzfußboden nicht abgeneigt.

Dreischichtigen Holzböden werden die besten Wachstumschancen eingeräumt. Der deutsche Holzhändler HKS geht sogar mit Massivprodukten nach China und bedeutende Korkbodenproduzenten halten für ihre Produkte die Zeit für gekommen. Auch die Nachfrage nach Laminatböden nimmt zu, wird aber direkt aus China befriedigt.

Wer aus dem Westen nach China liefern will, braucht einheimische Partner. Es gibt keinen klassischen Großhandel, Bodenfachhandel oder Holzfachhandel. Vertriebswege in China unterscheiden sich von europäischen oder amerikanischen Verhältnissen. Die Distribution läuft bei Markenprodukten meist über die Partnerschaft mit Exklusivhändlern oder über nationale Hersteller, die bereits über ein ausgedehntes Vertriebsnetz und Ladengeschäfte verfügen. Für europäische Laminatböden werden die goldenen Zeiten zwar nicht wiederkommen - dazu ist die heimische Industrie zu stark geworden - aber mit steigendem Wohlstand wächst auch das Verlangen chinesischer Konsumenten nach qualitativ hochwertigeren Produkten. Da liegt die Chance europäischer Fußbodenhersteller.

Firmen, die auf den chinsesichen Markt wollen, müssen auf der Domotex Asia ausstellen - sollte man meinen. So ist es aber nicht unbedingt: Weder Barlinek, noch Gazzotti oder Parador waren 2010 auf der Messe vertreten. Auch Hamberger hatte diesmal keinen Stand. Sie alle suchen ihre Kontakte direkt. Dabei kann man nirgendwo mehr an Fußböden interessierte Chinesen treffen, als auf dieser Messe. Sie hat einen zunehmend nationalen Charakter. Kamen vor Jahren noch 50% der Besucher aus dem Ausland, so bevölkerten diesmal zu über 80% Chinesen die Hallen. Und manch einer hält die Domotex Asia für wichtiger als das Original in Hannover.

Wie immer man die Internationalität einer Messe beurteilt, Bodenmessen in aller Welt erscheinen verstärkt regional und national ausgerichtet. In China liegt das am Einbruch des Exports. Schnell haben heimische Hersteller versucht, ihre Kapazitäten auf den Binnenmarkt zu konzentrieren. Diese Ausrichtung hält an. Und obwohl kleine Fußbodenhersteller die Krise nicht überstanden haben, gibt es in China weiterhin Überkapazitäten in der Fußbodenproduktion. Ausländische Hersteller sollte das nicht stören. Sie konkurrieren nicht mit der Masse, sondern drängen in ein hochwertiges Marktsegment. In dieser Nische scheint noch Platz. Geduld und ein langer Atem sind Voraussetzung. Beziehungen mit Chinesen wollen gepflegt sein. Das geht nicht per E-Mail, sondern nur über den persönlichen Kontakt.

Chinas Binnenmarkt wird seinen Reiz nicht verlieren. Selbst wenn andere Weltmärkte wieder anziehen und der Export dorthin einfacher scheint als in das Reich der Mitte, dürfte China proportional stärker wachsen. Schon jetzt ist diese Absatzregion der weltweit größte Markt für Personenkraftwagen.

Markt mit großen Chancen - Land mit großen Problemen

Ist die "Gelbe Gefahr" also ein Mythos? Oder wird China bald die Weltwirtschaft dominieren? Die Meinungen gehen auseinander, die Standpunkte der Betrachter sind unterschiedlich. Doch scheint die Angst vor allumfassender chinesischer Konkurrenz übertrieben. Das Land kann nicht gleichzeitig seinen eigenen Bedarf decken und die ganze Welt mit Dumpingpreisen beglücken. China scheint auf einem ähnlichen Weg wie Japan. Auch dieses asiatische Land war einst in Europa als Nachmacher und Billigproduzent verschrien. Steigende Löhne, steigende Preise und steigender Wohlstand haben diese Faktoren eingeebnet.

In China mag das länger dauern. Das Land ist groß und ein beachtlicher Teil seiner Bevölkerung hat am neuen Wohlstand wenig Anteil. 120 bis 200 EUR erhält ein Arbeiter monatlich zu seiner Verfügung. Die Hoffnung westlicher Importeure ruht daher auf der chinesischen Mittelschicht. Ihr Verdienst reicht von umgerechnet 600 bis 1.300 EUR. Und diese Schicht wächst. Auf 250 bis 300 Mio. Menschen wird sie heute geschätzt. Etwa so viele Einwohner sind in den vergangenen Jahren auch vom Land in die Städte gewandert.

Die Kaufkraft der Mittelschicht allein macht das Land zum weltweit bedeutsamsten Markt. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass China das Land mit den meisten Milliardären außerhalb der USA ist. Westliche Produkte stehen hoch im Kurs. Der Trend zum Qualitätsprodukt steigt. Wer sich etwas leisten kann, will etwas Besonderes.

Hier liegt die Chance für westliche Produzenten. China hat einen Luxus-Markt. Das wirkt verwunderlich in einem sozialistischen System. Aber nicht Ideologie, sondern nationales Interesse ist oberstes Gebot des Regimes. Das gilt als Garant für Stabilität. Totalitäre Regierungen haben es einfach - ihre Entscheidungen werden zügig und kompromisslos umgesetzt. Das erlaubt China ein schnelles Reagieren auf weltweite Wirtschaftsentwicklungen.

Gewiss, ein rigider Staatskapitalismus tut alles dafür, die Wettbewerbsfähigkeit nationaler Unternehmen zu fördern. Doch das allein macht China nicht zum Dominator auf dem Weltmarkt. Das Reich der Mitte steht vor massiven Problemen. Die zunehmende Automatisierung in der Industrie setzt ein riesiges Heer von Arbeitern frei. Wo sollen diese Menschen neue Arbeit finden? Wie kann man ihrer Verelendung entgegensteuern? Von sozialen Spannungen mit ethnischen Minderheiten in den Randgebieten gar nicht zu reden.

Auch die zunehmende Alterung der Gesellschaft ist eine Herausforderung. Ursache war die von oben verordnete 1-Kind-Politik. Mittlerweile hat man eingesehen: 2 Kinder sind besser für den Bestand der Gesellschaft. Denn im Süden lauert der Gigant Indien mit einer jungen, hungrigen und weit schneller wachsenden Bevölkerung.

Schließlich ist und bleibt China arm an Rohstoffen. Wasserknappheit kommt hinzu. Gerade in den ersten Monaten dieses Jahres waren rund 200 Mio. Chinesen einer katastrophalen Trockenperiode ausgeliefert. Daneben steigen die Ansprüche der Bevölkerung durch die Verfügbarkeit internationaler Nachrichten und Produkte. China ist auf Importe angewiesen. Holz ist ein gutes Beispiel. Noch macht manuelle Arbeit ein Produkt aus chinesischer Herstellung billig, doch diese Vorteile beginnen sich aufzulösen. Wenn ein Tiefgaragen-Stellplatz in Schanghai schon 25.000 EUR kostet, kann man sich vorstellen, auf welches Niveau der chinesische Binnenmarkt zusteuert.

Den Preis senken heißt in China die Qualität verringern


In Geschäftsbeziehungen zwischen dem Westen und Asien kann es kulturell bedingte Missverständnisse geben. Hier ein markantes Beispiel, das viele Holzboden-Importeure aus ihren Kontakten zu chinesischen Herstellern kennen: Wenn ein westlicher Händler um den Preis einer Ware feilscht, meint er damit den Preis. Die Güte des Produktes soll natürlich auf gleichem Niveau bleiben. Das sieht ein Chinese anders. Gewährt er einen geringeren Preis, ist für ihn selbstverständlich, dass das entsprechende Produkt auch in der Qualität nachlässt. Schließlich muss er irgendetwas einsparen. So kann es leicht zu bösen Überraschungen kommen, wenn eine scheinbar gut und günstig nachverhandelte Charge am Bestimmungsort ausgepackt wird. Deshalb der Rat: Immer klarstellen, welcher Qualitätsstandard beim ausgemachten Preis gemeint ist.
aus Parkett Magazin 04/10 (Bodenbeläge)