Schadensfälle aus der Praxis

Messung der Lackschichtdicke sorgt für Klarheit

Wenn ein Parkett Abnutzungserscheinungen zeigt, schieben Beteiligte sich die Schuld oft gegenseitig in die Schuhe. Der Parkettleger vermutet unsachgemäße Pflege oder Kratzspuren eines Haustieres, der Wohnungsinhaber glaubt, der Handwerker sei zu sparsam mit seinen Materialien umgegangen. Einen solchen Fall beschreibt der Sachverständige Andreas Rümmler aus Leipzig.

Im September 2004 wurde der Sachverständige zu einem Wohnhaus in Leipzig gerufen. Hier lagen Mieter seit geraumer Zeit im Streit mit dem Eigentümer. Auslöser war der Fußboden. Die Mieter bemängelten, das Parkett habe schon bald nach der Verlegung erhebliche Abnutzungserscheinungen aufgewiesen. Der Wohnungseigentümer beauftragte daraufhin einen Sachverständigen für Schäden an Gebäuden, der nach seiner Untersuchung behauptete, die Erscheinungen am Parkett seien durch ungenügende Pflege oder durch ein Haustier hervorgerufen worden.

Um Klarheit zu schaffen, beauftragte die Wohnungsverwaltung einen Parkettfachmann mit einem weiteren Gutachten. Andreas Rümmler besichtigte drei Wohnungen. Er stellte fest, dass es in der Tat erhebliche optische Beeinträchtigungen in Form von Abnutzungserscheinungen gab. Da die Mieter erst zwei bis drei Jahre in den Wohnungen wohnten, erschien dies zunächst unverständlich.

In Anbetracht der Sachlage empfahl der Sachverständige eine zerstörungsfreie Lackschichtdickenbestimmung. So könnten mögliche Schwachpunkte in der Versiegelung sichtbar gemacht werden. Der Auftraggeber stimmte zu.

Fünf Prüfstellen ergaben dünne Lackschicht

Die Versiegelung war mit einem 1K - Wassersiegel ausgeführt worden, das laut Technischem Ratgeber der CTA ein spezifisches Gewicht von 1,0 g/cm3 und einen Festkörpergehalt von 30-35 % aufwies.

Bei der Messung unter dem Teppichbelag vor der Sitzgruppe wurde eine Schichtdicke von 60 m festgestellt. Das entspreche zwei Lackaufträgen. Bei einer weiteren Messung unter einem Teppich lag die Lackschichtdicke bei ca. 46 m. Im Bereich der Küchenzeile unter einem Teppichläufer wurde eine Lackschichtdicke von ca. 41 m festgestellt. Die Auswertung von insgesamt fünf Prüfstellen in der Wohnung ergab einen durchschnittlichen Lackauftrag von 58,1 m Schichtdicke.

Aus den Daten des zum Einsatz gebrachten 1K - Wassersiegels ergab sich, dass bei dem erforderlichen Lackauftrag von 300 g/qm eine messbare Schichtdicke von ca. 90 m hätte entstehen müssen (0,30 % x 300 g/qm = 90 g/qm, entspricht einer Schichtdicke von 90 m). Das war aber nicht der Fall.

Selbst unter Zugrundelegung eines Abzugs von ca. 5 bis 10 %, der bei einer handwerklichen Versiegelung als realistisch anzusehen ist, sollte der Oberflächenschutz eines 1K - Wassersiegels gemäß den Empfehlungen der CTA immer noch mindestens 80 bis 85 m Lackschichtdicke erreichen.

Hier war also nicht eine falsche Nutzung, falsche Pflege bzw. die Haltung eines Haustiers für die Beschädigungen verantwortlich, sondern ein viel zu geringer Versiegelungsauftrag.

Teure Nacharbeiten

Die "sparsame" Oberflächenbehandlung des Parketts hatte ein teures Nachspiel. In dem Objekt waren sechs Wohneinheiten mit 560 qm Parkett betroffen. Nur durch komplettes Abschleifen und Neuversiegeln war eine Sanierung der Fläche möglich. Zudem musste ein geeignetes Lacksystem gewählt werden.

"Wer billig baut, baut zweimal", schrieb der Sachverständige Andreas Rümmler den Verantwortlichen ins Stammbuch. "Nur korrekte Handwerksleistung zahlt sich aus."
aus Parkett Magazin 02/05 (Bodenbeläge)