Ungarische Parkettindustrie im Umbruch
Eine traditionelle Branche sucht neue Märkte
Ungarns Parkettindustrie ist ein Patient, der an seiner sozialistischen Vergangenheit und an Rückschlägen in den Hauptmärkten laboriert. Logistische Nähe zu Österreich und Deutschland ist ein wirtschaftlicher Vorteil, doch stark gesunkener Absatz im deutschsprachigen Raum macht die Suche nach besseren Marketingstrategien und neuen Märkten notwendig. Erholung ist in Sicht. Das ParkettMagazin besuchte sechs wichtige ungarische Parkettwerke.
Bei allen Unterschieden zu Deutschland ist Ungarn ein Land, das in manchen Bereichen sehr ähnliche Probleme aufweist. Die 10-Millionen-Bevölkerung sorgt für wenig Nachwuchs, und obwohl die Arbeitslosigkeit knapp unter 6% rangiert, beklagen die Arbeitgeber die hohen Lohnnebenkosten. Dabei ist der Lohn für einen Arbeiter im europäischen Vergleich sehr wettbewerbsfähig. Rund 500 bis 600 EUR verdient ein Beschäftigter in der Parkettherstellung, das sind etwa 3 EUR pro Stunde.
Ausländisches Kapital ist gefragt
Trotzdem hat sich ausländisches Kapital zwar für ungarische Sägewerke, aber kaum für Investitionen in der Parkettherstellung interessiert. "Das würde jedoch Sinn machen", findet Attila Heincz, Direktor von BEFAG, des zweitgrößten Mehrschichtparkettherstellers in Ungarn. Bisher sind Ungarns Parketthersteller zu klein, um beispielsweise eine große Lagerhaltung für die Just-in-time-Lieferungen aller Produkte zu bieten. Dafür bieten sie ihren Kunden Flexibilität und die Erfüllung von Sonderwünschen. Gerade im Bereich des Dreischichtparketts ist die Entwicklung aber durchaus positiv. Sowohl BEFAG als auch Graboparkett und Dráva Faipari wollen ihre Kapazitäten erhöhen. Diese Unternehmen haben ihre Anlagen gerade für die Profilierung von Klickverbindungen ausgerüstet.
Weil die heimischen Kreditzinsen weit über europäischem Niveau liegen, werden in Ungarn viele private Kredite über Schweizer Franken oder Euro finanziert. Parketthersteller, vor allem staatliche Unternehmen, können diesen Vorteil nicht nutzen. Investitionen aber sind für die ungarische Parkettindustrie ein Muss. Zum einen, weil mit dem EU-Beitritt europäische Umweltnormen gültig wurden, zum anderen, weil ohne flexible und rationelle Produktion keine Konkurrenzfähigkeit erreicht wird. Noch immer entdeckt man in Ungarn Relikte sozialistischer Planwirtschaft. Die Einschnitte waren hart. Holzbetriebe, die einst 700 Beschäftigte hatten, zählen heute 70 Mitarbeiter. Fachleute sind ins Ausland gegangen. Die Betriebsgelände sind groß, doch wo sich einmal Holz in Freilagern türmte, herrscht Leere. Die ungarische Parkettindustrie ist in Nischen gerückt und sucht langsam Anschluss an den weltweiten Markt.
Heimisches Holz sichert Rohstoffversorgung
Die Ungarn können für die Rohstoffversorgung auf heimische Hölzer zugreifen, ungefähr 20% ihres 93.000 Quadratkilometer großen Staatsgebietes ist mit Wald bedeckt. 70% davon besteht aus Laubhölzern, überwiegend Eiche und der etwas weniger wertvollen, aber dennoch parketttauglichen Donaueiche, die auch Zerr-Eiche (Quercus cerris) genannt wird und über mehr Struktur, aber eine geringere Härte verfügt. Buche, Robinie und Pappel kommen hinzu. Zudem bietet das benachbarte Kroatien einen hochwertige Eichenbestand. Über Einzelheiten der ungarischen Forst- und Holzwirtschaft informiert im Übrigen der ungarische Fachverband Fagosz, auch in deutscher und englischer Sprache (www.fagosz.hu).
Vom westlichen wie östlichen Europa erhoffen sich die Ungarn einen Aufschwung in der Parkettnachfrage. "Viele Verbraucher kennen den Unterschied zwischen Laminat und Fertigparkett nicht", meint Gábor Várkonyi, Geschäftsführer von Graboparkett. Seit 5 Jahren ist sein Unternehmen Mitglied der FEP. Von dem europäischen Verband erwartet er, Holzböden bekannter zu machen. "Warum steigt der Laminatabsatz, während der Anteil von Parkett an Bodenbelägen seit Jahren konstant bleibt?" Abgrenzung sei wichtig. Der strittige Begriff "Laminatparkett" wurde in Ungarn schon verboten. Várkonyi: "Das sollte europaweit gelten."
aus
Parkett Magazin 05/05
(Bodenbeläge)