ParkettMagazin-Kurzinterview
Stimmen der Industrie zum Vertriebsweg Möbelhandel
ParkettMagazin: Bisher laufen die klassischen Vertriebswege der Parkett-/Laminatindustrie in Deutschland über Holzhandel, Bodenbelagsfachhandel, Baumarkt und via Direktvertrieb an den Handwerker. Wie schaut es bei Ihnen mit dem Vertriebsweg Möbelhandel aus? Bieten Sie Ihre Produkte im Möbelhandel an - und wenn ja, in welchem Umfang und mit welchen Partnern?
Volker Kühnl (Berry-Floor):
Als verantwortlicher Verkaufsleiter für Deutschland und Österreich kann ich aus beiden Ländern berichten. Österreich ist uns bezüglich Vertriebsweg Möbelhandel um Jahre voraus. Für namhafte Möbelgiganten wie Kika oder Lutz gehören Parkett und Laminatbeläge zum erfolgreichen Stammsortiment. In Deutschland entwickelt sich dieser Absatzweg eher zögerlich, wenngleich wir (Berry-Floor) mit einer ebenfalls namhaften deutschen Möbelhauskette sehr erfreuliche Erfahrungen gemacht haben. Dieser Vertriebsweg ist in Deutschland sicher noch ausbaufähig, wobei man auch regionale Traditionen nicht außer Acht lassen sollte. Hochwertige Parkett- und Laminatböden erwartet der deutsche Konsument nach wie vor am ehesten im Holz- bzw. Bodenbelagsfachhandel.
Robert Bieger/Andreas Merz (Kährs):
Kährs konzentriert sich auf eine sehr intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Holzfachhandel. Der Holzhandel hat über viele Jahre sowohl die technische als auch die verkäuferische Kompetenz für Parkett entwickelt. Vor allem in den letzten Jahren hat der Holzhandel seine Kompetenzen ausgebaut, z. B. durch die Positionierung als Innenausbau-Profi und durch den Ausbau des Sortiments von Accessoires und Kleinmöbeln. Mit zwei zentralen Bausteinen unterstützt Kährs im Jahr 2005 seine Partner. Baustein 1: Emotionale und interieurorientierte Ausstellungen im Fachhandel und Baustein 2: Aus- und Weiterbildung im Interieurbereich mit der Möbelfachschule in Köln.
Josef Schulte-Führes (Meister/Schulte Räume):
Für die Firma Meister als klassischer Zulieferer des Holzfachhandels war der Bereich "Möbelhandel" nie ein Thema. Von Beginn an haben wir uns jedoch bei der Schwesterfirma Schulte Räume ganz klar sowohl für den Vertriebsweg Bodenbelagsfachhandel als auch für den des Möbelhandels entschieden. Auch nach der Fusionierung unserer Unternehmen im Januar 2006 werden wir mit unseren zwei Marken an dieser Strategie festhalten. Wir arbeiten in Deutschland im Bereich Möbelhandel mit unseren Partnern der österreichischen Lutz-Gruppe zusammen. Die deutschen Standorte der Gruppe werden von uns mit dem gesamten Produktportfolio, von Parkett über Laminatbeläge bis hin zu Korkboden beliefert.
Albert Waibel (Terhürne):
Wir stehen dem Vertriebsweg Möbelhandel sehr offen gegenüber. Durch unseren selektiven Terhürne-Vertrieb zum Fachhandel haben wir uns selbst Grenzen gesetzt. In den Gebieten, in denen wir nicht stark vertreten sind, würden wir gerne auch mit dem Möbelhandel zusammenarbeiten.
PM: Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Verkauf über den Möbelhandel gemacht?
Volker Kühnl (Berry-Floor):
Wir sind mit unserem Partner im Möbelhandel sehr zufrieden. Hohe Motivation, Sach- und Fachverstand aller dortigen Mitarbeiter, sowie Liefer- und Verlegeservice sind der Schlüssel des Erfolges.
Robert Bieger/Andreas Merz (Kährs):
Wir beobachten die Entwicklungen im Markt, z .B. bei Schulte Räume, und untersuchen mit unseren Partnern die Tests in den Ausstellungen des Holzhandels.
Josef Schulte-Führes (Meister/Schulte Räume):
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man Deutschland und Österreich nicht gleichsetzen kann, wenn es um den Abverkauf von Bodenbelägen im Möbelhandel geht. Aus der Historie heraus werden in Österreich schon seit jeher Bodenbeläge im Möbelhandel verkauft. Für den deutschen Möbelhandel war der Auftritt von Schulte Räume ein Novum. Heute wissen wir, dass noch viel Pionierarbeit zu leisten ist, damit Bodenbeläge auch in deutschen Möbelhäusern einen ähnlich hohen Stellenwert erlangen wie in Österreich.
Albert Waibel (Terhürne):
Da wir erst seit kurzem mit ausgewählten Möbelhäusern zusammenarbeiten, verfügen wir noch nicht über aussagekräftige Erfahrungswerte, auf die wir zurückgreifen können. Die ersten Ansätze der Zusammenarbeit sind aber sehr positiv zu bewerten.
PM: Denken Sie daran, an Ihrer bisherigen Vertriebsstrategie mit Blick auf den Möbelhandel etwas zu ändern?
Volker Kühnl (Berry-Floor):
Nein, wir kooperieren mit einem namhaften Partner und möchten diese erfolgreiche Zusammenarbeit intensivieren und fortsetzen.
Robert Bieger/Andreas Merz (Kährs):
Es gibt für Parkett vier bis fünf Vertriebskanäle, die interessante Möglichkeiten versprechen. Die Priorität liegt im Holzhandel und im Handwerk. Die beiden anderen Vertriebskanäle liegen ständig in unserem Aufmerksamkeitsbereich. Ein Einstieg in einen weiteren Vertriebskanal ist jedoch an klare Kriterien geknüpft: 1. Er darf das Kerngeschäft in den Hauptvertriebskanälen nicht beeinträchtigen; 2. Ein neuer Vertriebsweg muss die notwendigen Kompetenzen und Ressourcen mitbringen; 3. Die Sortimente müssen die Anforderungen des neuen Vertriebsweges erfüllen.
Josef Schulte-Führes (Meister/Schulte Räume):
Ja, wir gehen bereits heute deutlich selektiver bei der Auswahl unserer Partner im Möbelhandel vor. Wir engagieren uns vor allen dann bei einem Partner, wenn wir auch sicher sein können, dass dort die notwendigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Vermarktung unserer Produkte gegeben sind.
Albert Waibel (Terhürne):
Prinzipiell nicht, da wir bereits heute offen für diesen Vertriebsweg sind. Wir werden beobachten, wie sich diese Vertriebsstrategie in Zukunft für uns entwickelt.
PM: Erscheint Ihnen der Möbelhandel als ein Vertriebsweg der Zukunft? Was muss geschehen, um sich beispielsweise die Einrichtungskompetenz des Möbelhandels zu Nutze zu machen?
Volker Kühnl (Berry-Floor):
Warum nicht? Möbel und Bodenbelag passt genauso gut wie Möbel und Dekoration, Porzellan, Lampen, Kissen und Matratzen. Moderne Möbelhäuser von heute verkaufen dem Kunden ein "Gesamtkonzept zum Wohlfühlen" und da gehört der Bodenbelag sicherlich dazu.
Robert Bieger/Andreas Merz (Kährs):
Der Möbelhandel bietet aufgrund seiner hohen Einrichtungskompetenz durchaus ein erhebliches Potenzial, aber auch ein gewisses Risiko, z. B. wenn exklusive Einrichtungen mit einem exklusiven Boden im Wettbewerb stehen. Wer mit dem Möbelhandel Geschäfte machen möchte, der muss sich an der Geschäftsphilosophie, der Taktgeschwindigkeit und an der Vermarktungskompetenz der Möbelindustrie messen lassen - auch wenn der Leidensdruck im Möbelhandel höher wird.
Josef Schulte-Führes (Meister/Schulte Räume):
Aus unserer Sicht hat der Möbelhandel ein erhebliches Vertriebspotenzial. Allerdings nur dann, wenn er sich ernsthaft mit den Produkten und deren Vermarktungsmöglichkeiten auseinander setzt. Möbelhändler, die auch weiterhin nur auf Flächenverkauf setzen und ihr traditionelles Produktportfolio abverkaufen, werden das Potenzial nicht ausschöpfen können. Die Händler jedoch, die sich als Einrichtungsberater sehen und ihre Kunden umfassend betreuen, werden Hartfußböden erfolgreich verkaufen.
Albert Waibel (Terhürne):
Sicherlich ist der Möbelhandel auch für Terhürne ein Vertriebsweg mit Zukunft. Die erfolgreiche Entwicklung der Produktbereiche Fußbodenbeläge und Vertäfelung wird für viele Möbelhändler mit der heutigen Struktur eine Herausforderung sein. Unsere Feststellung ist, dass Möbelhändler im Bereich Boden, Wand und Decke nur dann erfolgreich sind, wenn sie konsequent eine Abteilung aufbauen, das notwendige Fachpersonal einstellen und schulen und Werbung betreiben - also grundsätzlich dazu bereit sind, in diesen Geschäftszweig zu investieren. Wenn diese Schritte konsequent umgesetzt werden, wird sich der Verbraucher auch daran gewöhnen, qualitativ hochwertige Boden-, Wand- und Deckenprodukte beim Möbelhandel zu kaufen.
aus
Parkett Magazin 05/05
(Bodenbeläge)