Sinus-Milieus überarbeitet
Gesellschaftlicher Wandel erzeugt neue Zielgruppen
Seit drei Jahrzehnten erforscht das Sinus-Institut den Wertewandel und die Lebenswelten der Menschen. Daraus entstanden sind die Sinus-Milieus, eines der bekanntesten und einflussreichsten Instrumente für die Segmentierung von Zielgruppen. Doch die Alltagswirklichkeit der Gesellschaft ändert sich und daher wurden die Sinus-Milieus jetzt einem Update unterzogen.Für die strategische Marketing- und Kommunikationsarbeit von Unternehmen und Institutionen ist es wichtig, die jeweiligen Zielgruppen richtig zu verstehen und zu unterscheiden. Das Heidelberger Sinus-Institut stellt ihnen mit seinen Sinus-Milieus ein leistungsfähiges und praxisnahes Planungsinstrument zur Verfügung, mit dessen Hilfe die Werbebotschaften an den - richtigen - Mann bzw. die Frau gebracht werden können. Sie sind das Ergebnis jahrzehntelanger sozialwissenschaftlicher Forschung: Die Zielgruppen-Segmentation orientiert sich an der Lebensweltanalyse der Gesellschaft.
Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Grundlegende Wertorientierungen gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen - zur Arbeit, zur Familie, zur Freizeit, zu Geld und Konsum. Im Lauf der Jahre hat es allerdings gravierende Veränderungen innerhalb der Gesellschaft gegeben, etwa die Flexibilisierung von Arbeit und Privatleben, die Erosion klassischer Familienstrukturen, die Digitalisierung des Alltags oder die wachsende Wohlstandspolarisierung. Daher werden die Sinus-Milieus von Zeit zu Zeit aktualisiert. Zehn Jahre nach der letzten Überarbeitung hat das Sinus-Institut nun die aktuelle Version vorgestellt. Jetzt besteht das Sinus-Modell aus zehn neu strukturierten Milieus - wobei die zahlenmäßig großen Milieus bei Bedarf noch differenziert werden können. Die eingeführte "Kartoffelgrafik" ist erhalten geblieben. Sie zeigt die Position der Milieus in der deutschen Gesellschaft nach sozialer Lage und Grundorientierung: Je höher ein Milieu in dieser Grafik angesiedelt ist, desto gehobener sind Bildung, Einkommen und Berufsgruppe; je weiter es sich nach rechts erstreckt, desto moderner im soziokulturellen Sinne ist die Grundorientierung.
Allerdings hat sich die Grafik signifikant verändert: Manche Milieus gibt es nicht mehr, andere wurden neu benannt oder neu definiert. Auch die Wertachse wurde weiter ausdifferenziert. Für Unternehmen, die mit den Sinus-Milieus arbeiten, bedeutet dies, dass sie sich bei der Definition ihrer Zielgruppen neu orientieren müssen.
Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus 2010
Konservativ-etabliertes MilieuKlassisches Establishment mit Verantwortungs- und Erfolgsethik, Exklusivitäts- und Führungsansprüche vs. Tendenz zu Rückzug und Abgrenzung
Expeditives MilieuUnkonventionell-kreative Avantgarde: hyperindividualistisch, mobil, digital vernetzt, Wunsch nach Veränderung
Milieu der PerformerMulti-optionale, effizienzorientierte Leistungselite mit globalökonomischem Denken und stilistischem Avantgarde-Anspruch
Bürgerliche MitteLeistungs- und anpassungsbereiter Mainstream, Streben nach beruflicher/sozialer Etablierung, gesicherten harmonischen Verhältnissen
Adaptiv-pragmatisches MilieuZielstrebige junge Mitte mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nutzenkalkül, erfolgsorientiert und kompromissbereit, hedonistisch und konventionell, flexibel und sicherheitsorientiert
Sozialökologisches MilieuIdealistisch, konsumkritisch/-bewusst mit normativen Vorstellungen vom "richtigen" Leben, ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen, Globalisierungs-Skeptiker
Traditionelles MilieuSicherheit und Ordnung liebende Kriegs-/Nachkriegsgeneration, in der kleinbürgerlichen Welt bzw. in der traditionellen Arbeiterkultur verhaftet
Liberal-intellektuelles MilieuAufgeklärte Bildungselite mit liberaler Haltung und postmateriellen Wurzeln, Wunsch nach Selbstbestimmung
Prekäres MilieuUm Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht mit starken Zukunftsängsten und Ressentiments, geringe Aufstiegsperspektiven
Hedonistisches MilieuSpaß- und erlebnisorientierte, moderne Unterschicht/untere Mittelschicht, Verweigerung von Konventionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesellschaft
aus
BTH Heimtex 12/10
(Handel)