Nationale Unternehmensgruppen versus lokale Parketthersteller
Strukturwandel in der russischen Parkettindustrie
Der Markt für Parkett und Holzfußböden in Russland ist im Umbruch - das ist die einfache und doch bedeutende Essenz eines Berichtes von Michail Sorochkin, Marketingleiter beim russischen Parketthersteller Kovcheg-Parquet. Die Veränderungen beziehen sich nicht nur auch die Branche und ihre Unternehmensstrukturen, sondern auch auf den Endverbraucher und dessen Wünsche.
Einer der derzeit wichtigsten Faktoren in der russischen Parkettindustrie ist nach Ansicht von Sorochkin der zunehmende Wettbewerb, der sich bereits in einem stetigen Schrumpfen der Produktionsvolumina beobachten lässt. Laut Russischem Amt für Statistik hat sich das Parkett-Produktionsvolumen in Russland in den vergangenen Jahren kontinuierlich und merklich reduziert, zuletzt um weitere 2,3 % auf 1,67 Mio. qm im Jahr 2002. Deutlich sichtbar sei vor allem, dass die größeren Unternehmen der Branche ihr Händlernetz stetig verbessern und so auch in Gegenden agieren können, in denen bisher nur lokale, kleinere Parkettproduzenten tätig waren. Sicherlich werde die Marktbereinigung sich fortsetzen und die nationalen Unternehmen auch in den nächsten Jahren weiter gegenüber den lokalen Anbietern an Bedeutung gewinnen, heißt es.
In den kommenden Jahren wird es nach Ansicht des russischen Experten vor allem auch darum gehen, die Preise für Parkett nachhaltig zu erhöhen. So stieg laut Kovcheg-Parquet in den Jahren 2001/2002 der durchschnittliche Erlös für Parkettprodukte zwar um rund 12 %, die Kosten für Baumaterialien allgemein nahmen aber im Vergleich um 30-50 % zu. Um die Wertigkeit des Produktes zu erhöhen, sieht Sorotschkin verschiedene Möglichkeiten:
- Qualitätsverbesserung dank Modernisierung (bessere Trockenaggregate und Holzbearbeitungsmaschinen)
- Verbesserung der Zuverlässigkeit der Parkettleger
- Erhöhung der Attraktivität (ansprechendere Verpackungen u.ä.)
- Stärkere Verbreitung des "Kunstparketts "
- Verlängerung der Garantiefristen
- Verbesserung von Versicherungs- und Kreditpraxis
- Steigerung der Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten
- Kostenreduzierung an der Rohstoffbasis mittels dünnerer Deckschichten
In der Vergangenheit haben die großen Hersteller nach Ansicht von Kovcheg-Parquet vor allem in neue, moderne Maschinen investiert, um ihre Produktionsqualität zu steigern. Mittlerweile werde aber immer deutlicher, dass für die Zufriedenheit des Kundens viele andere Aspekte wie beispielsweise die Qualität der Verlegung von mindestens eben solcher Bedeutung sind.
Hinsichtlich der regionalen Verteilung der Parkettproduktion in Russland, zeigt sich deutlich eine zweiteilige Struktur. Zum einen liegen die Parkettwerke in der Nähe des Rohstoffes Holz, wo teilweise in kleinen, lokalen Betrieben produziert wird. Zum anderen gibt es Produktionsstätten in der Nähe der großen Absatzmärkte, wo dann der Rohstoff selbst von weit her transportiert werden muss. So wurde im Jahr 2001 laut Kovcheg-Parquet in rund 100 Unternehmen in ca. 14 Regionen Russlands produziert.
Dabei ging über 60 % der gesamten Parkettproduktion Russlands auf vier Regionen zurück: Gebiet Moskau (30 %), Region Krasnodar im Nordkaukasus (15 %), Udmurtische Republik im Westural (10 %) und die Republik Adygien ebenfalls im Nordkaukasus (7 %).
Der Marktanteil der nicht-russischen Produzenten am heimischen Markt wird sich durch eine zunehmende Professionalität der russischen Produzenten reduzieren, meint Sorochkin, ohne dass die ausländischen Produzenten komplett vom Markt verschwinden würden, denn immerhin könnten sie spezifische Produkte bzw. Parkett aus exotischen Hölzern produzieren, wozu die russischen Produzenten nicht in der Lage seien.
Zertifizierung könnte zu Überangebot in Russland führen
Einen gewissen Einfluss auf die Parkettproduktion in Russland sieht Kovcheg-Parquet auch auf Grund der zunehmenden Holz-Zertifizierung in Europa und den USA. Hier gibt es seit längerem Bemühungen um verschiedene Gütesiegel, die die Herkunft des verwendeten Holzes aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern nachweisen.
Neben der Waldbewirtschaftung in Südasien, Zentralafrika und Südamerika ist in dieser Hinsicht auch die russische Forstindustrie in die Kritik geraten. Die Steigerung der Nachfrage nach solchen beispielsweise FSC-zertifizierten Produkten könnte nach Ansicht von Sorotschkin dazu führen, dass es in Zukunft ein Überangebot in Russland geben werde. Zum einen würden Produzenten von Parkett aus tropischen Holzarten, die nicht zertifiziert sind, verstärkt nach Russland liefern, da die dortigen Verbraucher kaum auf ein entsprechendes Logo achten würden. Zum anderen könnte es auch dazu führen, dass russische, nicht-zertifizierte Parkettproduzenten selbst weniger Ware exportieren und diese in Russland verbleibt.
Veränderungen auf Produktebene
Neben einem Wandel in der Branchenstruktur erwartet Kovcheg-Parquet in nächster Zeit deutliche Veränderungen auf Produktebene. So sei in Russland die Umstellung von Massivparkett auf Mehrschichtparkett noch im vollen Gange, insbesondere im günstigen Preissegment.
Außerdem prognostiziert das Unternehmen eine in Zukunft größere Nachfrage nach Parkett. Hauptargument für den Einsatz von Parkett im Privatbereich in Russland sei vor allem die Langlebigkeit des Holzbodens, da in vielen Regionen des Landes Häuser noch immer für Generationen gebaut würden. Des Weiteren kämen Sommerhäuser auf dem Land wieder in Mode und gerade hier liege das Bauen mit natürlichen Materialien wie Holzparkett voll im Trend, meint Sorotschkin.
Dabei dürften nicht die Konkurrenten des Parkettbodens übersehen werden. Massivholzdielen beispielsweise, die den gegenwärtigen Geschmack von Teilen der Bevölkerung treffen, so Sorochkin weiter. Um das rustikale Oberflächenbild einer Massivholzdiele auf Parkett zu übertragen, werden an Parkettelemente 4-10 mm breite Adern aus Ahorn, Wengé, Merbau, Eiche oder anderen Holzarten angearbeitet. Dadurch ergebe sich die Ästhetik eines Country-Stils bei gleichzeitig verbesserter Stabilität.
Langfristig geht Kovcheg-Parquet davon aus, dass sich die Anzahl der für Parkett eingesetzten Holzarten weiter reduziert - auf Grund der schlechteren Verfügbarkeit tropischer Holzarten. Entsprechend sei zu erwarten, dass die Parketthersteller dunkle Böden mit technischen Möglichkeiten realisieren.
aus
BTH Heimtex 01/05
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