Thermoholz
Maßstabilität und Farbe vs. Festigkeitsverlust und Geruch
Die Parkettbranche hat augenscheinlich ein neues Thema gefunden: Thermoholz. In den letzten Monaten ging es gleich auf mehreren Veranstaltung um Holzfußböden aus thermisch modifiziertem Holz. Der Vorteil der Holzvergütung liegt für die Parketthersteller in einer deutlich verbesserten Dimensionsstabilität und der aktuell angesagten dunklen Farbe. So lassen sich neue Einsatzbereiche wie Badezimmer-Dielen und Terrassenböden erschließen, ohne dass auf exotische Holzarten zurückgegriffen werden muss. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Durch die thermische Modifizierung verliert das Holz an Elastizität und entwickelt einen Lagerfeuer-Geruch.
Ursprünglich wurde die thermische Holzmodifizierung für den Einsatz im Außenbereich entwickelt - Holzfassaden sind sozusagen die Paradeanwendung. Erhöhte Resistenz gegen holzzerstörende Pilze und verbesserte Formstabilität waren die maßgeblichen Vorgaben. Dass das Holz gleichzeitig durch die Behandlung einen dunklen Farbton erhält, war für diesen Anwendungsbereich eher Nebensache. Doch genau dies macht Thermoholz seit einiger Zeit auch in der Innenanwendung interessant, allem voran für Fußböden. Passend dazu stand Anfang Juni der 3. Thermoholz-Workshop des Instituts für Holztechnologie (IHD) in Dresden ganz im Zeichen von "Thermoflooring". Auch auf der VDP-Mitgliederversammlung (Referent: Dr. Rico Emmler - IHD Dresden) und auf der Holzpflaster-Tagung (Referent: Dr. Andreas Rapp - BFH Hamburg) stand das Thema Thermoholz auf der Tagesordnung.
Auch Wuchsgebiet für Farbe verantwortlich
Eines der großen Betätigungsfelder, an denen die Betreiber von Thermoholz-Anlagen intensiv arbeiten, ist die Reproduzierbarkeit der Farben und Qualitäten. Anders als zunächst vermutet, so Doris Stiksl-Mitteramskogler vom österreichischen Thermoholzproduzenten Mitteramskogler auf dem Workshop in Dresden, sind nicht nur die Holzart und die Intensität der thermischen Behandlung für die Farbe entscheidend. Das Wuchsgebiet beispielsweise nimmt ebenso Einfluss wie die Holzfeuchte oder die Stapelweise des Holzes.
Wie bei jedem neuen Produkt gibt es zumindest in einigen Bereichen noch deutlichen Klärungsbedarf. Vier grundverschiedene Herstellungsverfahren (siehe Kasten) und zig unterschiedliche Holzarten machen die Bestimmung der chemischen und mechanischen Eigenschaften nicht einfach. Während sich die Experten in der Vergangenheit insbesondere um das "richtige" Verfahren Gedanken gemacht haben, werden jetzt von allen Seiten praktische Erfahrungen und Untersuchungsergebnisse zusammengetragen. Dabei beeindrucken vor allem die sehr guten feuchtephysikalischen Eigenschaften des thermisch veränderten Holzes (TMT). Mitteramskogler berichtet beispielsweise von einem um 50-70 % verbesserten Quell- und Schwindverhalten, Dr. Andreas Rapp von einer um bis zu 40 % verbesserten Dimensionsstabilität. Je höher die Temperatur bei der Wärmebehandlung, desto besser die Ergebnisse. Durch das geringere Quell- und Schwindmaß ergeben sich interessante, neue Anwendungsfelder auch im Innenbereich. Holzböden in Feuchträumen und auf Fußbodenheizung dürften keine so großen Probleme mehr bereiten wie Parkett aus unbehandelten, einheimischen Hölzern. Ein weiteres Feld für thermisch modifizierte Hölzer ist der Bereich der Terrassendielen, Schwimmbadumrandungen und Bootsstege, wo sich auch die verbesserte Resistenz gegenüber holzzerstörenden Pilzen positiv bemerkbar macht.
Thermobehandlung vergrößert Materialfehler
In letzter Zeit kommen zunehmend auch die negativen Eigenschaften thermisch behandelten Holzes zur Sprache. An erster Stelle stehen dabei die schlechteren Festigkeitseigenschaften des Holzes. Da die thermische Behandlung, wie Dr. Rapp sich ausdrückt, "ein erster Schritt auf dem Weg zur Holzkohle ist", wird das Holz deutlich spröder. Die Biegefestigkeit reduziert sich merklich. Bei kleinen Holzproben nennt der Wissenschaftler der Bundesanstalt für Forst- und Holzwirtschaft Reduzierungen von rund 20 %. Bei größeren Balken hat sich die Bruchschlagarbeit teilweise um rund 40 % verringert. Untersuchungen von verschiedenen Instituten hätten in diesem Zusammenhang ergeben, dass "die Hitzebehandlung Materialfehler verstärkt." Um ein gutes Thermoholz herstellen zu können, muss also viel Wert auf ein gutes Ausgangsmaterial gelegt werden. Außerdem sollten die Verfahren möglichst schonend gefahren werden, um - ähnlich wie bei einer Trocknung - Innenrisse usw. zu verhindern.
Für die Parkettindustrie zählen auch Abrieb und Härte zu den Kerneigenschaften. Hinsichtlich der Brinell-Härte hatte es in der Vergangenheit Stimmen gegeben, die dem Thermoholz verbesserte Werte zuschreiben. Dem widerspricht Dr. Andreas Rapp energisch. Bis dato wurde regelmäßig eine leichte Abnahme der Brinell-Härte festgestellt. Etwas anders ist die Situation beim Abrieb. Zwar zeigt Taber-Methode, über deren Realitätsbezug immer wieder diskutiert wird, keinen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen Abrasion und Thermobehandlung. Untersuchungen mit einem alternativen Versuchsaufbau (Stahlkugeln mit Holzstückchen in einem Shaker) zeigten aber laut Rapp einen deutlich größeren Abrieb bei den thermobehandelten Holzstücken, vor allem bei Thermoholz aus Nadelhölzern. Bei hitzebehandelten Laubhölzern waren die Abriebwerte kaum verändert.
Keine Probleme bei Verklebung und Oberflächenbehandlung
Michael Illing, Leiter der Anwendungstechnik bei Forbo Erfurt, hat in zahlreichen Tests keine Schwierigkeiten beim Verkleben von Parkettstäben festgestellt. Ursprünglich habe man auf Grund der veränderten Zellstruktur und Wasseraufnahmefähigkeit mit Schwierigkeiten bei der Benetzbarkeit von wasserbasierten Klebstoffsystemen gerechnet. Aber Fehlanzeige: "Parkettklebungen sind mit herkömmlichen Klebesystemen ohne nennenswerte Veränderungen der Klebstoffrezepturen möglich." Lediglich bei Furnierverleimungen sei die geringere Absorptionsfähigkeit des Thermoholzes zu beachten. Hier sollten gut benetzende Leime eingesetzt werden. Presszeiten müssten unter Umständen verlängert, Pressdrücke reduziert werden.
Zur Oberflächenbehandlung erklärte Osmo-Forschungs- und Entwicklungsleiter Dr. Holger Engelking, dass hier keine nennenswerten Schwierigkeiten zu befürchten sind. "Die Haftung der Beschichtungsmaterialien ist auf Thermoholz vergleichbar zu der von nicht wärmebehandeltem Holz." Beim Gitterschnitttest kommt es allerdings in einigen Fällen zum Ausriss in der Holzstruktur. Außerdem sei bei festkörperreichen Beschichtungssystemen kein erhöhter Materialeinsatz nötig und hinsichtlich der Beständigkeit der Oberfläche nach DIN 68 861 und dem Trocknungsverhalten der Oberflächensysteme seien keine Probleme bekannt. Diese Aussagen stehen allerdings im Widerspruch zu den Tests, die Horst Spang, Anwendungstechniker bei Berger-Seidle, auf der Holzpflaster-Tagung in Berlin zeigte.
Geruch könnte marktentscheidend sein
Geruch und Emissionen des Thermoholzes sind angesichts der momentanen "Empfindlichkeit" der Kunden ein möglicherweise marktentscheidendes Problem. Thermisch behandeltes Holz riecht verbrannt. Um den Geruch zu minimieren, raten Experten, dass Holz ausreichend lange lüften zu lassen und gegebenenfalls von einer offenporigen Oberfläche Abstand zu nehmen. Ursache für den Brandgeruch ist Furfural, ein Stoff, der bei der Holzpyrolyse aus den Hemicellulosen entsteht. Furfural verursacht allerdings nicht nur den leicht verkohlten Geruch, sondern wird ab einer bestimmten Konzentration auch als krebserzeugend eingestuft. Bisher gibt es allerdings noch keine umfassenden Untersuchungen dazu. Beim IHD sind erste Tests gelaufen, bei denen in einem einzigen Fall - bei einer hellen Eiche - gegen die Kriterien des AgBB (Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten) verstoßen wurde. Hier besteht dringender Klärungsbedarf insbesondere angesichts der in Kürze zu erwartenden CE-Kennzeichnung für Holzfußböden.
Noch keine Norm für Thermoholz
Bis dato existiert für Thermoholz noch keine eigene Normung, erklärte Dr. Wolfram Scheiding vom IHD. Momentan werde allerdings eine Europäische Technische Spezifikation (TS) erarbeitet, die einer vorläufigen Norm gleich kommt. Unter Work-Item WI 9 175-008 "thermally modified timber" beraten derzeit die Experten über die genauen Vorgaben. Einen ersten Entwurf einer Definitition gibt es allerdings schon, mit der das Produkt von hitzebehandeltem Verpackungsholz abgegrenzt werden soll: "Thermally Modified Timber (TMT) ist in der Weise modifiziert, dass durch Behandlung mit Temperaturen über 160 C grundlegende Holzeigenschaften dauerhaft verändert sind."
Keine erhöhte Lichtbeständigkeit
Die dunkle Farbe des Thermoholzes ist nicht dauerhaft oder anders ausgedrückt: genauso wenig dauerhaft, wie die Farben anderer Hölzer auch. Untersuchungen von Osmo haben allerdings gezeigt, dass relativ einfach Abhilfe geschaffen werden kann. Dr. Holger Engelking: "Bereits ein farbloses Öl erhöht die Lichtbeständigkeit von Thermoholz gegenüber nicht oberflächenbehandeltem Thermoholz."
Gerade der Geruch und die farbliche Veränderungen des hitzebehandelten Holzes sind ein wichtiger Aspekt bei einer ordentlichen Verkaufsberatung im Handel und beim Handwerk. Wenn dem Endverbraucher die Zusammenhänge klar gemacht werden, sind Reklamationen vermeidbar. Viel Erfahrung mit Thermoholz hat beispielsweise der Weingartener Holzhändler Habisreutinger. Das Unternehmen mit 200 Mitarbeitern hat sich bereits vor einiger Zeit die Vermarktung von TMT auf die Fahnen geschrieben. Auf der Thermoholz-Tagung berichtete Reiner Schlegel stellvertretend über die Bemühungen, die eine Markteinführung eines neuen Produktes mit sich bringt. In Kundenzeitschriften, bei Hausmessen und durch Verkaufswettbewerbe hatte Habisreutinger sehr regelmäßig seine Handwerkskunden über Thermoholz informiert - und wie die Weingartener berichteten: Mit Erfolg.
aus
Parkett Magazin 03/05
(Holz)