Entwicklung von Unterlagen zur Schalldämmung

Raumschall und Trittschall - ein verwirrender Argumentationskrieg

Maßnahmen zur Schallreduzierung sind in der Parkett- und Laminatbodenbranche nach wie vor in aller Munde. Doch häufig genug werden Begriffe wie Trittschall, Gehschall und Raumschall munter miteinander vermischt, die genaue Abgrenzung beachten nur die wenigsten. Hinweise zur korrekten Zuordnung gibt es im nachfolgenden Beitrag. Gerhard Wicklein, Geschäftsführer einer der führenden Hersteller von Dämmunterlagen für Parkett und Laminatböden, erklärt die Entwicklung von Schalldämmunterlagen und Burkhard Plinke vom Fraunhofer Wilhelm-Klauditz-Institut für Holzforschung hilft bei den theoretischen Fragen.

Wenig Gedanken über den optimalen Untergrund und einen entsprechenden Schallschutz machte man sich als Anfang der 80er Jahre, als Perstorp Flooring/Pergo den ersten schwimmend zu verlegenden Laminatfußboden auf den Markt brachte. Oft diente der vorhandene alte Teppich auch gleich als Unterlage.

Es dauerte laut Wicklein einige Jahre, ehe mit ,Alveolit die erste "durchdachte" Laminat- und Parkettunterlage auf den Markt kam - ein physikalisch vernetzter Polyethylen-Schaumstoff (PE) zur Verlegung als Rollenware.

Danach folgten auch andere Hersteller mit speziellen Unterlagen, die in der Regel aus unvernetzten PE-Schaumstoffen bestanden. Diese Schaumstoffe hätten mit ihren alles andere als guten Raumschalleigenschaften den Ruf des "Klack-klack-Bodens" mit begründet, meint Wicklein.

In den Neunzigern folgte die zweite Generation der schwimmend zu verlegenden Laminatböden mit noch gravierenderen Raumschalldefiziten.

Gleichzeitig begann ein Argumentationskrieg der Schalldämmeigenschaften, der nach Ansicht des Ewifoam-Geschäftsführers völlig an den Erwartungen des Käufers vorbeiging. Wenn den Kunden Schalldämmeigenschaften ernsthaft interessiert hätten, dann sicherlich eine Raumschallminderung, um aus dem hohlen "Klack-klack" eventuell ein sattes, massivholztönendes "Tock-tock" werden zu lassen. Statt dessen wurden generell verbesserte Trittschallqualitäten verkauft, ohne zu wissen - Kunde wie Verkäufer -, dass damals die besten Trittschalldämmungen die schlechtesten Raumschall-eigenschaften aufwiesen.

Raumschall ist bei allen Bauten interessant

Verminderter Raumschall ist eine wichtige, aber reine Komforteigenschaft. Das Problem der Trittschallübertragung gilt bei Neubauten in Deutschland durch den Einbau von schwimmenden Estrichen - also unabhängig von der Oberbodenwahl - als gelöst. Lediglich bei schallschutznormfreien Einfamilienhäusern und natürlich bei Altbauten, kann ein verbesserter Trittschallschutz durchaus erforderlich sein, erklärt Wicklein. Der Raumschall ist aber in allen Häusern ein interessantes Thema.

Doch weswegen hat man sich in Verbindung mit der schwimmenden Verlegung so sehr auf den Trittschall versteift?

Trittschall ist als "Schalldruck" messbar, der Raumschall in seiner "Lautheit" blieb dagegen eine subjektive Wahrnehmung.

Beim eigentlich wichtigeren Raumschall konnte sich die Fußbodenindustrie lange nicht auf eine genormte Messmethode einigen, weshalb sie nach Ansicht von Wicklein den Raumschall, eine der Kerneigenschaften einer Unterlage für Parkett- und Laminatböden, nicht mehr thematisierte.

Vor kurzem hat der Verband der europäischen Laminatbodenhersteller (EPLF) eine Raumschall-Prüfnorm verabschiedet, die von der Arbeitsgruppe Technik mit verschiedenen Prüfinstituten und Herstellern entwickelt wurde. Hier wurde in einem ersten Schritt die Lautheit nach Zwicker als beschreibende Größe des Raumschalls festgelegt.

Die Lautheit ist ein Einzahlwert und linear skaliert, d.h. ein Laminatboden mit einer Lautheit von 55 Sone wird als 10 % lauter empfunden als ein Boden mit 50 Sone-Lautheit. Trotzdem: Die Klangqualität, d.h. ob ein Laminatboden hohl, tief oder hell klingt, kann mit der Lautheit allein nicht beschrieben werden, so dass die Arbeitsgruppe Technik des EPLF noch an dieser Thematik weiterarbeiten werde, meint Wicklein.

Problematisch sei bei der einseitigen Fokussierung auf den Trittschall, dass seine Optimierung in gewissen Grenzen zu Lasten des Raumschalls gehe und umgekehrt.

Deswegen ist es nach Ansicht von Ewifoam wichtig, dass früh differenziert wird, ob der Auftraggeber wert legt auf eine verbesserte Trittschalldämmung oder eher auf eine optimale Raumschalldämmung.

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Trittschallprüfung:

Für den Trittschall maßgeblich ist die DIN 4109, die ganz allgemein die notwendige Luft- und Trittschalldämmung in Hochbauten regelt. Festgelegt ist hier der maximale Geräuschpegel, der nach unten (Trittschallschutz) und in die Nachbarräume (Luftschallschutz) abgegeben werden darf.

Die Geräuschentwicklung im eigenen Raum (Raumschallschutz) ist nicht Gegenstand der Norm.

Die Laborprüfung der Schallminderung erfolgt üblicherweise entsprechend den Vorgaben der DIN EN ISO 140-8. Der Trittschall wird maßgeblich vom Deckenaufbau beeinflusst. Die Norm sieht einen bewerteten Norm-Trittschallpegel (Ln,w) von < 54 dB zwischen Wohnungstrenndecken und < 47 dB bei erhöhtem Schallschutz vor. Je kleiner der Wert, desto besser also der Schallschutz.

Ein weiteres Normmaß ist das Trittschallverbesserungsmaß (∆Lw), das die Trittschallminderung im Vergleich zu einer Decke ohne zusätzliche Dämmung misst.

Diese gesetzlich zulässigen Trittschallwerte sind allerdings kein wirkliches Maß für die Bewertung eines Parkett-, Laminat- oder Korkbodens. Hier werden üblicherweise deutlich kleinere Werte erreicht. Der EPLF spricht von typischen Werten für das Trittschallverbesserungsmaß (∆Lw) zwischen 16 und 24 dB - je größer der Wert, desto besser.

Raumschallprüfung:

Der Verband der europäischen Laminatfußbodenhersteller (EPLF) hat kürzlich seine neue Raumschallprüfmethode (EPLF 021029-3) vorgestellt. Auf deren Anwendung einigten sich die im EPLF organisierten Unternehmen, die weltweit immerhin über einen Marktanteil von mehr als 60 % verfügen.

Untergliedert werden die Laminatfußböden zukünftig in Raumschallklassen, berichtet Burkhard Plinke vom Fraunhofer Wilhelm-Klauditz-Institut für Holzforschung, der an der Entwicklung der Methode beteiligt war. Dabei simuliert das für die Trittschallprüfung übliche genormte Hammerwerk, das zusätzlich beschwert und gedämmt wird, eine gehende Person. Der erzeugte Luftschall wird gemessen, als Beurteilungsgröße dient die psycho-akustische Lautheit. Um eine Aussage über die Verbesserung der Schalldämmung machen zu können, wird der zu prüfende Boden mit einem Standard-Referenzboden (7 mm DPL-Platte mit 3 mm PE-Schaumstoffunterlage) verglichen, der bei den prüfungsberechtigten Instituten vorliegt. Nach mehreren Messungen aus verschiedenen Richtungen und Ermittlung der mittleren Lautheit wird der Prüfboden einer Lautheitsklasse zu geordnet. Welche Klasse erreicht wird, hängt in erster Linie von dem Entwicklungsstand bei den Produzenten ab, hat Burkhard Plinke beobachtet. Diejenigen, die bereits Entwicklungsarbeit in die Geräuschminimierung ihrer Laminatböden gesteckt haben, erreichen in der Regel die Raumschallklasse SL20. Die nächst höhere Klasse SL30, d.h. eine Verbesserung gegenüber dem Referenzboden von 25-34 %, wurde bisher eher selten vergeben.

Bis dato gab es in Europa sehr viele unterschiedliche Prüfmethoden, die aber auch teilweise über die Landesgrenzen hinaus angewendet wurden. In Frankreich beispielsweise gibt es für Fußbodenbeläge (nicht nur Laminatböden) auch die Norm NF S31-074. Die Messungen erfolgen hier auf Basis des Schalldrucks. Das bedeutet, dass Raumschallwerte nach NF S31-074 in dB gemessen werden und sich auch auf Grund des unterschiedlichen Verfahrens bei der Frequenzbewertung nicht in von dB in Sone umrechnen lassen. Ein Vergleich zwischen den verschiedenen Messergebnissen ist auch deswegen nicht möglich, da sich die Prüfmethoden in ihrem Aufbau unterscheiden (andere Messgeometrie, anderer Fußboden, andere räumliche Bedingungen).
aus Parkett Magazin 02/05 (Bodenbeläge)