Qualitätsmanagement-Zertifizierung nach ISO 9001:2000
Überprüfung auf Herz und Nieren
Regelmäßig berichten Industrieunternehmen, dass sie jetzt nach ISO 9001:2000 zertifiziert seien. Doch was steckt eigentlich dahinter? Im Grunde zunächst die Bestätigung, dass das Unternehmen möglichst optimal arbeitet und die Produkte/Dienstleistungen durch standardisierte Arbeitsweise von gleichbleibender Qualität sind. Die Prüfungen dürfen verschiedene Zertifizierungsunternehmen durchführen, deutschlandweit sind 111 Zertifizierer bei der Trägergemeinschaft Akkreditierung (TGA) angemeldet. Eines der prüfenden Unternehmen ist TÜV Nord Cert. Im Folgenden gibt Iris Maaß, eine der TÜV-Auditorinnen, einen Überblick über die Vor- und Nachteile einer Zertifizierung - auch mit Blick auf eine Zertifizierung von Handwerksunternehmen.
Wenn nicht die Bewertung der Produktqualität im Vordergrund steht, sondern die Abläufe im produzierenden Unternehmen, wird von Systemzertifizierung gesprochen. Mit der Qualitätsmanagement-Zertifizierung nach ISO 9001:2000, der Umweltmanagement-Zertifizierung nach ISO 14000 und der Zertifizierung von Arbeitsschutz-Management-Zertifizierungen nach OHSAS 18001 sind drei wichtige Möglichkeiten der Systemzertifizierung. Die QM-Zertifizierung ist in dieser Auflistung sicherlich die Bekannteste, auch wenn in den letzten Jahren nach Beobachtungen von Iris Maaß der Trend zu integrierten Systemen geht, d.h. dass Firmen sich in mehreren Bereichen zertifizieren lassen.
Die Zertifizierungsrichtlinien sind im Übrigen nicht starr. Alle sechs Jahre werden die Anforderungen überarbeitet - bei der ISO 9001:2000, wie der Name schon sagt, zuletzt im Jahr 2000. Bei der letzten QM-Überarbeitung gab es zahlreiche Veränderungen, erklärte die Auditorin des TÜVs. In der Vergangenheit wurden in erster Linie die einzelnen Elemente eines Unternehmens bewertet, im Jahr 2000 gingen die Zertifizierer aber zu einer eher prozessorientierten Prüfung über. Die nun anstehende Novellierung der ISO 9001 wird sich allerdings nur in Details wie bei der Mitarbeiterzufriedenheit von der vorherigen Version unterscheiden, so Iris Maaß. Für die bereits zertifizierten Unternehmen machen sich diese neuen Richtlinien erst beim nächsten Audit bemerkbar, da es mehrjährige Übergangsfristen gibt.
Grundsätzlich gibt es zwei wesentliche Punkte, weswegen sich Unternehmen für eine QM-Zertifizierung entscheiden. Zum einen wird das Unternehmen auf Grund der "Überprüfung auf Herz und Nieren" zum "Profitcenter in eigener Sache", da betriebsinterne Abläufe komplett auf den Prüfstand gestellt werden. Zum anderen ist es für diejenigen, die sich als Erste einer Branche zertifizieren lassen, eine Möglichkeit, sich gegenüber den Kunden vom Wettbewerb abzuheben. Entsprechend verläuft die Zahl durchgeführter QM-Zertifizierungen in der Regel wellenförmig. Zunächst hatten sich vor allem Betriebe der Metallindustrie und größere Betriebe im Allgemeinen zertifizieren lassen, momentan bemühen sich insbesondere Unternehmen aus dem sozialen Sektor wie Pflegeheime, Gemeinschaftspraxen und Apotheken um eine Zertifizierung, berichtet Iris Maaß. Branchen der ersten Stunde gehen mittlerweile auf die nächsthöhere Ebene zum Beispiel mit den sog. Excellence-Modelle (EFQM).
Mindestens fünf Mitarbeiter
Die TÜV-Expertin beobachtet in letzter Zeit, dass sich zunehmend auch kleinere Unternehmen zertifizieren lassen. Für die Auditorin lohnt sich eine Zertifizierung vor allem bei Betriebsgrößen ab fünf bis zehn Mitarbeiter und wachsenden Unternehmen. Gleichwohl haben sich auch schon Betriebe mit nur fünf Mitarbeitern zertifizieren lassen, allerdings dann vor dem Hintergrund, dass die Firmenleitung einen massiven Ausbau der Geschäftstätigkeit plant und gleich von Anfang an auf entsprechende Vorgaben setzen möchte. Handwerksunternehmen sind nach Ansicht von Iris Maaß eher selten QM-zertifiziert, so dass sie in Unternehmen ab einer bestimmten Größe ein Potenzial für Zertifizierungen sieht.
Doch die grundlegende Frage ist wie immer: Welchen Nutzen hat das Unternehmen und welche Kosten entstehen? Für Firmen mit bis zu zehn Mitarbeitern fallen beim TÜV Nord beispielsweise Kosten in der Bandbreite von 3.000 bis 6.000 Euro an. Hinzu kommen die internen Kosten durch den mit der QM-Zertifizierung verbundenen eigenen Aufwand. So rät der TÜV Nord Cert, im Unternehmen einen Mitarbeiter als Verantwortlichen für das Qualitätsmanagement einzusetzen. Dieser Mitarbeiter sollte an einer Schulung zum Qualitätsmanagement-Berater (QMB) teilnehmen, der Aufwand von ca. acht Werktagen würde sich lohnen. Außerdem holen sich die meisten Unternehmen für die Erstzertifizierung einen Berater ins Haus, dessen Tagessätze sich durchaus zwischen 600 bis 1.000 EUR bewegen können.
Überprüfung nach drei Jahren
Der Zeitaufwand, den ein Unternehmen für die Qualitätsmanagement-Zertifizierung benötigt, ist stark von der Unternehmensgröße, aber auch von dem aktuellen Stand eigener Vorarbeiten abhängig. Die Vorgehensweise ist z.B.:
1. Dokumentation des Ist-Zustandes (Welche Formulare und Unterlagen gibt es? Welche Prozesse laufen bisher auf welche Art?)
2. Bewertung des Ist-Zustandes (Sind die derzeitigen Abläufe sinnvoll? Oder werden sie nur gemacht, weil sie schon immer so gemacht wurden?)
3. Entwicklung eines Soll-Konzeptes (Was wäre der optimale Ablauf und welche Dokumente und Formulare werden hierfür gebraucht?)
4. Dokumentation der optimalen Prozesse in einem Handbuch
5. Generalprobe (Durchführung eines internen Audits)
Nach dieser intensiven Vorbereitung kommt der Zertifizierer ins Unternehmen, erstellt einen Audit-Bericht und dann fällt die Entscheidung über die Zertifikatsvergabe. Nach 12 bzw. 24 Monaten erfolgt dann jeweils ein Überwachungsaudit, dessen Umfang gegenüber der Erstzertifizierung reduziert ist. Nach 36 Monaten ist die bisherige Zertifizierung zu erneuern, in einem Rezertifizierungsaudit, das im Umfang in etwa der Erstzertifizierung entspricht.
Schriftliche Aufzeichnungen
Eine der grundlegenden Forderungen der Zertifizierung nach ISO 9001 ist die Erstellung von schriftlichen Aufzeichnungen. Nach Ansicht von Iris Maaß würden zwar viele Unternehmen über ausreichend Daten verfügen, das Problem liege aber in der Zusammenführung dieser Informationen. Oftmals bleiben bestimmte Daten bei einzelnen Personen hängen und sind im Unternehmen nicht allgemein verfügbar: Deswegen fordere man schriftliche Zusammenfassungen:
- Beschreibung der Unternehmenspolitik/-ziele
- QMS-Handbuch (Zusammenfassung der Vorgehensweise im Unternehmen)
- Sechs dokumentierte Abläufe: 1. Lenkung der Dokumente (Formulare), 2. Lenkung der Aufzeichnungen (Nachweis), 3. Interne Audits, 4. Lenkung von Fehlern (Reklamationen), 5. Korrekturmaßnahmen, 6. Vorbeugemaßnahmen
- Weitere für betriebliche Abläufe erforderliche Dokumente, also Dokumente, die das Unternehmen selbst für wichtig hält.
- Weitere in der Norm geforderte Aufzeichnungen (insgesamt 21 Punkte)
Neben der weltweit anerkannten Systemzertifizierung nach ISO 9001 gibt es noch andere internationale Qualitätsmanagement-Systemem. Sie kommen teils auch in Deutschland zum Einsatz, haben ihren Ursprung aber in anderen Ländern.
aus
Parkett Magazin 02/05
(Normen)