Schulterschluss zwischen Parkett- und Gebäudereinigerhandwerk
Auf Parkett in Hotelzimmern bestens vorbereitet
Als Geschäftsführer des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereinigerhandwerks ist Johannes Bungart viel auf Reisen. Wenn er in Hotelzimmern einen Teppichboden vorfindet, hat er sich schon oft gewundert: "Eigentlich unvorstellbar, dass es das noch immer gibt. Wie schön sind doch Holzfußböden". Niemand wird Bungart Parteinahme vorwerfen können: Einem Gebäudereiniger ist es einerlei, ob er einen Textil- oder einen Holzfußboden pflegt.
Zum Gespräch mit dem ParkettMagazin in der Bonner Verwaltungszentrale des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereinigerhandwerks hat Johannes Bungart als Dritten in der Runde Richard Fuhs aus Düsseldorf gebeten. Die Familie Fuhs betreibt in vierter Generation ein Unternehmen, das sich von Anfang an mit Parkettverlegung befasste, sich inzwischen überwiegend der Gebäudereinigung zugewendet hat, aber immer noch mit Parkett arbeitet. Mit Parkettlegerkollegen in Düsseldorf verbindet Richard Fuhs eine enge Zusammenarbeit.
Einen seiner schönsten Momente erlebte "der Parkettleger in Richard Fuhs", als er beim Bundesleistungswettbewerb des Nachwuchses in Bremen die Leistungen der Gebäudereiniger-Gesellen zu bewerten hatte. Deren Aufgabe war es, den Parkettfußboden in einem Saal des Bremer Landgerichts von Grund auf zu reinigen. Den alten Boden behielt Fuhs "wie geteert" in Erinnerung. Die Aufgabe bestand darin, dass dieser Boden nass - d.h. mit Wasser und chemischen Lösemitteln, die vom Prüfling selber zu bestimmen waren - bearbeitet werden musste. Mechanische Reinigung hätte zu Staubentwicklung geführt und war wegen kostbarer Gobelins im Saal zu vermeiden. Eine knifflige Arbeit unter erschwerten Bedingungen also, die auch Parkettleger-Knowhow erforderte.
Kaum Verbindung zwischen Parkettlegern und Gebäudereinigern
Zwischen Parkettlegern und Gebäudereinigern besteht ein indifferentes Verhältnis. Selten gibt es fachliche Gemeinsamkeiten wie im Falle Fuhs oder der Firmen Parkett Dietrich in Wuppertal und Wellmann in Gießen, die mit Zweitfirmen auch im Gebäudereinigungssektor tätig sind. Oft beklagt das Parkettlegerhandwerk unsachgemäße Pflege von Holzfußböden, während das Gebäudereinigerhandwerk im Bereich der Reinigung und Pflege von Holzfußböden "so gut wie überhaupt keine Reklamationen" kennt, wie Johannes Bungart betont. Tatsächlich ist die Ausbildung zum Gebäudereiniger auch im Hinblick auf Holzfußböden so anspruchsvoll, dass mangelnde Sach- und Fachkenntisse des Reinigungs- und Pflegepersonals als Ursache von Parkettschäden "normalerweise auszuschließen" sind - wenn denn ein Fachbetrieb beauftragt wurde.
Eine "erstaunlich entwickelte" Branche
Das Gebäudereinigerhandwerk hat in den letzten Jahrzehnten viel dafür getan, dass sich das Klischee von der "Putzkolonne" zum Renommee des qualifizierten Handwerksbetrieb wandelt. Seit 1934 als Vollhandwerk anerkannt, zählte die Branche am Jahresende 2001 rund 6.400 Unternehmen, die meisten davon klein- und mittelständische Betriebe, aber auch Großbetriebe mit bis zu 40.000 Mitarbeitern bundesweit. Auf die rund 2.600 Unternehmen, die im Bundesverband organisiert sind, konzentrieren sich 90 % aller gewerblich erbrachten Reinigungsleistungen in Deutschland. Insgesamt beschäftigt das Gebäudereinigerhandwerk mehr als 705.000 Mitarbeiter. Das sind 10 % aller Beschäftigten im Handwerk und etwa 2 % aller Erwerbstätigen in Deutschland. Arbeitslosigkeit und Lehrstellenmangel sind in diesem Handwerk Fremdwörter. Die Zahl der Ausbildungsplätze stieg jahrelang kontinuierlich an und liegt gegenwärtig - nach leichtem Rückgang in den letzten beiden Jahren - bei etwa 3.400.
"Relativ unauffällig und erstaunlich entwickelt" beschreibt Geschäftsführer Bungart die Branche. Sie besetzt zahlreiche Tätigkeitsfelder. Das Lernfeld "Behandeln von nichttextilen Fußböden", das sich auch auf Holzfußböden bezieht, weist neben den Lernfeldern "Behandeln von Fassaden" und "Behandeln von Sanitärbereichen" das größte Unterrichtsvolumen auf. Um die Gesellenprüfung zu bestehen, müssen Lehrlinge die maschinelle Reinigung und Pflege eines Holzfußbodens beherrschen. Zu den Prüfungsanforderungen bei der Meisterprüfung gehören nicht nur das Abziehen, Schleifen und Versiegeln von Holzfußböden, sondern auch Kenntnisse der chemischen und biologischen Zusammenhänge und der Wirkungsweise der verwendeten Reinigungs- und Pflegemittel. Hinzu kommt Wissen über die zu behandelnden Werkstoffe, ihre Untergründe und ihre chemischen und physikalischen Verhaltensweise, obendrein Oberflächenveränderungen infolge unterschiedlichster Einflüsse.
Derart vorbereitet, ist das Gebäudereinigerhandwerk in Bereiche vorgedrungen, wo eine Reinigung mit "Hausmitteln" nicht zu bewältigen oder unwirtschaftlich ist. Der Trend zum Outsourcing und zum Lean Management führte der Branche viele öffentliche und gewerbliche Auftraggeber zu. Allerdings: "Infolge der wirtschaftlichen Rezession werden Reinigungsintervalle inzwischen vergrößert, Leistungsverzeichnisse gekürzt".
Bei Industriekunden, betont Bungart, seien Vergabevolumen und Rationalisierungspotentiale nahezu ausgeschöpft. Zu den Bereichen, die noch Möglichkeiten böten, zähle die Hotellerie. Hier zahle sich die Vergabe der Reinigungsleistungen an gewerbliche Unternehmen mit fachlichem Knowhow eindeutig aus.
Planungssünden, die sich rächen
Bereits in der Planungsphase kann sich der Einsatz professioneller Reinigungsunternehmen bezahlt machen. "Rund 2 bis 3 % der Bausumme eines Gebäudes entfallen Jahr für Jahr auf die Reinigungskosten. Bauherren und Architekten denken aber oft erst an Reinigungsaufgaben, wenn die Übergabe eines neu erbauten Hauses bevorsteht.
Gerade dann sind jedoch aus Sicht der Reinigungstechnik häufig bauliche Mängel entstanden, die eine optimale Reinigung unmöglich machen. Folge sind überhöhte Reinigungskosten, die, bezogen auf die gesamte Nutzungsdauer des Objekts, enorme Beträge ausmachen", heißt es in einer Broschüre der Gebäudereiniger. Welcher Parkettleger und Bodenleger könnte das nicht unterschreiben? Mehrkosten für Reinigung und Pflege, die durch Planungsmängel (z.B. fehlendes Schmutzfangsystem oder zu helle Fußböden) entstehen, können nach Verbandsberechnungen mehr als 16 % ausmachen. Auf einem anderen Blatt steht das Thema Nachlässigkeit: Auch die abnehmende Bedeutung des Wertes Sauberkeit führe, wie der Verband mit Sorge bemerkt, oft zu irreparablen Folgeschäden.
Werteverfall und seine Folgen können sich Hotellerie und Gastronomie nicht leisten. Liegt also nichts näher als der Schulterschluß zwischen Hoteliers, Parkettlegern und Gebäudereinigern? Geschäftsführer Bungart sieht Grund zum Optimismus: "Der Renovierungsstau in Hotelzimmern mit Teppichböden, die trotz aller Reinigung immer verdächtig sind und von vielen Gästen als höchst unhygienisch empfunden werden, ist enorm. Vor den Parkettlegern liegt ein enormes Potenzial. Und im Gebäudereinigerhandwerk verfügen 30 % aller Meisterbetriebe, die wir vertreten, heute schon über Erfahrung im Umgang mit Holzfußböden".
Versiegelt oder geölt ?
Sollte - aus der Sicht eines Reinigungsbetriebes - der Holzfußboden in einem Hotelzimmer besser versiegelt oder geölt sein? "Eine schwere Entscheidung", wie Johannes Bungert und Fachmann Richard Fuhs einräumen. Lackierte Böden seien leichter zu pflegen, geölte Böden leichter zu renovieren. Bei den heutigen Mitteln und Methoden stelle beides reinigungstechnisch kein Problem dar. Die Kostenfrage sei abhängig von Art und Güte der Reinigungs- und Pflegemittel. Einhellige Meinung: "Prinzipiell ist ein Parkettboden im Hotelzimmer leichter zu reinigen und zu pflegen als ein Teppichboden. Außerdem ist er langlebiger und damit wirtschaftlicher. Dabei ist es durchaus nicht erforderlich, alle zwei Wochen die volle Show abzuziehen. Das ist zu teuer und macht das Parkett nicht besser."
Unter den Herstellern, mit deren Produkten die Gebäudereiniger im Bereich Holzfußböden arbeiten, werden u.a. Pallmann, Bona, Loba und Berger-Seidle genannt.
Für Gebäudereiniger - ebenso wie für Parkettleger - wichtig ist die Oberflächenbehandlung auch im Hinblick auf Rutschhemmung. Und noch ein Problem gehört zum Beratungsumfang der Reiniger: Die Raumluftfeuchte.
Aber Architekten zeigen sich dem gegenüber oft resistent, bedauert Bungart : "Viele betreiben beispielsweise mit riesigen Glasflächen Selbstverwirklichung, auf Kosten der Gesundheit anderer". In modernen Bürohäusern sei dieses Problem besonders ausgeprägt, in Hotelzimmern aber auch nicht zu unterschätzen. Jedenfalls trage es wesentlich zur angenehmen Atmosphäre in einem Hotelzimmer bei, wenn der Boden nicht mulmig, die Luft nicht zu trocken und das gesamte Ambiente einen gepflegten Eindruck mache.
aus
Parkett Magazin 01/03
(Handwerk)