"Befriedung" auf der Baustelle
Hilfe bei außer Kontrolle geratenen Planungsabläufen
Es gibt Architekturbüros, die sich auf eine offenkundige Marktlücke spezialisiert haben: Sie bieten vermittelnde Tätigkeit an, wenn Baubeteiligte heillos zerstritten sind und "nichts mehr läuft".
Ein Beispiel: Großbaustelle irgendwo in Deutschland; Termindruck und finstere Mienen; nichts geht mehr, weil die Projektbeteiligten zerstritten sind. Es ist der übliche Streit: Auf der einen Seite der Auftraggeber, der vertraglich nicht vereinbarte Leistungen abfordert und wegen angeblicher Baumängel mit Einbehalten droht, auf der anderen Seite die Planungs- und Bauauftragnehmer, die Leistungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht erbringen wollen oder können. Die Folgen: Geplante Abläufe, die Ordnung der Baustelle und damit auch der Kostenrahmen sind durch Streit, Unvermögen, Leistungsverweigerung und Insolvenz gefährdet. Eine Stilllegung der Baustelle droht.
In einer solchen Situation ist fachkundige Konfliktlösung, englisch "Troubleshooting", gefragt. Einzelne Architekturbüros haben sich mittlerweile auf die Rolle einer "Feuerwehr" für außer Kontrolle geratene Bau- und Planungsabläufe spezialisiert. Anders als Projektsteuerer und Baurechtsanwälte, die in Krisensituationen mit Vertragsstrafen, Ersatzvornahmen und Schadensersatzforderungen auf den Plan treten, setzen "Troubleshooter" auf Lösungen, die das Projekt wieder auf die Erfolgsbahn bringen.
Ein formales Durchsetzen von Ansprüchen bringt laut Uwe Morell, Mitinhaber einer auf "Troubleshooting" spezialisierten Planungsgruppe in Berlin, naturgemäß keine Verbesserung, sondern verschlimmert die Baustellensituation nur. "Geld verdienen können alle Projektbeteiligten auf einer gestörten Baustelle nur, wenn sie sich auf ihre gemeinsame Aufgabe besinnen, nämlich die Baustelle schnell und mit möglich geringem Schaden abzuschließen." Vor diesem Hintergrund macht es keinen Sinn, einem angeschlagenen Ausführungsbetrieb gegenüber eine Drohkulisse aufzubauen.
Letztlich entscheidet die Motivation der Projektbeteiligten darüber, inwieweit eine gestörte Baustelle noch zu retten ist. Wichtig ist, dass der "Troubleshooter" nach einer umfassenden Situationsanalyse mit allen Beteiligten gemeinsam neue, noch erreichbare Ziele vereinbart und dadurch wieder Motivation schafft - etwa durch personelle Veränderungen in der Projektleitung.
Die Arbeitsmethoden unkonventioneller Troubleshooter wie der "Drei Plus" Planungsgruppe können auch so aussehen: "Wir haben mal eine Baustelle übernommen, wo wir - nach vorheriger Situationsanalyse - mit allen Beteiligten erst einmal einen langen "geselligen" Abend verbrachten. Dadurch ist es uns gelungen, alle Mitwirkenden wieder miteinander ins Gespräch zu bringen. "
Im Endeffekt sorgen "Troubleshooter" nicht nur dafür, dass schwierige Bauvorhaben doch zu Ende geführt werden, sondern sichern oftmals auch Einkommen und Existenz der am Bau Beteiligten. Ein Beispiel für das Funktionieren dieser Methode war das Bauvorhaben Sparkasse Halle:
Daten:
- Bauvorhaben: Neubau der Sparkassenfiliale "Am Landrain" in Halle
- Bausumme: ca. 5,5 Mio. EUR
- Bauherr: Sparkasse Halle, vertreten durch DAL Bautec GmbH
- Generalunternehmer: Wayss & Freytag SF-BAU, Niederlassung Leipzig
Die Situation, als die "Drei Plus" Planungsgruppe zum Einsatz kam:
Bautenfertigstellung zu 90 % jedoch:
- außer Kontrolle geratene Kosten und Termine
- bis dahin nicht dokumentierte Qualitätsmängel in der Ausführung der Nachunternehmer
- bis dahin nicht gelegte bzw. nicht verhandelte Nachträge gegenüber der Bauherrschaft
Das Leistungsbild der Planungsgruppe:
- Bestandsaufnahmer auf der Baustelle und im Baubüro
- Aktualisieren der Ergebnisprognose für den Generalunternehmer
- Installation einer Mangelverwaltung für Qualitätsmängel der Nachunternehmer
- Installation eines Nachtragsmanagements gegenüber der Bauherrschaft
- Installation eines Nachtragsmanagements gegenüber den Nachunternehmern
- Projekt- und Bauleitung zur Restfertigstellung des Gebäudes
- Schlussverhandlungen mit Bauherrschaft und Nachunternehmern
Der Nutzen aus dem "Troubleshooting":
- Respektable Einigung zu Restleitungen und Mängeln mit der Bauherrschaft
- Ergebnisverbesserung um 275.000 Euro durch Verhandlungen mit Arbeitsgemeinschaft und Nachunternehmern
- Wiederherstellen eines einvernehmlichen Verhältnisses zwischen Bauherrschaft und Generalunternehmer.
aus
Parkett Magazin 02/03
(Handwerk)