Offener Brief zum Thema: Verbandliche Aktivitäten und Nachwuchswerbung Estrichleger
Klotzen statt kleckern
Wenn ich Ende vergangenen Jahres das Verbandsmagazin des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes "ZDB direkt" lese, muss ich doch feststellen, dass in der baugewerblichen Organisation nach wie vor umfangreiche Mittel für gesellschaftliche Events und Kongresse ausgegeben werden. Im begrenzten Umfang ist das nachvollziehbar. Aber muss beispielsweise ein europäischer Bauunternehmerkongress FIEC auf Zypern stattfinden und dann gleich durch fünf baugewerbliche Vertreter beschickt werden? Hier entsteht der Eindruck, dass für so etwas umfangreiche verbandliche finanzielle Aufwendungen gemacht werden. Warum werden diese Mittel nicht für unsere unternehmerischen originären Anliegen wie die Sicherung unseres Nachwuchses ausgegeben?
Wenn ich dann in der gleichen Ausgabe der "ZDB direkt" noch lese, dass unser ZDB-Präsident die stabilen Lehrlingszahlen auf hohem Niveau lobt - dies könnte evtl. für Maurer und Betonbauer noch zutreffen -, frage ich mich, ob ihm die Ausbildungszahlen der anderen, kleinen Bundesfachgruppen nicht geläufig sind? Zumindest die Zahlen der Estrichlegerausbildung scheinen bestenfalls auf sehr niedrigem Niveau zu stagnieren und sind eher noch weiter rückläufig. Allein im letzten Jahrzehnt verringerten sie sich um 60 % von jährlich ca. 360 auf aktuell nur noch rund 130 Auszubildende. Argumente wie "das Bauvolumen ist auch zurückgegangen" ziehen doch nur begrenzt. Unsere noch vorhandenen Altgesellen sind oder gehen bald in den Ruhestand und was ist dann?
Warum sind in den benachbarten Gewerken des Fußbodenbaus die Ausbildungszahlen nicht so dramatisch eingebrochen wie im Estrichlegerhandwerk? Im letzten Jahrzehnt war beispielsweise die Zahl der Auszubildenden im Parkettlegerhandwerk - bis zur Einführung des Berufsbilds des Bodenlegers - lediglich um 20 % rückläufig. Seitdem ist der Trend gestoppt. Hier gibt es u.a. ein bundesweites Netz von aktiven Lehrlingswarten, die sich intensiv um den Nachwuchs kümmern. Dies drückt sich letztlich auch durch positivere Lehrlingszahlen aus.
Aus meiner Sicht ist es mit einer der wichtigsten Aufgabe der baugewerblichen Organisationen, für den Nachwuchs in ihrer Branche effektiv zu werben. Dafür zahlen wir Unternehmer u.a. auch unsere Verbandsbeiträge. Der Druck von ein paar Werbeflyern reicht da wohl kaum. Auch nicht der Fingerzeig auf die Werbeaktivitäten des großen Bruders, des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Vielmehr sollten Werbeprofis schnellstens ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden, um eine effektive Nachwuchswerbung für unsere Bauberufe zu bewerkstelligen. Falls es erforderlich ist, müssten gegebenenfalls die baugewerblichen Landesverbände entsprechende Mittel durch Sonderumlagen zur Verfügung stellen.
Als der "Pillenknick" in den 80er Jahren auf die Ausbildungssituation in der Bauwirtschaft voll wirksam wurde, war es auch möglich, dass jährlich 500.000 bis 1 Mio. DM für Image- und Nachwuchskampagnen zur Verfügung standen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die sehr werbewirksamen "Wetten, dass "-Fernsehauftritte der baugewerblichen Auszubildenden in Wetten wie: Maurer-Lehrlinge mauerten gegen Prominente oder 100 Holzhäuser in fünf Minuten.
Wenn sich die Nachwuchssituation in der baugewerblichen Organisation verbessern soll, dann muss geklotzt statt gekleckert werden! Wie in den 80er Jahren muss dringend Profiagenturen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um entsprechende Werbekampagnen zu entwickeln.
Im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes gibt es meiner Kenntnis nach die ZDB-Ausschüsse "Berufsausbildung" oder "Öffentlichkeitsarbeit", des Weiteren eine große Presseabteilung. Hier sitzen gut bezahlte Fachleute, die entsprechende Vorstellungen schnellstmöglich weiter entwickeln müssen.
Leider sind im vergangenen Jahr auch zum wiederholten Mal die Estrichlegerlehrlinge beim Bundesleistungswettbewerb der besten Auszubildenden im Lande schon wieder nicht vertreten. Für mich ist das ein Armutszeugnis für unser Handwerk. Hier ist es dringend an der Zeit, nachhaltige Verbesserungen in Fragen der Nachwuchssicherung und Werbung auf den Weg bringen.
Heinz Schmitt, Estrichlegermeister-Vorsitzender des Bundesverbandes Estrich und Belag, Troisdorf-Oberlar
-Vorsitzender der Gütegemeinschaft Estrich und Belag, Troisdorf-Oberlar
-Stellvertretender Vorsitzender der Bundesfachschule Estrich und Belag, Feuchtwangen
-Stellvertretender Vorsitzender der Bundesfachgruppe Estrich und Belag im ZDB, Berlin
-Vorstandsmitglied der Fachgruppe Estrich und Belag im Landesverband Bayern, München
aus
FussbodenTechnik 02/11
(Handwerk)