World Flooring Forum in Shanghai
Parkett im Mittelpunkt
Der Verband der forstwirtschaftlichen Industrie Chinas hatte anlässlich der DomotexAsia/Chinafloor zu einem Kongress in das Chateau Star River Hotel in Shanghai eingeladen. Etwa 350 Repräsentanten, vornehmlich der gesamten chinesischen Parkett- und Laminat-Industrie, waren der Einladung gefolgt. Die Anzahl der Industrie- und Verbandsvertreter aus den westlichen Industriestaaten war zwar übersichtlich, aber signifikant. Die Veranstaltung unterstrich die herausragende Bedeutung von Holzfußböden in der boomenden chinesischen Wirtschaft und den unübersehbaren Anspruch der Chinesen, eine Führungsrolle im Weltmarkt einnehmen zu wollen. Der Vorsitzende des chinesischen Verbandes der forstwirtschaftlichen Industrie (CNFPIA), Wang Man, berichtete von erheblichen Anstrengungen seiner Regierung zur Aufforstung. Inzwischen sei es bereits gelungen, dass die Wälder Chinas wieder um jährlich 2,15% wachsen. Aktuell sei ein Waldbestand von 14,8 Mrd. fm Holz vorhanden.
Größte Völkerwanderung aller Zeiten verspricht MarktchancenDie chinesische Regierung erwartet, dass innerhalb der kommenden Jahre weitere 200 - 300 Mio. Menschen aus den ländlichen Regionen in die Städte umsiedeln werden. Daraus entwickele sich innerhalb kürzester Frist ein weiterer gigantischer Markt aufgrund des Neubaus von Wohnraum und damit eine sehr hohe zusätzliche Nachfrage nach Holzfußböden.
China strebt eindeutig die Weltmarktführerschaft im Bereich der Holzfußböden an. Anders als in Europa und Amerika differenzieren die Chinesen dabei nicht zwischen Parkett, Laminat- und Bambusböden. Insgesamt übersteigt die jährliche Produktionsmenge dieser Produkte im Reich der Mitte bereits die Marke von 500 Mio. qm. Interessant ist dabei eine deutliche Änderung der Vertriebswege. Stand in den vergangenen Jahren fast ausschließlich der Exportmarkt im Vordergrund, liegt heute der Schwerpunkt auf dem Inland. Mehrere Redner stellten fest, dass die Produktion in Bezug zum Pro-Kopf-Verbrauch von Holzbelägen in China deutlich gegenüber Vergleichsdaten westlicher Industriestaaten hinterherhinkt.
Professor Ye Kelin, Direktor des Forschungsinstitutes der Holzindustrie, Mitglied der chinesischen Forstwirtschaftsakademie und darüberhinaus Vizepräsident des mächtigen CNFPIA, erwartet in den kommenden Jahren eine gewaltige Steigerung der Nachfrage des privaten Endverbrauchers nach Parkett. Hier würden sich hervorragende Chancen nicht nur für die chinesische Industrie ergeben, sondern auch für Exporteure von besonders hochwertigen Markenprodukten aus westlichen Industriestaaten.
Bambus mit hoher Bedeutung in ChinaChina verfügt über umfangreiche Bambuswälder, derzeit über 5,2 Mio. ha. Über 500 Unternehmen stellen Bambusböden und sonstige Erzeugnisse aus diesem schnell wachsenden Rohstoff her. Allein im Landkreis Anji, ca. 200 km westlich von Shanghai gelegen, werden jährlich 20 Mio. qm Bambus-Bodenbeläge produziert.
Nach Aussagen eines Parteisekretärs aus der Region liegt die Speicherkapazität von CO2 bei Bambus um 33% über vergleichbaren Werten tropischer Harthölzer. Ressourcen seien darüber hinaus im Überfluss vorhanden. Nach der Ernte eines 5-7 Jahre alten Bambushalmes bildet das engmaschige Wurzelgeflecht mehr oder weniger sofort Ersatz, der mit rasanter Geschwindigkeit aus der Erde schießt. Ein Wachstum von 1 m allein am ersten Tag ist keine Seltenheit.
Berichte aus den WeltmärktenAus den USA berichteten James Gould, Unternehmensberater und Publizist mit dem Schwerpunkt Bodenbeläge sowie Mark Elwell, Inhaber der Firma Bamboo Flooring Hawaii und Vorstandsmitglied der National Wood Flooring Association (NWFA).
Gould hob die hohe Bereitschaft der amerikanischen Industrie für einen aktiven Umweltschutz hervor und nannte dazu Beispiele. Mark Elwell stellte die aktuellen Marktentwicklungen in den USA in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Von 1992 bis 2005 habe sich der Anteil von Holzfußböden in den Vereinigten Staaten auf respektable 10,8% entwickelt. Die Rezession habe inzwischen ihren Wendepunkt erreicht. Der Wohnungsbau nehme wieder zu, der Anteil öffentlicher und industrieller Bauten sei weiterhin rückläufig. Andererseits, so Elwell, ist eine kräftige Belebung des Renovierungsmarktes festzustellen. Insgesamt werde für 2010 die Nachfrage nach Holzfußböden 2,2% steigen. Dabei werden Verschiebungen im Sortimentsmix erwartet. Bambusböden werden weiterhin zulegen (Vorjahr +5%), der Anteil an Mehrschichtparkett werde zu Lasten von Massivparkett steigen.
Marco Antnio Beiro, Inhaber der Firma Masterpiso und Mitglied des Vorstandes des brasilianischen Parkett-Verbandes, berichtete vom südamerikanischen und insbesondere brasilianischem Markt. Brasilien verfügt über eine Produktionskapazität in Höhe von jährlich 18 Mio. qm. In den Jahren von 2006 bis 2010 sei die jährliche Exportmenge von 11,1 Mio. qm um fast 50% auf nur noch 5,74 Mio. qm eingebrochen. Rohstoffmengen standen nicht ausreichend zur Verfügung, weil auf dem Wege zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft die jährliche Erntemenge massiv vom Staat eingeschränkt wurde. Durch schnell zunehmende forstwirtschaftliche Zertifizierungen habe sich das Angebot in jüngster Zeit wieder leicht erholt. Neben der Rohstoffverknappung hat sich die drastische Aufwertung des brasilianischen Reals extrem negativ ausgewirkt. Zudem beklagte Beiro die zunehmende chinesische Konkurrenz insbesondere auf dem für Brasilien wichtigen Schlüsselmarkt Nordamerika.
In Anbetracht der kontinuierlich steigenden Binnennachfrage wird sich der Parkettverbrauch in Brasilien im laufenden Jahr von 4,4 auf 4,6 Mio. qm erhöhen. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung ist der Pro-Kopf-Verbrauch allerdings noch sehr klein.
Teilnehmer aus Europa waren Jürgen Früchtenicht, Unternehmensberater, Publizist und Präsident der Europäischen Föderation der Parkettimporteure, sowie im Rahmen einer Podiumsdiskussion Marek Janke, Geschäftsführer Vertrieb des polnischen Parkettherstellers Barlinek. Trotz Einladung haben keine Vorstandsmitglieder der europäischen Produzentenverbände für Parkett (FEP) und Laminat (EPLF) am Kongress teilgenommen.
Früchtenicht, der im Rahmen seines Beratungsmandates den portugiesischen Korkhersteller und Parkettimporteur Amorim im Verband vertritt, referierte über gesamtwirtschaftliche Entwicklungen in ausgewählten Ländern Europas auf Basis des Bruttoinlandsproduktes, der Arbeitslosenquote und der Bautätigkeit. Er äußerte sein Unverständnis zur offensichtlichen Unterbewertung der chinesischen Währung im Vergleich zum US Dollar, trotz des Wirtschaftswachstums in China im Vorjahr um 11,9% bei gleichzeitigem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung in den USA um 2,4 und im EU 27-Raum sogar um 4,2%. Als Vertreter der Importeure würde er dies zwar mit einem lachenden Auge sehen, aus volkswirtschaftlicher Sicht hingegen kaum verstehen.
Interessante Einblicke in den indischen Markt konnte Deepak Gahlowt, Architekt und Ehrenvorsitzender des indischen Baustoffverbandes, vermitteln. Die Nachfrage nach Parkett sei in Indien in Hinblick auf den relativ hohen Preis gering. Laminat hingegen erreiche mit einer Absatzmenge von ca. 30-40 Mio. qm inzwischen einen Marktanteil in Höhe von 3-5%. Der mit riesigem Abstand dominierende Bodenbelag ist die keramische Fliese aus einheimischer Produktion. Hier beträgt die jährliche Absatzmenge ca. 240 Mio. qm.
Der Vizepräsident des südafrikanischen Parkett- und Laminatverbandes, Steven Suntup, bezeichnete den Markt für Parkett und Laminat in Südafrika als wenig bedeutend. Nur 6 Mio. der 48 Mio. Einwohner Südafrikas könnten sich finanziell überhaupt einen Laminat- oder Holzboden leisten. Zur Verlegung merkte er an, dass dabei die extrem unterschiedlichen Luftfeuchten zwischen 15 und 85% zu berücksichtigen sind. Mehrschichtparkett würde sich aus diesem Grund gegenüber dem Massivparkett durchsetzen.
Europäer noch unterrepräsentiertNach der Mittagspause hatten die Veranstalter sechs verschiedene Podiumsdiskussionen zu eigenständigen Themen angesetzt. Mit jeweils sechs oder sieben Diskussionsteilnehmern und einem oder zwei Moderatoren war dieser Teil des Kongresses jedoch kaum zielführend. Da jeder Diskussionsteilnehmer einen Kurzvortrag halten sollte und die Moderatoren ebenfalls Koreferate beisteuerten, verbleib letztendlich keine Zeit für konstruktive Diskussionen auch unter Einbeziehung des Auditoriums. So war es wenig verwunderlich, dass die meisten Kongressteilnehmer mit fortschreitender Zeit vorzeitig den Saal verlassen hatten.
Einige Aussagen insbesondere von chinesischer Seite müssen allerdings an dieser Stelle erwähnt werden, da sie einen Einblick in Denkstrukturen dieses so wichtigen Produzentenmarktes vermitteln. Etwa die von Wenig Shao Bin, Chef des Marktriesen Power Dekor, der unverblümt den Westen warnt, Handelsbarrieren aufzubauen. Song Jianlong, Geschäftsführer der Jinquiao Gruppe, einem der ältesten Hersteller von Mehrschichtparkett in China, fordert gar zusätzliche Regierungssubventionen zur Verbesserung der Exportchancen.
Gerade deshalb müssen sich die europäischen Unternehmen und Verbände fragen lassen, ob sie es sich auf Dauer leisten können, derartigen Veranstaltungen ganz einfach fernzubleiben. Die Amerikaner zeigten hier eine deutliche Präsenz. Obwohl durch den gleichzeitig in Washington stattfindenden Jahreskongress der amerikanischen NWFA viele Firmenvertreter aus den USA unabkömmlich waren, kamen mit hochrangigen Abgesandten der Firmen Anderson (Shaw), Armstrong, Hawaii Floors, Mannington und Maretti deutlich mehr Verantwortliche nach Shanghai als Europäer von Amorim und Barlinek.
aus
Parkett Magazin 04/10
(Bodenbeläge)