Dr. Rudolf Luers, Hauptgeschäftsführer des GD Holz
Renovierungsmarkt und Montagebetriebe als eine Zukunftsperspektive
Während vor einigen Jahren noch Holz im Wert von rund zehn Milliarden Euro gehandelt wurde, lag das Holzhandelsvolumen 2003 nur noch bei ca. neun Milliarden Euro. Fakt ist: Die Basis für den Holzhandel ist schmaler geworden. Was kann der Holzhandel tun, um sich auf die Situation einzustellen? Eine planmäßige Bearbeitung des Renovierungsmarktes, beispielsweise mit einem "Renovierungs-Check", und die gezielte Ansprache des werkstattlosen Handwerkers als wachsende Kundengruppe sind zwei der Ideen, die der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes Deutscher Holzhandel, Dr. Rudolf Luers, in die aktuelle Diskussion einbringt.
Der Holzhandel steckt in der Klemme, so hört man es von allen Seiten. Das Handelsvolumen wird kleiner und der Vertriebskanal Holzfachhandel bekommt zunehmend Konkurrenz - sei es durch den Direktvertrieb der Industrie oder durch den Vertriebsweg Baufachmärkte im Do-It-Yourself-Segment. Dass die Basis für den Holzhandel schmaler geworden ist, belegen auch die Zahlen: Nicht nur das Holzhandelsvolumen ist im Jahr 2003 auf 9,3 Mrd. EUR gesunken, sondern auch die Anzahl der Betriebe über einer Größe von 250.000 EUR Umsatz hat sich in den vergangenen Jahren um etwa ein Viertel reduziert.
Natürliche Kompetenzen des Fachhandels
Nach Ansicht des GD Holz-Geschäftsführers wird es in den kommenden Jahren darum gehen, die Attraktivität der Fachhandelsschiene zu bewahren und zu stärken. Dabei müssen "die natürlichen Kompetenzen des Handels" deutlich hervorgehoben werden. Hochwertige Sortimente, Sortimentsbreite und Sortimentstiefe, Beratungsqualität sowie allzeitige Lieferfähigkeit innerhalb eines großen preislichen Gestaltungsspielraums sind in diesem Zusammenhang die entscheidenden Merkmale, die den Holzhandel beispielsweise vom Baumarkt unterscheiden. Da der Naturstoff Holz ein erklärungsbedürftiges Produkt ist, stehen die Chancen gut, dass sich der Holzfachhandel auch in schwierigen Zeiten behauptet. Unterstützend wirke zudem, so Dr. Luers, dass die Komplexität der Produkte wächst und damit auch die Beratungsnotwendigkeit.
Da aber auch die Industrie seit geraumer Zeit neue Vertriebskanäle erschließt, muss sich der Holzfachhandel als Vertriebsweg empfehlen und unverzichtbar machen. Das kann nach Ansicht des Handelsexperten allerdings nur funktionieren, wenn dem Holzfachhandel entsprechende Produkte zur Verfügung stehen: Starke Marken sind für den Handel entscheidend. Wird die Markenpolitik "verwässert", also renommierte Handelsmarken auch auf der "Billig-Schiene" vermarktet, dann werde es dem Holzfachhandel unmöglich gemacht, seine Kompetenz unter Beweis zu stellen, meint Rudolf Luers.
In den vergangenen Jahren haben sich im Holzhandel insbesondere der Handel mit Bodenbelägen aus Holz oder Laminat sowie der Gartenbereich als Umsatzstützen erwiesen. Diese Marktsegmente gilt es nach Ansicht des GD Holz planmäßig weiter zu bearbeiten. Das Zuhause wird auch in Zukunft im Fokus des Verbrauchers liegen, da das eigene häusliche Umfeld einen Ort der Geborgenheit in einer unsicher gewordenen Welt darstellt. Neu hinzu kommt der Zwang vieler Verbraucher, Ein-sparungen am Lebensstandard vorzunehmen. Dr. Luers: "Warum soll man sein Geld für teure Urlaube in unsicheren Gebieten ausgeben, wenn man auch zu Hause schön und preiswert leben kann."
Renovierungssektor planmäßig bearbeiten
Allgemein wird erwartet, dass der Wohnungsneubau bei etwa 250.000 Einheiten pro Jahr stag-nieren wird. Chancen bieten sich aber im Renovierungsmarkt. Bereits jetzt entfallen 62 % aller Bautätigkeiten auf das "Bauen im Bestand". Für die nächsten Jahre wird ein Anstieg auf 70 % prognostiziert, erklärte beispielsweise der Geschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Michael Knipper auf dem Zukunftssymposium des GD Holz im Herbst 2004.
Der Renovierungsmarkt gilt allgemein als riesig, der gesamte Bedarf wird deutschlandweit auf 86 Mrd. EUR geschätzt. Schwierigkeiten bereitet allerdings, den Bedarf auch tatsächlich in eine Kaufentscheidung umzuwandeln. Dr. Luers sieht den Engpass bei den Handwerkern, die Renovierungsleistungen anbieten und vermarkten müssen. Es stelle sich die Frage: "Was kann der Holzfachhändler tun, um den Handwerker als ,verlängerten Arm für den Absatz seiner Produkte einzusetzen?"
Eine erste Idee ist ein "Renovierungs-Check" unter den Schlagworten "Sicherheit, Stil und Sparsamkeit" ("3S-Check"). Als Beispiel könnte der sogenannte "E-Check" im Elektrohandwerk dienen, der vom Handwerk zentral und dezentral beworben wird, z.B. auf den Flächen der Transportfahrzeuge. Der Haus- bzw. Wohnungseigentümer kann beim E-Check bei Interesse und gegen eine gewisse Gebühr, von einem Handwerker überprüfen lassen, ob seine elektrischen Anlagen dem Stand der Technik entsprechen und ob sie sicher sind. Dies ließe sich auch auf Wohnräume ausdehnen, meint Dr. Luers. So ließe sich prüfen, ob Haustüren und Fenster das gestiegene Sicherheitsbedürfnis erfüllen, der Wohnstil noch zeit- bzw. altersgemäß ist und die Wärmedämmung zur Energieeinsparung verbessert werden könnte. Kommt es zur Auftragserteilung, würden die Beratungsgebühren mit dem Auftrag verrechnet. Dieser Weg sei nur einer von vielen Möglichkeiten, mit denen man sich in Zukunft beschäftigen muss. Letztlich geht es vor allem darum, "den eher zufälligen Kaufimpuls planbar zu machen und in eine Bahn zu lenken."
Montagebetriebe gezielt bedienen
Mit Blick auf die Veränderungen im Tischler- und Schreinerhandwerk rückt die Gruppe der werkstattlosen Betriebe verstärkt in den Vordergrund. Während seit Mitte der 90er Jahre die traditionellen, handwerklichen und industriellen Werkstätten um knapp 54 % zurückgegangen sind, hat sich die Anzahl der Montagebetriebe seit 1995 beinahe verdoppelt, berichtete Martin Langen von B & L Marktdaten auf dem Zukunftssymposium des GD Holz im Herbst. In den kommenden Jahren wird sich dieser Trend nach Ansicht der Marktforscher noch weiter verstärken. Für die Tischler und Schreiner wird eine weitere Abnahme der Beschäftigtenzahl von jetzt 206.000 auf nur noch 159.000 im Jahr 2010 prognostiziert. In sechs Jahren könnten ein Viertel aller Innenausbauleistungen durch werkstattlose Betriebe erfolgen, größtenteils auch als Subunternehmer für Generalunternehmer.
Dr. Luers: "Früher gab es festgefügte Strukturen - der Vollhandwerker hat sich traditionell beim Großhandel bedient und dessen Distributions- und Finanzierungsfunktion genutzt." Die werkstattlosen Handwerker hätten aber insgesamt andere Ansprüche: Sie bevorzugen Einkaufsquellen, bei denen direkt gekauft und mitgenommen werden kann. Allerdings gegen Cash, wobei aber auch Baumärkte mittlerweile dazu übergehen, Rechnungen zu stellen bzw. entsprechende Schuldner-Konten zu führen.
Auf die Präferenzen der Halbprofis sind die Baumärkte nach Ansicht von Dr. Luers prinzipiell gut vorbereitet - wie das Beispiel von Hornbachs Drive-In-Märkten zeigt. Die Baumärkte verfügen im Prinzip über gute Standorte und werden mit entsprechender Infrastruktur geplant - Einfahrtsmöglichkeiten für Kleintransporter in das Lager bzw. den Verkaufsraum. Hierauf muss der Holzfachhandel insbesondere im Großhandelsbereich reagieren. Aber auch der gut aufgestellte Einzelhändler kann diese Marktnische besetzen, da seine Kundenstruktur dem Kaufverhalten der Halbprofis ähnelt und er zusätzlich über einen guten Bekanntheitsgrad verfügt. Schwierigkeiten ergeben sich im semiprofessionellen Bereich allerdings bei der zielorientierten Ansprache, meint der GDH-Geschäftsführer. Die Handwerksorganisationen gehen von einer hohen Fluktuation der "Nicht-Meister-Betriebe" aus. Es ist die Rede davon, dass bis zu einem Drittel der Unternehmen über kurz oder lang wieder vom Markt verschwinden wird. Gefährlich ist dies vor allem dann, wenn Käufe auf Kredit getätigt wurden. Andere Probleme ergeben sich aus dem sehr geringen Organisationsgrad der Werkstattlosen. Anders als Tischler, Schreiner, Zimmerer und Parkettleger sind sie nicht in Innungen organisiert, teilweise wehren sich laut Dr. Luers die berufsständischen Handwerksorganisationen sogar gegen eine Aufnahme, weil sie den Gedanken des Vollhandwerks, das nur ein Meis-ter ausüben darf, verwässern. Während über die Innungen eine gute Kontaktpflege möglich ist, bleibt dies für die Werkstattlosen aus Sicht des Handels wegen der fehlenden Strukturen verwehrt.
Holzhändler werden zu Logistik-Dienstleistern
Doch nicht nur Veränderungen im Kundenbereich lassen die Situation im Holzhandel eine andere werden. Auch die allgemeine Struktur des Holzhandels verändert sich. So entwickeln sich Holzhändler grob gesprochen "vom regionalen Vollsortimenter über den überregionalen Vollsortimenter zum Logistikzentrum", meint der Geschäftsführer des Verbandes. Damit und mit der einhergehenden Filialisierung stünden neuerdings Unternehmen miteinander im Wettbewerb, die früher räumlich weit voneinander getrennt waren. Gleichzeitig bedeutet dieser Umbruchprozess allerdings auch, dass "der Handel an den Handel liefert" und sich so für die Logistik-Dienstleister andere Absatzwege und damit auch neue Chancen ergeben. Schließlich erwähnt Dr. Luers Konzepte, die auf enge Kundenbindung setzen. Dabei verlässt sich der Handel auf klassische Werbemittel, bietet dazu aber auch Dienstleistungen an, die wiederum auf den Endkunden als den eigentlichen Kaufentscheider setzen.
Es ist nach Ansicht des Branchenexperten keine Frage, dass sich das Umfeld für den Holzfachhandel verändert hat. Es gibt Alternativen zum Vertriebskanal Handel. Um mit diesen neuen Anforderungen umzugehen, sind die beiden wichtigsten Handlungsfelder markiert: Den Handelsweg attraktiv halten und die Anstrengungen in das Produktmarketing intensivieren. Dabei steht der Holzfachhandel nicht allein. Die Charta für Holz der Bundesregierung strebt innerhalb von zehn Jahren eine Erhöhung des Holzverbrauchs in Deutschland von jetzt 1,1 auf 1,3 qm je Kopf an. Was im ersten Moment sehr ambitioniert erscheint, relativiert sich, wenn man die Nachbarn im Süden und in Skandina-vien betrachtet, die einen erheblich höheren Pro-Kopf-Verbrauch aufweisen. Der GD Holz setzt sich mit anderen Verbänden der Holzwirtschaft nun dafür ein, konkrete Maßnahmen für die Zielerreichung zu erarbeiten und die Umsetzung zu beschleunigen.
Kooperationen einbinden
Dabei kann der Holzfachhandel naturgemäß auch auf die Kooperationen setzen. Sie bieten erhebliche Vorteile im Beschaffungs- und im Absatzmarketing, je nach individueller Ausrichtung der Geschäftsstrategie. Handelstheoretiker im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels gehen sogar davon aus, dass viele mittelständische Unternehmen nur dann eine Überlebenschance besitzen, wenn sie sich derartigen Verbundgruppen anschließen. Allerdings sind dafür je nach Kooperation auch Voraussetzungen zu erfüllen. Aus Sicht der Holzfachhandelsunternehmen ist für solche Entscheidung wiederum das Wettbewerbsumfeld wichtig. Der nächste Wettbewerber, der der gleichen Kooperation angehört, sollte zumindest soviel räumlichen Abstand haben, dass die eigene Mitgliedschaft noch als Wettbewerbsvorteil genutzt werden kann.
Kooperationen und GD Holz gemeinsam bilden nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers ein komplementäres System: Hier die unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile der Kooperationen, dort aber und gleichsam unverzichtbar, das berufsständisch-holzfachliche Lobbying, die holzfachliche Kompetenz und die Plattformfunktion des Gesamtverbandes Deutscher Holzhandel.
Dr. Luers: "Ich schaue mit Optimismus in die Zukunft. Die schlechte Nachricht mag sein, dass wir nicht mehr 10 Milliarden, sondern nur noch 9 Milliarden Euro jährlich umsetzen. Die Gute ist, es sind 9 Milliarden Euro bei einem Viertel weniger Betriebe. Holz und seine derivaten Produkte sind kein Nischenangebot. Holz ist ein Werkstoff mit Zukunft. Daraus erwachsen Chancen, die sich allerdings nicht von allein einstellen. Gefragt ist das tägliche Unternehmertum, diese Chancen zu ermitteln und vor allem - zu ergreifen."
aus
Parkett Magazin 01/05
(Handel)