Wie prüft man den Raumschall in Räumen mit Laminat- und Holzfußböden?
In einem Vortrag auf dem Fußbodenkolloquium des Instituts für Holztechnologie Dresden fasste Heiko Kühne im November 2003 die Suche der Hersteller und Prüfinstitute nach geeigneten Methoden für eine möglichst objektive Bewertung von akustischen Empfindungen im begangenen Raum zusammen. Bis dahin wurde die Dämmwirkung von Materialien durch das Trittschallverbesserungsmaß nach DIN EN ISO 140 charakterisiert. Es hatte sich aber gezeigt, dass die dafür heranzuziehende Prüfungsmethode nicht geeignet war, die akustischen Empfindungen eines Menschen im begangenen Raum annähernd zu bewerten.
Im Grundsatz werden vier prüftechnische Ansätze verfolgt, um die Belastung eines Bodens zu simulieren und den Luftschall im begangenen Raum zu erfassen:
1. Eine Stahlkugel oder Hartgummikugel mit geringer Masse (110 g bzw. 45 g) wird aus Fallhöhen von 25 cm bzw. 155 cm auf den Boden fallen gelassen. Dabei wird die Luftschallemission im Frequenzbereich von 200-20.000 Herz erfasst.
Kritik: Die so erzeugten Stöße und Schwingungen des Fußbodenaufbaus entsprechen nicht der Belastungssituation beim Begehen.
2. Normtrittschall-Hammerwerk nach der französischen Norm NF S31-074: Diese Prüfmethode - bis dahin in der Bauakustik angewendet - wurde in dem Normentwurf EPLF 021029-1 vom Oktober 2003 aufgegriffen und leicht verändert (modifizierter Deckel). Außerdem soll als Messresultat die psychoakustisch lineare Kenngröße "Sone" verwendet werden.
Kritik: Der Schwerpunkt dieser Methode liegt bei der Trittschall-Thematik, nicht beim Gehschall.
3. Modifiziertes Hammerwerk: Unter den Metallhämmern werden zusätzliche Dämpfmaterialien angebracht, um durch Anpassung der Impedanz das Begehen eines Bodens zu simulieren.
Kritik: Zwar wurden Untersuchungen zum Gehschall durchgeführt, doch stammt die Ausgangs-Methode aus der Trittschall-Problematik.
4. Werknorm ihd-W 431: Das Institut für Holztechnologie und das Institut für technische Akustik der TU Dresden entwickelten eine Methode, bei der Personen eingesetzt werden, um eine praxisnahe Anregung des Fußbodenaufbaus zu erzeugen. Mit diesem Verfahren wurden über 250 verschiedene Fußbodenaufbauvarianten bewertet.
Kritik: Um einer genormten Prüfmethode zu entsprechen, müsste die Objektivität verbessert werden. Prüfparameter, wie Schuhabsatzlänge, wären zu definieren.
Als Fazit erklärte Heiko Kühne 2003: "In Probandentests wurde nachgewiesen, dass sowohl die Bewertungsgröße "Sone" als auch die Prüfmethodik nach ihd-W 431 am besten das Lautheitsempfinden der Probanden wiedergibt. Es wurde aber auch deutlich, dass das Klangempfinden eine ergänzende Komponente darstellt. So werden beispielsweise Geräusche mittlerer Klangfarbe angenehmer empfunden. Das Verfahren nach ihd-W 431, bei dem die Schallanregung durch eine gehende Person erfolgt, wurde modifiziert und stellt weiterhin die praxisnaheste Prüfmethode dar."
Hersteller nutzen bereits das EPLF-System
Burkhard Plinke vom Wilhelm Klauditz Institut des Fraunhofer Instituts für Holzforschung hat in einer jüngeren Veröffentlichung die EPLF-Entwicklung einer Prüfmethode zum Raumschallverhalten von Laminatfußböden im Focus:
"Um zu prüfen, welche Aufbauten und Materialkombinationen sich für Entwicklung "leiser" Laminatböden eignen, wird durch den EPLF ein reproduzierbares und aussagefähiges Messverfahren erarbeitet. Damit steht demnächst eine einheitliche Prüfvorschrift für das Raumschallverhalten von Laminatböden zur Verfügung. Die Hersteller nutzen das Messprinzip bereits intensiv für ihre Produktoptimierung.
Bisher wurden verschiedene Verfahren für die Schallanregung und -messung angewandt, z.B. der menschliche Fuß und die Hartgummikugel. Der Technische Arbeitskreis (Technical Commission) des EPLF hat das modifizierte Normhammerwerk in Anlehnung an ISO 140 für die Schallanregung sowie die Lautheitsanalyse nach Zwicker (ISO 532B) für die Auswertung eingeführt.
Prüfaufbau mit Normhammerwerk
Eine Probefläche von 2,00 x 2,40 m wird in einem Prüfraum mit ausreichend großer Schallabsorption auf einer geglätteten Betonrohdecke ausgelegt. Das Hammerwerk steht ohne Gehäuse auf der Fläche. Für eine Messzeit von 30 s wird das Geräusch bei einem Mikrofonabstand von 1 m im Frequenzbereich von 125 Hz bis 12500 Hz als 1/3 Oktavenspektrum aufgezeichnet. Dieser Vorgang wird achtmal bei verschiedenen Messpunkten und Richtungen wiederholt.
Die gemessenen Spektren werden in die spezifische Lautheit in Sone pro Bark und die Gesamtlautheit in Sone umgerechnet. Das Besondere dieser Umrechnung ist, dass die Frequenzskala in Bark der Bewertung des menschlichen Ohres näher kommt. Der Mittelwert aus den vier "leisesten" Messungen gibt den produktspezifischen Wert für die Raumschallemission, englisch "drum sound", an. Die Prüfberichte enthalten außerdem das Spektrum der spezifischen Lautheit.
Bei der Bark-Skala ist die Gesamtlautheit proportional der Fläche unter der Kurve. Werte mit Abständen <2 Sone sind bei gleichem Spektrum nicht wahrnehmbar, andererseits können Produkte mit sehr unterschiedlichen Spektren durchaus sehr ähnliche Sone-Werte ergeben. Die Differenz der Gesamtlautheit zweier Messungen ermöglicht jedoch klare Aussagen über das Raumschallverhalten eines Laminatbodens.
Was sind gute Raumschallwerte?
Sinnvoll ist der Vergleich von einem Laminatboden mit Dämmkaschierung und einem Boden ohne Dämmkaschierung, schwimmend auf PE-Schaumfolie verlegt. Laminatböden zeigen typischerweise einen Peak zwischen 400 und 1.000 Hz (entsprechen ca. 5 bis 9 Bark), der auf der Flächenmasse des Laminats sowie der dynamischen Steifigkeit und der Ausführung der Dämmunterlage beruht. Die Oberflächenhärte der Nutzschicht erzeugt üblicherweise einen zweiten Peak zwischen 2.000 und .3000 Hz (entsprechen ca. 14 bis 17 Bark).
Gute Dämmunterlagen mindern den zweiten Peak durch Ankoppelung des Bodens an die schwere Rohdecke - jedoch um den Preis einer möglicherweise schlechteren Trittschalldämmung - und verschieben den ersten Peak zu höheren Frequenzen. Dieser bleibt dabei weiterhin unter 1.000 Hz. Sehr gute Dämmungen erzielen zum Beispiel Differenzen von bis zu 20 Sone in der Gesamtlautheit gegenüber einem schwimmend auf PE-Schaumfolie verlegten Boden. Die Verschiebung im Spektrum ist ebenfalls zu beachten: Ein gedämpfter zweiter Peak und ein zu höheren Frequenzen verschobener erster Peak werden nach Erfahrungen aus Begehversuchen eher als angenehm empfunden.
Zwei Fußböden können durchaus unterschiedlich klingen, obwohl die Sone-Werte für die Gesamtlautheit sehr ähnlich sind, wenn nämlich unterschiedlich charakteristische Frequenzen angeregt werden, die aber nur horizontalen Verschiebungen im Spektrum entsprechen. Werte für die Gesamtlautheit sind also nur im Zusammenhang mit der Kurve der spezifischen Lautheit vergleichbar."
aus
Parkett Magazin 03/04
(Bodenbeläge)