Kleiner Fehler - Großer Schaden

Schallschutz ausgeschlossen - Schutztüren schließen schlecht

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Schaden in einem Altenheim: Bei der Auftragsvergabe war weder der Estrich- noch der Bodenleger auf besondere Anforderungen bezüglich der Ebenheits- und Winkeltoleranz hingewiesen worden. Nach der Verlegung des Bodens schlossen die Türen nicht richtig.

In einem Altenheim mit etwa 90 Wohnungen und Pflegezimmern wurde ein Estrichlegerbetrieb beauftragt, einen schwimmenden Estrich einzubauen. Eine zweite Firma war für die anschließende Verlegung von PVC-Bodenbelagsbahnen zuständig. Die Estrichoberfläche musste zuvor gespachtelt werden.

Schaden: Schallschutztüren dichten nicht ab

Estrich- und Bodenlegern war nicht bekannt, dass später Türen mit unterseitiger Dichtung eingebaut werden sollten. Diese müssen relativ dicht auf der Belagoberfläche aufsitzen, um effektiv vor Schall zu schützen.

Nach Beendigung der Bodenbelagarbeiten stellte man beim Einsetzen der Türen fest, dass das Dichtungsprofil der Schallschutztüren nicht überall vollständig am Untergrund aufsaß bzw. sich darunter Spalten befanden.

Ursache: Spalten zwischen Boden und Türen

Vor Ort stellte der Sachverständige zunächst fest, dass die Mängelrüge für den Estrichlegerbetrieb hinsichtlich einer nicht waagerechten und unebenen Estrichfläche in Türbereichen nicht überprüft werden konnte: Aufgrund der inzwischen abgeschlossenen Spachtelung und Bodenbelagverlegung lag der Estrich nicht mehr im Urzustand vor. Für den Estrichleger galt er als abgenommen.

Hinsichtlich Ebenheit und Winkeltoleranz des Bodens waren vom Auftraggeber bzw. Planer im Rahmen der Auftragsvergabe weder für den Estrich noch für den PVC-Bodenbelag besondere Anforderungen gestellt worden. Die Ausschreibungsunterlagen einschließlich technischer Vorbemerkungen und der gesamte Schriftverkehr enthielten keine diesbezüglichen Angaben. Daher galten unter Berücksichtigung des VOB-Vertrages die üblichen zulässigen Toleranzen der DIN 18202 "Toleranzen im Hochbau" Tabelle 2 und Tabelle 3.

Repräsentativ wurde in etwa zwanzig Räumen ausschließlich im Bereich der Türschwellen bzw. des Anschlags der Türen zunächst eine Überprüfung der Ebenheit entsprechend DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 3 durchgeführt. Mithilfe einer aufgelegten Wasserwaage und einem Messkeil wurden die Vertiefungen, die hier und da unterhalb der Wasserwaage erkennbar waren, gemessen.

Laut Norm ist bei einem Messpunktabstand von 1 m (gilt von ca. 0,75 bis 1,25 m) eine Ebenheitsabweichung von 4 mm zulässig. Im vorliegenden Fall konnte bei Türbreiten zwischen 0,88 und 1,18 m in keinem Bereich ein Stichmaß von mehr als 2 mm festgestellt werden. Neben den Spalten wurde auch eine Schräglage des Fußbodens unterhalb der Türblätter bemängelt. Allerdings hat der Verleger Prüfungen der Winkeltoleranzen nur stichprobenartig und beispielsweise angrenzend an Anschlagsschienen und andere Beläge durchzuführen. Bei der Messung durch den Sachverständigen ergab sich zwar in wenigen Türbereichen eine Schräglage. Auf einer Messstrecke von 1 m lag jedoch kein Stichmaß über 3 mm.

Tabelle 2 der DIN 18202 lässt auf einer Messstrecke von 0,5 bis 1 m eine Winkelabweichung von 6 mm und bei einer Strecke von 1 bis 3 m von 8 mm zu. Allerdings ist eine schiefe Ebene von 6 mm auf einer Messstrecke von 1 m in der Tür praxisfremd und kann nicht toleriert werden. Der Sachverständige berücksichtigte daher die technischen Informationen des Bundesverbands Estrich und Belag (BEB) und weitergehend die Ausführungen in den Kommentierungen zur DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten".

Auf dieser Grundlage ergibt sich eine zulässige Winkelabweichung von 4 mm: mögliche Genauigkeit, mit der der Meterriss ausgehend vom Höhenbezugspunkt übertragen werden kann ( 2 mm), plus mögliche Genauigkeit, mit der der Estrich eingebaut werden kann ( 2 mm). Bei üblicher handwerklicher Ausführung beeinträchtigt diese Abweichung weder die technische Funktion noch die Gestaltung - besonders dann, wenn keine erhöhten Anforderungen gestellt wurden.

Verantwortlichkeit - Planerische Defizite

In seinem Gutachten hat der Sachverständige zunächst darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Ebenheits- und Winkeltoleranzen die Vorgaben der DIN 18353 "Estricharbeiten", der DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten" sowie die DIN 18202 "Toleranzen im Hochbau" gelten, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden. Die diesbezüglichen Toleranzen sind im Bauvorhaben deutlich eingehalten worden, so dass die Mängelrüge unbegründet war.

Bei der Ausführung der Türen mit unterseitiger Dichtung, waren erhöhte Anforderungen an die Auftragnehmer für Estrich- und Bodenbelagarbeiten zu stellen. Innerhalb der Ausschreibung oder spätestens mit der Beauftragung hätte den jeweiligen Auftragnehmern eine genaue Vorgabe hinsichtlich der Ebenheit und der Winkeltoleranz gemacht werden müssen. Die üblichen Toleranzen der DIN 18202 reichen hierfür nicht aus.

Es liegen jedoch klare planerische Defizite vor. Beide Auftragnehmer waren daher nicht verantwortlich für die bei einzelnen Türen erforderlichen Nachbesserungen im Bereich der unteren Türdichtung.

Der Autor



Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.

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aus FussbodenTechnik 06/10 (Handwerk)