Special überstreichbare Wandbeläge
Funktional, ökonomisch und kreativ
Die überstreichbare Tapete, deren Karriere mit der Rauhfaser von Erfurt begann, ist mit neuer Farbenfreude auf dem Vormarsch. Dabei vollzieht sich allerdings ein Wandel beim Trägermaterial: Wurde der Markt der Wandbekleidungen für die nachträgliche Behandlung einst von Papier- und Glasfasertapeten beherrscht, drängen jetzt strukturierte Vliestapeten mit ihren unterschiedlichen Oberflächen nach vorn. Die deutschen Tapetenproduzenten überzeugen hier mit neuen Ideen, die die Nachfrage nach den praktischen Wandbelägen weiter ankurbeln. von Cornelia KüselMit überstreichbaren Tapeten eröffnen sich Innenarchitekten und Handwerkern sowohl gestalterisch als auch von der Verarbeitung her ungeahnte Möglichkeiten. Das bestätigte Karl-August Siepelmeyer, Präsident des Bundesverbands Farbe Gestaltung Bautenschutz. "Es gibt eine unendliche Vielzahl an Materialien wie Papier, Kunststoff, Glas- und Textilfaser sowie Breiten", erläuterte er gegenüber BTH Heimtex. Diese kreativen Möglichkeiten machten die Tapete inzwischen selbst bei Objekteuren und Innenarchitekten mit hohem Anspruch immer beliebter.
Aber auch der Maler verwende überstreichbare Wandbeläge gerne, vor allem auf dem leicht zu verarbeitenden und robusten Vliesträger. Insgesamt sei die Entwicklung für die Branche sehr erfreulich.
Risse werden kaschiertImmerhin bieten überstreichbare Vliestapeten dem Maler handfeste wirtschaftliche Vorteile: Sie benötigt keine Weichzeiten, dehnt sich weder aus, noch schrumpft sie, ist schnell in Wandklebetechnik zu verarbeiten und muss nach der Anbringung an die Wand in einem zweiten Arbeitsgang gestrichen werden. Zudem kaschiert sie kleine Risse und Unebenheiten im Untergrund, vor allem, wenn sie starke Strukturen aufweist. Daher mausert sich die unkomplizierte und vielfältige Struktur-Vliestapete zur ernst zu nehmenden Alternative zu Glasgewebe- und Papierträger. Laut Deutschem Tapeten-Institut hat sie bereits Trend-Status.
"Seit die Vlies-Ware das Segment der überstreichbaren Tapeten erobert hat, kombinieren sich Eigenschaften wie Robustheit, einfache Verarbeitung und geringe Renovierungskosten mit einer individuellen Gestaltungsvielfalt, die vielen Geschmäckern dienen kann", begründet Dario Rasch, Geschäftsführer der Tapetenfabrik Gebr. Rasch in Bramsche, den Siegeszug. Sie sorge, mit vielen praktischen Eigenschaften ausgestattet, nicht nur für farbenfrohes Wanddesign, sondern ermögliche dem Profi, das Produkt mit Wisch- und Lasurtechnik zu veredeln und so seine eigene Handschrift zu hinterlassen.
Doch ob Vlies, Papier oder Glas. Auch Martin Erfurt ist sicher, dass die Verarbeitung aller Arten überstreichbarer Wandbekleidungen mehr Flexibilität und Zeitersparnis für den Malerbetrieb bedeuten und der Kreativität viel Raum lasse. Der Geschäftsführer der Firma Erfurt, dessen Vorfahr Hugo Erfurt 1864 die Raufaser erfunden hat, verweist darüber hinaus auf die Wohngesundheit. "Produkte wie Rauhfaser sind aufgrund ihrer TÜV-geprüften Inhaltsstoffe für Allergikerhaushalte geeignet." Das gleiche gelte für die Vliesfasertapeten, die die Erfurt-Rauhfaser-Familie erweitern. Sie verzichteten komplett auf PVC, Vinyl oder andere eventuell ausdünstende Kunststoffe. "Die Strukturen entstehen hier ausschließlich durch die Heißverprägung des Vlieses", macht Erfurt deutlich. Diese positiven Eigenschaften führten dazu, dass sich Vliesprodukte im Unternehmen sehr gut entwickelten, Rauhfaserbeläge seien aber nach wie vor Marktführer.
Erfolgreiche NeuentwicklungFür Michael Freiberger, Marketingleiter bei der Marburger Tapetenfabrik, steht die individuelle Gestaltung eindeutig im Mittelpunkt. "Mit üerstreichbaren Tapeten sind schließlich auch besondere Handwerkstechniken möglich." Marburgs Marktanteil in diesem Segment liege seit Jahren auf hohem Niveau. Die Struktur-Vliestapeten hätten einen großen und wichtigen Anteil am Gesamtumsatz, wenngleich die Produkte nur einen geringen Prozentsatz vom Gesamtsortiment ausmachten. "Doch Marburgs überstreichpflichtiges Programm Patent Decor ist die weltführende Kollektion an Wand-Design-Strukturen", betont Freiberger. Durch Innovationen und immer wieder neue Dessins werde diese Position kontinuierlich gestärkt. Eine dieser Innovationen heißt Patent Decor 3D, die mit ihren ornamentalen Flachreliefs aus Spezialgranulat Dreidimensionalität herstellt. Sie wurde aus der erstmals 1990 auf den Markt gekommenen Patent Decor entwickelt.
Dario Rasch erklärt die steigende Beliebtheit der überstreichbaren Tapeten nicht nur mit praktischen und gestalterischen Aspekten, sondern auch mit einem gesellschaftlichen Wandel. Dieser mache sich mit einer "Sehnsucht nach eingerichteter Geborgenheit" bemerkbar, die die Vorliebe für zurückhaltende Wandgestaltung ablöse. "Und ganz klar greift hier der Individualisierungstrend. Individuelle Wohnträume zu verwirklichen benötigt aber auch Mut. Dieses Produkt schafft die Verbindung von Vertrautem und Neuem", betont er und verweist auf die zahlreichen Möglichkeiten, die die Kollektion Wallton mit ihren ausdrucksstarken Strukturen bietet. Insgesamt gewinne die überstreichbare Tapete bei Rasch bereits seit fünf Jahren stetig an Bedeutung und beflügele den Umsatz.
Neben Rasch und Marburg vermeldet eine ähnliche Entwicklung A.S. Création. Die Nachfrage sei leicht steigend. Allerdings betrage der Anteil an überstreichbaren Tapeten, zu denen die neuen Kollektionen Meistervlies Protect und Meistervlies Creativ gehören, noch unter 10 % am Gesamtsortiment.
Der grundsätzliche Aufwärtstrend spornt die Hersteller zu neuen Anstrengungen an - was sie sicherlich auf der Heimtextil 2011 in Frankfurt demonstrieren werden.
aus
BTH Heimtex 01/11
(Tapeten, Wandbeschichtungen)